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Landtag liberalisiert Kommunalwahlrecht

Der Landtag hat das Kommunalwahlrecht geändert. Unter anderem sinkt das passive Wahlrecht auf 16 Jahre. Bürgermeister kann man künftig bereits mit 18 Jahren werden.

Der Landtag hat am Mittwoch die Änderung des Kommunalwahlrechts in zweiter Lesung beschlossen. Damit wird genau zwei Jahre nach der Landtagswahl ein Vorhaben umgesetzt, das im Koalitionsvertrag vereinbart wurde und das sich auf die Kommunalwahl im kommenden Jahr auswirken wird.

Bundesweites Novum beim passiven Wahlalter

Die wichtigsten Änderungen sind folgende. Wer sich in ein kommunales Gremium wählen lassen will, muss künftig nicht mehr volljährig sein, sondern nur 16 Jahre alt. Damit wird das passive an das aktive Wahlalter angeglichen, das bereits bei 16 Jahren liegt. Baden-Württemberg betritt mit dem Schritt bundesweit Neuland; bislang hat noch kein anderes Bundesland das passive Wahlrecht auf 16 Jahre abgesenkt. Auch das Mindestalter für die Wählbarkeit als Bürgermeisterin oder Bürgermeister wird abgesenkt.

Wer volljährig ist, kann Bürgermeister werden

Fortan kann schon eine 18-jährige Frau Rathauschefin werden, zuvor mussten Kandidatinnen und Kandidaten zum Zeitpunkt der Wahl 25 Jahre alt sein. Nach oben hin entfallen Altersgrenzen sogar komplett: die Höchstaltersgrenze von bislang 68 Jahren wird mit der Gesetzesnovelle obsolet, und auch die Ruhestandsaltersgrenze – bisher lag sie bei 73 Jahren – entfällt.

Wohnsitzlose dürfen wählen

Eine weitere Änderung betrifft wohnsitzlose Menschen, die sich gewöhnlich im Gebiet einer Gemeinde, eines Landkreises oder eines Verbands aufhalten. Analog zum Landtagswahlrecht haben sie das kommunale Wahl- und Stimmrecht.

Diese weiteren Änderungen stehen im Gesetz

Folgende weiteren Änderungen sind in der Gesetzesnovelle enthalten:

  • Beim zweiten Wahlgang von Bürgermeisterwahlen wird die Neuwahl durch eine Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den höchsten Stimmenzahlen ersetzt. Eine Rücknahme der Bewerbung nach dem ersten Wahlgang ist nicht mehr möglich.
     
  • Für ehemalige Beamte, Richter und Tarifbeschäftigte des Landes wird ein Rückübernahmeanspruch nach Ende der Amtszeit als Bürgermeister eingeführt.
     
  • Für Bewerbungen zu Bürgermeisterwahlen müssen künftig in allen Gemeinden Unterstützungsunterschriften von Wahlberechtigten eingeholt werden. Bislang waren Unterstützungsunterschriften nur für Bewerbungen in Gemeinden über 20.000 Einwohner erforderlich.
     
  • Der Begriff des „Amtsverwesers“ wird – je nach Anwendungsfall – durch die zeitgemäßeren Begriffe „bestellter Bürgermeister“ oder „Amtsverwalter“ ersetzt.

Strobl: Betreten Neuland beim Mindestalter für Wählbarkeit

Innen- und Kommunalminister Thomas Strobl sagte, der Schwerpunkt des beschlossenen Gesetzes liege auf der Liberalisierung des Wahlalters. „Damit kommen wir unserem Ziel, junge Menschen stärker und früher an demokratischen Prozessen zu beteiligen, ein großes Stück näher. Über den Weg kann man sicherlich, wie so oft, politisch streiten. Denn das perfekte Wahlrecht, das gibt es schlichtweg nicht. Da wir bundesweit beim Mindestalter für die Wählbarkeit in kommunale Gremien ab 16 Jahren Neuland betreten, haben wir uns mit der Frage nach der Rechtmäßigkeit ausgiebig auseinandergesetzt“, erklärte Strobl.

„Gute Argumente für Einführung der Stichwahl bei Bürgermeisterwahlen“

So habe ein juristischer Sachverständiger bei einer Anhörung im Innenausschuss betont, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen bestünden, das Mindestalter abzusenken. „Und auch für die Einführung der Stichwahl bei Bürgermeisterwahlen gibt es gute Argumente: Insbesondere kann sich der in der Stichwahl gewählte Bewerber zukünftig stets auf eine absolute Mehrheit der gültigen Stimmen stützen und erhält damit eine stabile demokratische Legitimation“, sagte Strobl.

Strobl: Schaffen gute Grundlage für Kommunalwahlen

Insgesamt schaffe man eine gute Grundlage für die Kommunalwahlen im Jahr 2024 und darüber hinaus sowie für künftige Bürgermeisterwahlen, sagte Strobl. „Zudem steigern wir die Attraktivität des Bürgermeisteramts“, sagte Strobl.