Parteien und Wählervereinigungen suchen händeringend nach Kandidatinnen und Kandidaten
Verschiedene Parteien und Wählervereinigungen signalisieren Probleme bei der Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten für ihre Kommunalwahllisten. Die Gründe sind vielfältig: Die Vereinbarkeit eines kommunalpolitischen Mandats mit Beruf und Familie und der demografische Wandel sind zwei der vornehmlichen. Doch auch zunehmender Hass und Hetze gegen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger schreckt potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten ab.
SPD und Grüne bestätigen Schwierigkeiten bei der Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten
Eine Sprecherin der SPD bestätigt, dass die Suche nach ausreichend Kandidatinnen und Kandidaten eine große Herausforderung ist. Aktuell sehe es so aus, als könne die Partei fünf neue Listen im Bundesland aufstellen, verliere aber gleichzeitig zehn Listen. Und auch die Grünen sehen sich bei der Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten größeren Herausforderungen gegenüber als noch 2019.
Können die Demonstrationen mehr Menschen aktivieren?
Einige Parteien hoffen, dass die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus Menschen mobilisieren könnten, sich noch für eine Kandidatur zu entscheiden. Einen solchen Fall berichtet etwa die FDP gegenüber dem Südwestdeutschen Rundfunk: „Ein Kandidat, der uns zunächst aus Zeitgründen für eine Gemeinderatskandidatur in Sindelfingen absagte, hat uns jetzt doch für einen hinteren Platz auf der Liste als ‚Zählkandidat‘ zugesagt“. Auch die Grünen haben bereits mitgeteilt, dass sie seit dem Start der Demonstrationen gegen Rechtsextremismus mehr Parteieintritte verzeichnen können. CDU-Generalsekretärin Nina Warken möchte bei den Demonstrierenden für die kommunalpolitische Kandidatur werben: „Es ist gut, dass es die Demonstrationen gibt. Es wäre aber auch gut, wenn man mehr macht und sich für den Gemeinderat aufstellen lassen würde.“
Die Badische Zeitung berichtet über Positiv- und Negativbeispiele. So konnten in Waldkirch, Leinfelden-Echterdingen und drei Umlandgemeinden der Stadt Lahr Wählerlisten aufgestellt werden, die noch 2019 nicht zustande kamen. In Grafenhausen und Schwörstadt hatte es dagegen bei den letzten Kommunalwahlen noch mehrere Wählerlisten gegeben. In diesem Jahr wird es jeweils nur eine Einheitsliste geben, da für mehrere Listen nicht ausreichend Kandidatinnen und Kandidaten gefunden werden konnten.
Gemeindetag: Genaue Zahlen liegen (noch) nicht vor
Der Gemeindetag Baden-Württemberg kann keine absolute Zahl der Kommunen nennen, die von Herausforderungen berichten, ausreichend Kandidatinnen und Kandidaten für die Kommunalwahl im Juni zu finden. Denn: Es liegt kein vollständiger, repräsentativer Überblick über die aktuelle Lage der Listenaufstellung vor. Theoretisch kann sich mit jeder Aufstellungsversammlung der Parteien und Wählervereinigungen, die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber verändern. Es besteht noch bis zum 28. März die Möglichkeit, Wahlvorschläge einzureichen. Dann endet die Frist für deren Einreichung bei den Städten und Gemeinden als Wahlbehörde.
Wann kann eine Liste zur Kommunalwahl zugelassen werden?
Ausreichend Kandidatinnen und Kandidaten für Kommunalwahllisten liegen dann vor, wenn jeder Wahlvorschlag die Anzahl an notwendigen Bewerberinnen und Bewerber enthält. Es ist jedoch sinnvoll für jeden Wahlvorschlag so viele Bewerberinnen und Bewerber zu haben, wie es Sitze im Gemeinderat gibt. Denn bei der Listenwahl gehen ansonsten viele Stimmen verloren. Kreuzt eine Wählerin oder ein Wähler eine Liste an, entfallen alle ihr oder ihm zustehenden Stimmen auf diese Liste. Hat die Wählerliste weniger Bewerberinnen und Bewerber, als der Wählerin oder dem Wähler an Stimmen zustehen, bleiben die überzähligen Stimmen ungenutzt.
Besonderheiten: Ortschaftsräte und unechte Teilortswahl
Hinzu kommen Besonderheiten, wie dass die Städte und Gemeinden sich für eine sogenannte Ortschaftsverfassung entscheiden können. Dann sind neben den Mitgliedern des Gemeinderats zusätzlich Ortschaftsräte zu wählen. Eine weitere Besonderheit ist die Entscheidung für oder gegen die Unechte Teilortswahl, bei der in Gemeinden mit räumlich getrennten Ortsteilen die Sitze im Gemeinderat nach einem bestimmten Zahlenverhältnis mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Wohnbezirke (ein oder mehrere benachbarte Ortsteile) zu besetzen sind, bei den Verantwortlichen vor Ort. Beide Verfahren (Wahl der Ortschaftsräte und Unechte Teilortswahl) können je nach örtlicher Gegebenheit zusätzliche Herausforderung sein, da für einzelne Ortsteile, respektive Ortschaften, Kandidaten gefunden werden müssen, die für den Ortschaftsrat kandidieren bzw. als Bewerber aus den jeweiligen Wohnbezirken gelistet werden.