Was gilt es bei WhatsApp-Sprechstunden zu beachten?
Staubige Akten, Berge von Papier und das quietschende Geräusch überladener Aktenwagen – Dieses oder ähnliche Bilder hat manch ein Bürger, wenn er an die Amtsstuben der öffentlichen Verwaltung denkt. Dabei hat die Digitalisierung längst auch in Rathäusern, Gemeindeverwaltungen und Landratsämtern Einzug gehalten. Die bis Ende 2022 fertigzustellenden elektronischen Verwaltungsportale sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Auch die anderweitige Kommunikation mit dem Bürger findet zunehmend digital statt. In einer Zeit, in der nahezu jeder Bürger multimediale Endgeräte stets einsatzbereit mit sich trägt, sind auch die Gremien der kommunalen Politik und Verwaltung auf den Einsatz dieser präferierten Medien angewiesen, wenn sie als moderne öffentliche Dienstleister wahrgenommen werden möchten. Dies nicht zuletzt in Zeiten, in denen persönliche Kontakte weitestgehend vermieden werden sollen.
WhatsApp-Sprechstunden erreichen besonders viele Bürger
Gegenwärtig dominiert der Instant-Messenger-Dienst WhatsApp mit deutschlandweit rund 60 Millionen Nutzern das digitale Kommunikationsgeschehen. Sollten daher auch kommunale Einrichtungen auf den Zug aufspringen und bürgernah mit WhatsApp kommunizieren? Und ist dies überhaupt zulässig? WhatsApp und der Muttergesellschaft Facebook eilt immerhin der Ruf als „Daten-Kraken“ voraus. Seit mit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung im Jahr 2018 der Datenschutz zunehmend in das öffentliche Bewusstsein gerückt ist, und WhatsApp seine Nutzer zur Zustimmung zu neuen Nutzungsbedingungen bis zum 15. Mai 2021 aufgefordert hat, herrscht große Verunsicherung bei vielen Nutzern, die durch ein jüngst vom Hamburgischen Landesdatenschutzbeauftragten eingeleitetes Verfahren im Zusammenhang mit den neuen Nutzungsbedingungen noch verstärkt werden.
Neue Nutzungsbedingungen für Bürgermeister unbedenklich
Doch was ist dran an den Bedenken, und sollen diese der Kommunikation zwischen Bürger und Kommune per WhatsApp entgegenstehen? Jedenfalls hinsichtlich der Änderungen der WhatsApp-Nutzungsbedingungen kann Entwarnung gegeben werden. Denn diese betreffen in allererster Linie das Verhältnis zwischen WhatsApp und dem Nutzer, nicht die Kommunikation mit Dritten. Es geht um die Erfassung von Daten wie Gerätetyp, Spracheinstellung, genutztem Netz und Zeitzone sowie um die Übermittlung an Facebook zu Analysezwecken, also um das allgemeine Nutzungsverhalten, nicht hingegen um Kommunikationsinhalte, die durch eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt sind.
Grünes Licht also für den Einsatz von WhatsApp in kommunalen Einrichtungen?
Ganz so einfach ist es leider auch nicht. Denn die eigentlichen datenschutzrechtlichen Hürden bestanden bereits vor der Neufassung der WhatsApp-Nutzungsbedingungen. Diese betreffen nicht die Kommunikationsinhalte, sondern sogenannte Meta-Daten. Diese beschreiben, vereinfacht gesagt, schlicht wer mit wem kommuniziert und in Verbindung steht. Auch diese unterliegen dem Datenschutz. Für den rechtkonformen Einsatz von WhatsApp müssen daher einige Regeln beachtet werden. Dies betrifft zunächst die auf dem Endgerät des Nutzers gespeicherten Kontaktdaten. Standardmäßig nimmt WhatsApp einen Abgleich der im Kontaktverzeichnis gespeicherten Daten mit dem eigenen Datenbestand vor, wovon auch Kontakte betroffen sind, die (noch) nicht WhatsApp nutzen. Nach den einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen ist dieser Vorgang nicht gestattet. Vermeiden lässt sich dies, indem WhatsApp die Synchronisation untersagt oder schlicht nur ein leeres Kontaktverzeichnis bereitgehalten wird. Installiert eine kommunale Einrichtung WhatsApp auf diese Weise, kann sie zwar selbst keine Chats beginnen; meist wird der Wunsch zur Nutzung dieses Mediums aber ohnehin vom Bürger ausgehen.
EuGH kippt Privacy Shield-Abkommen mit den USA
Eine deutlich größere datenschutzrechtliche Hürde hat im vergangenen Jahr der Europäische Gerichtshof errichtet. Da die bei der WhatsApp-Nutzung generierten Meta-Daten auch auf Server in den USA transferiert werden beziehungsweise die dortigen Sicherheitsbehörden Zugriff darauf haben, verlangt das Europäische Datenschutzrecht weitere Mechanismen zur Gewährleistung eines dem hiesigen Standard entsprechenden Datenschutzniveau bei denjenigen Datenverarbeitern, die dem US-Recht unterliegen. Ohne solche Mechanismen ist die Datenübertragung an diesen Anbieter unzulässig. Wie viele andere Diensteanbieter hat sich WhatsApp hierbei auf das zwischen der EU und den USA geschlossene Privacy Shield-Abkommen gestützt, das der EuGH im Juli 2020 gekippt hat. WhatsApp zieht nunmehr als Grundlage für die Datenübertragung in die USA sogenannte Standardvertragsklauseln heran. Ob dies in der konkret praktizierten Art und Weise zur Einhaltung des Datenschutzes ausreicht, ist jedoch zweifelhaft und nicht endgültig geklärt. Kommunale Einrichtungen, die WhatsApp auf diese Weise nutzen, begeben sich also zumindest in eine rechtliche Grauzone.
WhatsApp trotzdem datenschutzkonform nutzen
Stoppt der Datenschutz also doch den WhatsApp-Bürgerchat? Nicht unbedingt. Denn ein Datenschutzproblem gibt es nur, soweit Daten produziert und an WhatsApp transferiert werden. Vermieden werden kann dies etwa, wenn WhatsApp nur zum Empfang von Nachrichten eingesetzt, und auf anderem Wege geantwortet wird, etwa per E-Mail oder auch per SMS. Dann produzieren und übermittelt nur der Bürger Meta-Daten, der seinerseits den datenschutzrechtlichen Beschränkungen nicht unterliegt. Und auch diese Einschränkung lässt sich umgehen. WhatsApp stellt ausgewählten Dienstleistern inzwischen seine Schnittstelle, die Business Solution-API, zur Erweiterung der Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung, die wiederum Business-Lösungen für ihre Kunden anbieten. Wer die Dienste eines solchen Dienstleisters nutzt, kann seinen Chat-Partnern auch antworten, ohne dass Meta-Daten an WhatsApp übermittelt werden. Die Meta-Daten verbleiben dann bei dem jeweiligen Dienstleister, der idealerweise auf dem Gebiet der Europäischen Union ansässig ist und keine Server in Drittländern nutzt. Werden zusätzlich zu der Nutzung solcher Dienste passende Datenschutzvereinbarungen getroffen, ist der datenschutzkonforme Einsatz von WhatsApp möglich. Kostenlos sind derartige Dienste im Gegensatz zur WhatsApp-App allerdings nicht.
WhatsApp-Sprechstunde nicht mit dem Privathandy
Und schließlich sind auch bei der Nutzung von WhatsApp einige allgemeine Grundregeln zu beachten. So dürfen die im Bürgerchat erfassten Daten auch rechtlich innerhalb der jeweiligen kommunalen Einrichtung bleiben. Die Nutzung des Privathandys des Bürgermeisters oder eines Rats- oder Verwaltungsmitgliedes verbietet sich daher. Zudem ist zu beachten, dass aufzubewahrende, etwa ein Verwaltungsverfahren einleitende Inhalte revisionsfest gespeichert werden müssen. Da die Chatinhalte regelmäßig auf dem genutzten Endgerät selbst gespeichert werden, ist die Aufbewahrung des Chats auf dem Gerät grundsätzlich geeignet; es sollten aber auf jeden Fall Backups gefertigt werden. Umgekehrt sind nicht mehr benötigte Inhalte zu löschen. Dafür muss ein Löschkonzept erstellt werden, das auch geeignete organisatorische Maßnahmen zum Auffinden nicht mehr benötigter Inhalte in alten Chatverläufen umfasst.