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Strobl: Gigabit-Förderstopp des Bundes mutet wie „traurige Realsatire“ an

Die Bundesförderung des Breitband-Ausbaus ist insbesondere für Kommunen im Ländlichen Raum wichtig. Umso tiefer sitzt der Schock, nachdem der Bund in der vergangenen Woche den Förderstopp für das aktuelle Jahr verkündet hat. Gegenüber die:gemeinde spricht Innen- und Digitalisierungsminister Thomas Strobl von einer 180-Grad-Wende des Bundes, die mit solider, zukunftsgerichteter Politik nichts mehr zu tun habe.

Vor nicht einmal zwei Wochen vermeldete das Ministerium des Innern, für Digitalisierung und Kommunen stolz, 47 Förderbescheide an Kommunen vergeben zu haben. 76 Millionen Euro flossen wieder einmal in den Breitbandausbau. Seit 2016 hat das Land 1,69 Milliarden Euro dafür ausgegeben, den Ländlichen Raum technologisch aufzurüsten und damit die Lebensverhältnisse in urbanen und ländlichen Regionen anzugleichen. Noch mehr Mittel stellte allerdings der Bund zur Verfügung, nämlich 1,84 Milliarden Euro. Doch damit ist für den Rest des Jahres Schluss. In der vergangenen Woche verkündete der Bund überraschend, der Fördertopf für das aktuelle Jahr sei leergefegt. In vielen Kommunen sorgte das für Entsetzen. 

Brandbrief der Länder und kommunalen Spitzenverbände 

Nach ersten heftigen Reaktionen aus Bayern - ein Landrat sprach sogar von einem „Vertrauensbruch“ seitens des Bundes - legten die kommunalen Spitzenverbände und 15 Bundesländer einige Tage später dann nach. In einem Brief an das Bundeskanzleramt, das Finanzministerium sowie das Bundesministerium für Digitales und Verkehr forderten sie die Aufhebung des Antragsstopps. Außerdem solle die neue Förderung am 1. Januar 2023 unmittelbar an die bestehende Förderung anschließen. „Anders als die derzeitigen Entlastungspakete oder die Gaspreisbremse geht es nicht um konsumptive Ausgaben, sondern um nachhaltige Zukunftsgestaltung“, zitiert das Portal tagesschau.de aus dem Schreiben. „Bereits derzeit bestehen hier in Deutschland Defizite. Weitere Verzögerungen sind nicht hinnehmbar.“

Innenminister Strobl: Entscheidung mutet wie „traurige Realsatire“ an

Kopfschütteln löst die Entscheidung auch beim Ministerium des Innern, für Digitalisierung und Kommunen in Baden-Württemberg aus. Gegenüber die:gemeinde bezeichnet Innenminister Thomas Strobl den Gigabit-Stopp als „fatalen und folgenschweren Fehler“: „Der Bund macht hier eine 180-Grad-Wende – vollkommen unangekündigt und entgegen der mit den Ländern getroffenen Vereinbarungen. Er verlässt wieder einmal den gemeinsamen Weg“, so Strobl. Der Minister sieht in der Entscheidung das jüngste Beispiel einer ganzen Reihe von Fehlentscheidungen der Ampelkoalition in Berlin. Dazu gehört aus seiner Sicht auch die Entscheidung, beim Bevölkerungs- und Katastrophenschutz zu sparen (die:gemeinde-Aktuell berichtete); das Ganze mute wie „traurige Realsatire“ an: „Mit solider, zukunftsgerichteter Politik hat das leider immer weniger zu tun!“, so Strobl weiter. 

Strobl: Gigabitinfrastruktur ist „Lebensader der digitalen Gesellschaft

Weiter führt der Minister aus: „Die Gigabitinfrastruktur ist die Lebensader der digitalen Gesellschaft. Seit 2016 haben wir den Turbo für unsere Gigabit-Zukunft eingelegt, um den Ausbau des schnellen Internets voranzubringen. Diese Anstrengungen zeigen Wirkung: Mit unserer Milliardeninvestitionsoffensive haben wir uns bundesweit vom Mittelfeld ins Spitzenfeld bewegt. Seit 2016 haben wir für den Glasfaser-Ausbau insgesamt fast 3.230 Breitbandprojekte in Baden-Württemberg bewilligt, rund 1,77 Milliarden Euro investiert und durch eine intelligente Förderpolitik auch dafür gesorgt, dass noch einmal mehr als 1,88 Milliarden Euro von Berlin ins Land fließen. Diesen Weg wollen und werden wir in Baden-Württemberg nicht verlassen. Denn wir setzen alles daran, den Technologie- und Innovationsstandort zu stärken!“

Gemeindetag fordert „dauerhafte und zuverlässige Förderkulisse“

Der Gemeindetag hatte den Förderstopp bereits in der vergangenen Woche kritisiert. „Was für ein Signal sendet der Bund hier: Ein Förderstopp für den Breitbandausbau! Der Glasfaserausbau darf aber nicht am Geld scheitern. Der Bund ist hier klar in der Verantwortung auch künftig eine dauerhafte und zuverlässige Förderkulisse zu gewährleisten. Kommunen treten als Ausfallbürgen dort ein, wo der Markt versagt. Deshalb dürfen sie nicht alleine gelassen werden,“ sagte Präsident Steffen Jäger.

Digitalminister Wissing hält Förderstopp für Zeichen des Erfolgs 

Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) interpretiert den Förderstopp indes als Erfolg. Dass der Fördertopf bereits leer ist, sei ein Zeichen, dass das „Graue-Flecken-Programm“ besonders gut funktioniere, sagte Wissing in der vergangenen Woche auf der Bundespressekonferenz. Doch die Kritik an der abrupten Ankündigung kam nicht nur aus Bayern. Auch Hessens Digitalministerin Kristina Sinemus (FDP) kritisierte die mangelnde Abstimmung zwischen Bund und Ländern, die zu dieser „fatalen Situation“ geführt habe. 

Ländlicher Raum von Gigabit-Förderung abhängig

Insbesondere für Kommunen im Ländlichen Raum ist die finanzielle Unterstützung beim Glasfaserausbau durch Bund und Länder wichtig. Während Telekommunikationsunternehmen in Großstädten und Mittelzentren den Ausbau privatwirtschaftlich vorantreiben, lohnt sich der Ausbau auf dem Land für sie nicht. Um den Ländlichen Raum technologisch nicht zu isolieren, greift der Staat ein und füllt die Lücke, die die Marktwirtschaft hinterlässt. Damit trägt die Förderung dazu bei, die Lebensverhältnisse in Stadt und Land anzugleichen.