© Adobe Stock

Sondierungspapier: Das plant die "Ampel" für die Kommunen

Die Wahrscheinlichkeit einer "Ampel-Koalition" ist Ende vergangener Woche deutlich gestiegen. SPD, Grüne und FPD treten nun offiziell in Koalitionsverhandlungen ein. Bestenfalls soll noch vor Weihnachten ein Koalitionsvertrag vorliegen und eine neue Regierung gebildet werden. Doch was plant die erste Drei-Parteien-Regierung bundesdeutscher Geschichte für die Kommunen? Das am Freitag publik gewordene Sondierungspapier lässt das bereits erahnen.

Bei der Lektüre des Papiers sticht eins sofort ins Auge: Dem Staat und der Verwaltung räumen die drei Parteien eine hohe Priorität ein. Zumindest legt das die Tatsache nahe, dass das Papier mit dem Kapitel "Moderner Staat und digitaler Aufbruch" beginnt. Unter diesem ersten Punkt versammeln die möglichen Koalitionspartner gleich mehrere wesentliche Aspekte, die Verantwortliche in Städten und Gemeinden aufhorchen lassen sollten.

Ampel will "ermöglichenden, lernenden und digitalen Staat, der für die Bürger arbeitet

"Wir wollen einen grundlegenden Wandel hin zu einem ermöglichenden, lernenden und digitalen Staat, der vorausschauend für die Bürgerinnen und Bürger arbeitet. Es geht darum, das Leben einfacher zu machen. Staatliches Handeln soll schneller und effektiver werden und wirtschaftliche wie gesellschaftliche Innovationsprozesse befördern. Wir wollen eine neue Kultur der Zusammenarbeit etablieren, die auch aus der Kraft der Zivilgesellschaft heraus gespeist wird", schreiben die Parteien. Was zunächst etwas blumig klingt, wird in der nächsten Passage bereits konkreter. 

Schnellere Genehmigungsverfahren stehen im ersten Regierungsjahr auf Agenda

Um Deutschland zügig zu modernisieren seien schnelle Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren zentrale Voraussetzung, heißt es im Papier weiter. Die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, zum Beispiel für den Bau von Windkraftanlagen, ist ein hehres Anliegen kommunaler Akteure. Bekanntlich dauern diese Verfahren wegen Klagen von Bürgerinitiativen und anderen Hindernissen oft mehrere Jahre. SPD, Grüne und FDP kündigen nun an, im ersten Jahr der Regierung "alle notwendigen Entscheidungen" treffen und durchsetzen zu wollen, "um private wie staatliche Investitionen schnell, effizient und zielsicher umsetzen zu können. Unser Ziel ist es, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren", so das Sondierungspapier. 

Sondierungspapier: Kommunen sollen von Wind- und Solarenergie "angemessen profitieren"

Das Drängen auf schnellere Genehmigungsverfahren lässt sich angesichts der Klimaziele besonders gut nachvollziehen, die das Sondierungspapier preisgibt. "Für die Windkraft an Land sollen zwei Prozent der Landesflächen ausgewiesen werden. Wir wollen dafür sorgen, dass die Kommunen von Windenergieanlagen und größeren Freiflächen-Solaranlagen auf ihrem Gebiet finanziell angemessen profitieren" heißt es im zweiten Kapitel, das mit "Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft" überschrieben ist. 

Keine konkreten Angaben zur Beschleunigung der Verfahren 

Ohne schnellere Genehmigungsverfahren lassen sich diese Ziele wohl kaum realisieren. Spannend wird es dann wie so oft bei der Umsetzung. Naturgemäß steht im Sondierungspapier nichts dazu, wie die Beschleunigung der Verfahren gewährleistet werden soll - durch mehr Personal in den Aufsichts- und Genehmigungsbehörden, durch schnellere Gerichtsverfahren bei Klagen oder durch andere Maßnahmen. 

Gesetze sollen "Digitalisierungscheck" unterzogen werden

Wichtig ist der "Ampel" offenbar auch die Digitalisierung. "Die Verwaltung soll agiler und digitaler werden. Wir werden sie konsequent von der Bürgerin und dem Bürger her denken. Digitale Anwendungen werden jeweils mitgedacht und realisiert", schreiben sie. Um diese Ziele zu erreichen, wolle man künftig Gesetze einem "Digitalisierungscheck" unterziehen, die Digitalstrategie der Bundesregierung will man neu aufsetzen. 

Ampel strebt engere Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen an

Rot, Grün und Gelb kündigen zudem eine "engere, zielgenauere und verbindliche Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen" an. Was heißt das? Konkret wird das Sondierungspapier erwartungsgemäß nicht. Immerhin scheint man den Ländlichen Raum im Blick zu haben. Die Autoren des Papiers bekunden, für gute Lebensbedingungen in Stadt und Land sorgen zu wollen. "Gerade in den ländlichen Räumen gilt es, die Daseinsvorsorge zu stärken. Bürgerinnen und Bürger sollen ihren Alltag in ihrer Region gut leben können - von der Arbeit übers schnelle Internet bis hin zu guten Verkehrsanbindungen, vom Einkaufen über den Arztbesuch bis hin zum Sport". 

Dauerhafte Unterstützung der Länder und Kommunen bei Digitalisierung geplant 

Auch in Bildungsdingen setzt die "Ampel" auf die Kommunen. In Kapitel 5, "Chancen für Kinder, starke Familien und beste Bildung ein Leben lang" ist von einem "Neustart in der Familienförderung" die Rede, der möglichst unbürokratisch ablaufen soll. Kitas und (Ganztags-)Schulen will das Dreiergespann weiter fördern und "Angebote der Bildung und Teilhabe stärken." Welche genau gemeint sind, steht nicht im Papier. Außerdem bekennt sich die Ampel dazu, Länder und Kommunen dauerhaft bei der Digitalisierung des Bildungswesens unterstützen zu wollen. 

Strukturwandelbedingte Altschulden könnten für Kommunen entfallen 

Auf die Kommunen kommen im nächsten Jahrzehnt hohe Investitionen zu. Auf der Agenda stehen unter anderem der Glasfaseraufbau, Maßnahmen für den Klimaschutz, der Ausbau der Schulen, um dem gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2026 gerecht zu werden, und die vollständige Digitalisierung von Schulen und Verwaltung. Auch das haben die designierten Koalitionäre berücksichtigt und wollen deshalb Entlastung schaffen: "Angesichts des hohen Investitionsbedarfs auf kommunaler Ebene prüfen wir die Entlastung der Kommunen von strukturwandelbedingten Altschulden in gemeinsamer Verantwortung mit den Ländern", heißt es im Sondierungspapier.