Landtagswahl 2021
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Landtagswahl 2021: Was würden Sie in Regierungsverantwortung tun?

12. Januar 2021
In zwei Monaten wählen die Baden-Württemberger einen neuen Landtag. Wir haben den Spitzenkandidaten der Parteien in Landtag und Bundestag drei Fragen zu ihren Plänen für die neue Legislaturperiode gestellt, falls sie in Regierungsverantwortung kommen. Besonders interessiert hat uns die Zusammenarbeit mit den Kommunen. In den drei Ausgaben vor der Landtagswahl präsentieren wir Ihnen die Antworten auf je eine Frage.

Unsere erste Frage an die Parteien: Welche generellen politischen Ziele werden Sie prioritär verfolgen, wenn Sie in Regierungsverantwortung kommen? Welche Rolle spielen bei der Umsetzung dieser Ziele die Kommunen und wie wollen Sie sicherstellen, dass die Kommunen ihre Aufgaben adäquat erfüllen können?

*Anmerkung der Redaktion: Die Antworten der Parteien sind unbearbeitet – wie eingesendet – veröffentlicht

Winfried Kretschmann, Spitzenkandidat Bündnis 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg

Winfried Kretschmann zur Landtagswahl 2021 (c)Bündnis 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg

Die kommunale Selbstverwaltung ist ein zentrales Leitbild für uns. Damit die Kommunen vor Ort aktiv gestalten können, haben wir sie als grün-geführte Landesregierung finanziell so gut ausgestattet wie kein anderes Bundesland: Die jährlichen Einnahmen unserer Städte und Gemeinden sind seit 2011 um fast die Hälfte gestiegen. Dazu zählen auch umfassende Hilfen zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Mit rund drei Milliarden Euro kompensieren wir unter anderem den Gewerbesteuerrückgang sowie die Verluste im kommunalen Finanzausgleich. Diesen Weg der verlässlichen Partnerschaft wollen wir weiterführen. Ein Fokus liegt auf dem Klimaschutz. Die Kommunen sind zentrale Akteure, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. Wir wollen in den Kommunen die Wärmewende voranbringen, etwa durch Hilfe bei der Wärmeplanung. Wir fördern neben dem Neubau auch die energetische Sanierung von kommunalen Gebäuden und haben eine Solar-Offensive für die Dächer der Gemeinden angestoßen. Wir unterstützen die Kommunen bei der Verkehrswende: durch die Vernetzung des Rad- und Fußverkehrs, durch verbesserte Carsharing-Angebote und den Ausbau des ÖPNV. Bis 2030 wollen wir die Zahl der Kilometer verdoppeln, die Fahrgäste mit dem ÖPNV zurücklegen und die rechtliche Basis dafür schaffen, dass Kommunen eine Nahverkehrsabgabe einführen können, um den ÖPNV ausbauen und günstige Tickets anbieten zu können. Wir wollen die Beteiligung vor Ort weiter stärken. Wir werden die Entbürokratisierung beim Ehrenamt vorantreiben und eine transparente, digitale Verwaltung fördern – etwa über die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, über digitale Modellkommunen oder die Landesförderung für smarte Städte und Kommunen.

Susanne Eisenmann, Spitzenkandidatin CDU Baden-Württemberg

Susanne Eisenmann zur Landtagswahl 2021

Generell möchte ich, dass die Menschen in Baden-Württemberg ein gutes Leben haben und sich bestmöglich entfalten können. Angesichts der Corona-Pandemie geht es auch in den Monaten nach der Landtagswahl im März sicherlich darum, die daraus resultierenden akuten Probleme zu lösen und die Krise zu bewältigen: eine hervorragende Gesundheitsversorgung sicherzustellen, Bildung und Betreuung zu gewährleisten, Arbeitsplätze zu erhalten und Innenstädte und Ortskerne attraktiv zu halten. Die Kommunen bilden das Herzstück unserer Gesellschaft. In den Städten und Gemeinden wohnen und leben die Menschen, dort wollen und sollen sie sich sicher und wohlfühlen. Das geht natürlich nur mit einer angemessenen finanziellen Ausstattung. Auch während der Corona-Krise sind sie ein starker, zuverlässiger Partner für das Land. Dass Bund und Land den Kommunen mehrere Milliarden Euro zur Verfügung gestellt und zum Beispiel die Gewerbesteuerausfälle ersetzt haben, ist vor allem ein Anliegen der CDU gewesen. Klar ist auch, dass Land und Kommunen weiter in Infrastruktur investieren müssen, in den Ausbau und die Sanierung von kommunalen Verkehrswegen (Straße, Schiene, Radwege) und Gebäuden wie Schulen und Sporthallen. Hier haben wir bereits einiges auf den Weg gebracht in den vergangenen Jahren, das werden wir aber verstetigen müssen. Auch das Mega-Thema, ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, werden wir nur gemeinsam lösen können. Ich setze mich hier dafür ein, Städten und Gemeinden die Ausweisung von Bauflächen zu erleichtern, die Landesbauordnung zu entrümpeln und das modulare Bauen mit Mustergenehmigungen und vereinfachten Verfahren zu beschleunigen.

Andreas Stoch, Spitzenkandidat SPD Baden-Württemberg

Andreas Stoch zur Landtagswahl 2021 (c)SPD Baden-Württemberg/Hannah Bichay

Gerade in der Corona-Krise merken wir doch, wie wichtig ein gut organisiertes Gemeinwesen ist. Bei der Zusammenarbeit der staatlichen Handlungsebenen, Bund, Ländern und Kommunen gibt es aus meiner Sicht Verbesserungsbedarf. Dies gilt zum einen für die Kommunikation und die Abstimmung zwischen diesen Ebenen, zum Beispiel wenn man die aktuelle Verordnungspraxis der Grün-Schwarzen Landesregierung betrachtet. Zum Anderen müssen die Kommunen auch in finanzieller Hinsicht besser unterstützt werden. Dies gilt für mich sowohl während als auch nach der Corona-Krise. Gerade das Beispiel der Bildungsfinanzierung zeigt doch, dass Bund und Länder die Kommunen bei so zentralen Themen wie der frühkindlichen Bildung aber auch der Ausstattung der Schulen besser unterstützen müssen. Wir müssen alle darauf achten, dass unsere Gesellschaft nicht in Gewinner und Verlierer auseinander fällt. Den Zusammenhalt der Gesellschaft  zu sichern und zu bewahren ist für mich eine der drängendsten Aufgaben der Politik. Dies schaffen wir nur wenn wir die Kommunen als starken Verbündeten haben, denn dort, in der Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort, entscheidet sich diese Frage. Wenn es zum Beispiel um bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen und um echten Klimaschutz geht, um den gleichberechtigten Zugang zu Bildung und eine längst überfällige Mobilitätswende, dann sind das die zentralen Fragen der Daseinsvorsorge und der Sicherung unserer Zukunft, die ich jetzt gemeinsam mit den Kommunen anpacken möchte.

Bernd Gögel (Vorsitzender) und Emil Sänze (stellv. Vorsitzender), AfD-Fraktion Baden-Württemberg

*Die AfD Baden-Württemberg hatte zum Zeitpunkt der Anfrage noch keinen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl

AfD-Vorsitzende zur Landtagswahl 2021

Die AfD will die Innere Sicherheit in Baden-Württemberg wieder herstellen durch eine Stärkung und bessere Ausstattung der Polizei sowie durch die Beendigung des massenhaften Asylmissbrauchs; wir wollen das Bildungsniveau unserer Schüler deutlich anheben durch den Erhalt bzw. die Wiederherstellung des mehrgliedrigen Schulsystems und die Beendigung linksgrüner Bildungsexperimente; die Automobilindustrie erhalten durch die Abschaffung unsinniger Fahrverbote und die Anpassung der Abgasnormen an die Realität; die gescheiterte Energiewende stoppen und den Wirtschaftsstandort durch massiven Abbau von Bürokratie stärken. Die Kommunen sind für die AfD der Ort der Leistungserstellung, deshalb gilt es, diese mit der Steuerkraft zu versorgen, die sie in die Lage versetzt, ihre Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zu bewältigen. Um die aufgrund des Entfallens der Grund- und Gewerbesteuer entstehenden Einnahmeausfälle bei den Gemeinden auszugleichen, wird diesen ein eigenes Hebesatzrecht bei der reformierten breit aufgestellten Einkommensteuer eingeräumt, die alle natürlichen und juristischen Personen für ihre Einkünfte zu entrichten haben. Die kommunalen Finanzen werden dadurch auf eine stabilere Grundlage gestellt und die Entscheidung über die Hebesätze wird demokratisch vor Ort legitimiert.

Hans-Ulrich Rülke, Spitzenkandidat FDP Baden-Württemberg

Hans-Ulrich Rülke zur Landtagswahl 2021 (c)FDP Baden-Württemberg

Wir wollen das Land mit liberaler Politik nach vorne bringen und treten dabei für starke Städte und Gemeinden und ein hohes Maß an kommunalpolitischer Autonomie ein. Das derzeit drängendste Thema ist die Bekämpfung der Corona-Pandemie und ihrer Folgen. Eine wichtige Grundvoraussetzung, um aus dieser Krise schnell wieder herauszukommen, sind handlungsfähige Kommunen. Durch Ausfälle bei den stark konjunkturabhängigen Gewerbesteuereinnahmen stehen viele Kommunen aktuell vor großen finanziellen Herausforderungen. Auch im Jahr 2021 werden wir daher um eine Unterstützung durch das Land voraussichtlich nicht herumkommen. Diese Ausgaben müssen aber auch finanziert werden. Deshalb brauchen wir unter anderem den Abbau bestehender Bürokratiehemmnisse sowie ein vereinfachtes Planungs- und Baurecht, damit unsere Wirtschaft schnell wieder auf die Beine kommt und nach der Krise stärker ist als vorher. Auch digitale Verwaltungsdienstleistungen, die für alle Beteiligten einen Mehrwert und eine Entlastung darstellen, können hier einen Beitrag leisten und zu einem echten Standortfaktor werden. Hierfür, wie auch für eine dringend notwendige Digitalisierungsoffensive im Bereich der Bildung, bedarf es umfangreicher Investitionen in die digitale Infrastruktur. Wir wollen, dass für alle Gebäude und Betriebe im Land flächendeckend Glasfaserverbindungen zur Verfügung stehen. Hierfür werden wir ein Glasfaser-Förderprogramm etablieren, das auch für bislang unterversorgte Gebiete schnelle Abhilfe schafft.

Sahra Mirow, Spitzenkandidatin DIE LINKE Baden-Württemberg

Sahra Mirow zur Landtagswahl 2021 (c)DIE LINKE Baden-Württemberg

Wir wollen als DIE LINKE im Landtag Druck für ein sozial gerechtes und ökologisches Baden-Württemberg machen. Unsere wichtigsten politischen Ziele sind inklusive, gebührenfreie Bildung ab der Kita, Schulsanierungen, Stärkung von Pflege und Gesundheit, mehr sozialer Wohnungsbau, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und ein klimaneutrales Baden-Württemberg bis 2035. Dreiviertel der öffentlichen Investitionen werden von den Kommunen getätigt. Daher spielen sie bei der Umsetzung unserer Ziele eine entscheidende Rolle. Aktuell leiden die Finanzen der Kommunen besonders unter der Coronakrise. Oft sind es die freiwilligen Leistungen, etwa Hilfs- und Beratungsangebote für Frauen mit Gewalterfahrungen, die bei der klammen Haushaltssituation zur Disposition stehen. Damit die Kommunen ihren Aufgaben weiter nachgehen und die Angebote ausbauen können, fordern wir beim kommunalen Finanzausgleich eine bessere Verteilung zugunsten der Kommunen. Das Land muss sich hier deutlich zurückhaltender zeigen. Als zweites braucht es eine Stärkung des Konnexitätsprinzips. Es kann nicht sein, dass das Land immer mehr Aufgaben an die Kommunen delegiert,diese aber nicht finanziert. Wer bestellt, muss auch bezahlen!  Zudem wollen wir die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer ausbauen. Alle Betriebe und Selbständige sollen demnach gemäß ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einen Beitrag zur Finanzierung der kommunalen Infrastruktur leisten. Das führt zur einer Verstetigung der Steuereinnahmen und zu mehr Planbarkeit für die Kommunen.