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Wie können kommunale Handlungsträger vor Hass und Hetze geschützt werden?

Übergriffe auf Mandatsträger in den Kommunen wollen Innenminister Thomas Strobl und Gemeindetagspräsident Steffen Jäger nicht tolerieren. Das haben sie nach der Sondersitzung des Kabinettsausschusses „Entschlossen gegen Hass und Hetze“ noch einmal deutlich gemacht. Hoffnung auf Besserung macht ein ganzer Strauß von Maßnahmen. Nicht zuletzt eine erweiterte Ansprechstelle beim Landeskriminalamt für Betroffene könnte Besserung bringen. Außerdem gibt es einen positiven Trend.

Für das Jahr 2022 verzeichnen die Statistiker einen leichten Rückgang der Gewalt gegen Amts- und Mandatsträger. Das ist ein gutes Zeichen. Gleichwohl muss es in Relation gesetzt werden, denn im Vorjahr hatte es einen starken Anstieg gegeben. Man muss schon aktiv nach Zeichen der Hoffnung suchen. Insgesamt ist die Situation weiterhin erschreckend. Übergriffe gegen Ehrenamtliche, seien es Rettungssanitäter, Feuerwehrleute oder eben Gemeinderäte, scheinen in den vergangenen Jahren gesellschaftlich salonfähig geworden zu sein. Das ist eine Entwicklung, die die Gesellschaft nicht akzeptieren darf. Umso wichtiger, dass der stellvertretende Ministerpräsident, Innen- und Kommunalminister Thomas Strobl die Taten und den Trend nicht nur verurteilt, sondern konkrete Maßnahmen eingeleitet hat, die dazu beitragen sollen, ihn umzukehren.

Ansprechstelle beim LKA ist rund um die Uhr erreichbar 

Da wäre zum Beispiel die Ansprechstelle beim Landeskriminalamt für betroffene Amts- und Mandatsträger, die nun noch einmal erweitert worden ist. Unter der Telefonnummer 0711-5401-3003 können Betroffene dort rund um die Uhr anrufen und schildern, was sie erlebt haben. Das Innenministerium hat Beratungs- und Präventionsangebote ausgebaut, neue Veranstaltungen ins Leben gerufen, Social-Media-Kampagnen gestartet und bestehende Vorschriften geprüft. Mit dem Forschungsprojekt "Lagebildinstrument zu Gewalterfahrungen von Beschäftigten im öffentlichen Dienst", kurz Inge, entwickelt eine Arbeitsgruppe derzeit ein digitales Tool, das Gewaltvorfälle erfassen und bei deren Auswertung helfen soll. Ziel ist es, eine starke Datenbasis zu schaffen.

Taskforce arbeitet Kabinettsausschuss zu 

Darüber hinaus hat das Innenministerium eine Task Force unter Leitung des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg eingesetzt, die dem Kabinettsausschuss zuarbeitet. Die Task Force ist damit beauftragt, Bedrohungen im Bereich Hass und Hetze festzustellen und diesen entgegenzuwirken. Neben Mitgliedern aus der Landesanstalt für Kommunikation, der Landeszentrale für politische Bildung, dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, dem Institut für Bildungsanalysen sowie dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung wurde die Task Force inzwischen um Mitglieder des Demokratiezentrums und des Landesmedienzentrums ergänzt. Damit werde die „Stärkung der Medienkompetenz“ intensiviert, schreibt das Ministerium in einer Stellungnahme.

Strobl verurteilt Hass und Hetze: „Jeder Vorfall ist einer zu viel“

Strobl machte am Rande der Sondersitzung des Kabinettsausschusses am Dienstag, den 28.2., deutlich, dass er die neue Form gesellschaftlicher Verwahrlosung nicht tolerieren werde. „Bürgermeister, Kreis- und Gemeinderäte, ja alle kommunalen Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger sind tragende Säulen unserer Demokratie. Deshalb nehmen wir es nicht tatenlos hin, wenn sie Hass, Hetze, Bedrohungen, Erpressungen, Anfeindungen oder gar Gewalt ausgesetzt sind. In Baden-Württemberg zeigen wir gemeinsam Stärke, um die Spirale von Hass und Hetze zu durchbrechen. Jeder Vorfall ist ganz klar einer zu viel“, sagte Strobl. 

Steffen Jäger: Brauchen offene Diskussion über Folgen der Rechtsetzung 

Ob diese wohlklingenden Maßnahmen gepaart mit starken Worten ausreichen werden, um eine echte Trendwende hin zu mehr Respekt und Zurückhaltung zu bewirken, ist offen. Aus Sicht von Steffen Jäger ist es damit nicht getan. „Darüber hinaus braucht es aus Sicht der Städte und Gemeinden aber auch eine offene Diskussion darüber, welche gesellschaftliche Grundhaltung durch Rechtssetzung erzeugt wird. Ist es richtig, immer weitere Kontrollinstanzen, Überprüfungspflichten und Beschwerdestellen zu schaffen? Erhöht das wirklich das Vertrauen in die staatlichen Institutionen? Oder wird dies in der alltäglichen Praxis nicht häufig eher fehlgenutzt, um getroffene Entscheidungen der öffentlichen Hand auch auf diesem Wege in Frage zu stellen“, so Jäger.

Jäger: Lösungs- und Erfüllungsebene durch kluge Rechtsetzung stärken

In einer Zeit, in der es einen so umfassenden und dringlichen Veränderungs- und Weiterentwicklungsbedarf gebe wie heute, müsse es darum gehen, diejenigen zu stärken, die Zukunft auf der örtlichen Ebene gemeinwohlorientiert konkret gestalten, so der Gemeindetagspräsident. „Es geht darum, durch kluge Rechtsetzung die Lösungs- und Erfüllungsebene darin zu stärken, dass notwendige Maßnahmen auch konsequent umgesetzt werden können.“ Trotz der Skepsis ist Jäger Strobl dankbar dafür, dass er die Problematik zum Thema des Kabinettsausschusses gemacht hat. „Damit wird ein klares Zeichen dafür gesetzt, dass solche Aggressionen und Angriffe nicht geduldet werden dürfen. Wir als Gemeindetag haben hierzu im vergangenen Jahr ein Positionspapier erarbeitet, welches wir auch dem Kabinettsausschuss zur Verfügung gestellt haben“, sagt Jäger.