Wie geht es nach Stopp des beschleunigten Verfahrens nach Paragraph 13b weiter?
Mit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts beschäftigen sich derzeit nicht nur viele Städte und Gemeinden, sondern auch das Bundesbauministerium. Die Rede ist von dem Urteil, das den Paragraf 13b Absatz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) als nicht vereinbar mit den im EU-Recht verankerten Standards zum Umweltschutz bewertet. Somit dürften keine Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs einer Stadt oder Gemeinde von weniger als 10.000 Quadratmetern im beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung überplant werden.
Bauministerium: Prüfung und (falls nötig) Handlungsempfehlungen angekündigt
Nun prüft das Bundesbauministerium die Auswirkungen des Urteils. Das Ministerium tauscht sich für die Prüfung mit den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden aus. Gemeinsam wollen sie im Anschluss das Ergebnis präsentieren und – sofern erforderlich – entsprechende Handlungsempfehlungen veröffentlichen. Mit berücksichtigt werden ausdrücklich auch bereits abgeschlossene Planverfahren nach dem beschleunigten Verfahren.
Was ermöglicht der § 13b BauGB?
Der Paragraf 13 b Absatz 1 hat es Städten und Gemeinden ermöglicht Flächen von bis zu 10.000 Quadratmetern außerhalb des Siedlungsgebiets in einem beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung für den Wohnungsbau zu überplanen. Paragraf 13 b wurde 2017 zunächst befristet bis Ende 2019 eingeführt. Seine Gültigkeit ist mit dem Baulandmobilisierungsgesetz verlängert worden. Verfahren konnten bis Ende 2022 eingeleitet und sollten bis Ende 2024 abgeschlossen werden.
Wie ist es zu dem Urteil gekommen?
Das Urteil folgt auf eine Klage der Umweltvereinigung BUND gegen ein geplantes Baugebiet von circa drei Hektar Größe am Ortsrand der Gemeinde Gaiberg im Rhein-Neckar-Kreis. Der Bebauungsplan wurde im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB ohne Umweltprüfung aufgestellt. Der BUND wandte sich im Wege der Normenkontrolle gegen den Bebauungsplan. Der Verwaltungsgerichtshof wies den Normenkontrollantrag zunächst ab. Das Bundesverwaltungsgericht hob das Urteil jedoch auf und erklärte den Bebauungsplan für unwirksam. Der Bebauungsplan sei zu Unrecht im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB erlassen worden.
Welches Problem sieht das Bundesverwaltungsgericht im beschleunigten Verfahren?
Paragraf 13 b Satz 1 BauGB sei nicht mit der von der Europäischen Kommission vorgeschriebenen Strategischen Umweltprüfung vereinbar. Diese verlangt eine Umweltprüfung für alle Pläne, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Ob dies der Fall ist, bestimmen die Mitgliedstaaten entweder durch Einzelfallprüfung, Artfestlegung oder eine Kombination von beidem. § 13b BauGB sieht eine Artfestlegung vor. Diese muss jedoch laut Europäischem Gerichtshof gewährleisten, dass erhebliche Umweltauswirkungen von vornherein ausgeschlossen sind. Eine typisierende Betrachtungsweise oder eine Pauschalierung reichen nicht aus.
Rainau legt geplantes Baugebiet auf Eis
Hunderte Kommunen in Deutschland haben Baugebiete im beschleunigten Verfahren geplant. Das Urteil kann somit weitreichende Folgen haben. Die Gemeinde Rainau im Ostalbkreis etwa hat den Bebauungsplan für das Gebiet „Im Gabelweiher“ im beschleunigten Verfahren geplant. Laut der Gemeinde wird das Verfahren nach dem Urteil nun länger dauern und teurer werden. In der letzten Sitzung des Gemeinderats sollte der Bebauungsplan eigentlich gebilligt werden. Auf Anraten des engagierten Ingenieursbüros wurde der Vorgang nun vertagt. Kann das Baugebiet nicht im beschleunigten Verfahren weitergeplant werden, müssen ein Umweltbericht erstellt und Ausgleichspunkte vorgewiesen werden.
Jäger: Wohnungsbau wird zur "Mission Impossible"
Auf die Schwierigkeiten für die Städte und Gemeinden weist auch Gemeindetagspräsident Steffen Jäger hin: „Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts führt zu einer großen Verunsicherung in den Kommunen. Diese haben im Vertrauen auf gültiges Bundesrecht und im Eindruck eines dringenden Bedarfs zur Schaffung von Wohnraum, die Beschleunigungsmöglichkeiten des § 13 b Baugesetzbuch genutzt. Sie dürfen dafür nun nicht abgestraft werden. Deshalb ist der Bundesgesetzgeber gefordert, möglichst schnell eine praktikable Lösung zu finden, um den eingetretenen Schwebezustand zu überwinden. Allein in Baden-Württemberg müssen hunderttausend neue Wohnungen geschaffen werden.
Aber die Städte und Gemeinden stehen vor einem großen Dilemma: Im Innenbereich scheitert die Wohnraumschaffung regelmäßig am strengen Immissionsschutz und an Bürgerinitiativen nach dem Sankt-Florian-Prinzip. Im Außenbereich schränken immer strenger werdende Umwelt- und Artenschutzregelungen und restriktive Flächenvorgaben die Handlungsmöglichkeiten zunehmend ein. Die Bereitstellung von Flächen für den Wohnungsbau wird damit immer mehr zur ‚mission impossible‘. Die Kommunen brauchen einen verlässlichen Rechtsrahmen, der es ihnen ermöglicht, die notwendigen Bauleitpläne belastbar aufzustellen."