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Geldautomatensprengungen: So stark sind Banken in Baden-Württemberg betroffen

Geldautomatensprengungen haben den klassischen Banküberfall abgelöst. Gefährlich sind die Straftaten aber nicht nur für die Anwohner in der Nähe der Banken, sondern für die Versorgungssicherheit mit Bargeld, insbesondere in kleinen Kommunen. Wie ernst ist die Situation in Baden-Württemberg? die:gemeinde hat sich beim Sparkassenverband erkundigt.

Eine Mitteilung des Innenministerium ließ Mitte März aufhorchen. Die Rede darin war von einer großangelegten Fahndungs- und Kontrollaktion der Polizeien aus Hessen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Schleswig-Holstein.  Dazu kamen Kräfte des BKA und der Bundespolizei. Ihre Mission: Ein neuartiges Kriminalitätsphänomen „wirksam und nachdrücklich“ zu bekämpfen. Die Rede ist von Geldautomatensprengungen. Statistisch wird in Deutschland mittlerweile jeden Tag ein Geldautomat gesprengt.

Sprengungen haben klassischen Banküberfall abgelöst

„Das Sprengen von Geldautomaten hat seit wenigen Jahren den ‚klassischen‘ Banküberfall nahezu abgelöst“, teilte das Innenministerium mit. Geldautomaten seien rund um die Uhr zugänglich und teilweise mit hohen Bargeldsummen bestückt. „Das macht sie vor allem in Kommunen mit Autobahnanschluss und Grenznähe zu attraktiven Angriffszielen für skrupellose Kriminelle.“

Wie stark ist Baden-Württemberg betroffen?

Die Frage liegt nahe, wie stark Baden-Württemberg betroffen ist – und wie sich die Situation auf die Kommunen auswirkt. Denn nicht zuletzt gefährden die Kriminellen auch die Versorgungssicherheit mit Bargeld. Insbesondere in kleinen Kommunen könnte das Folgen haben, nicht zuletzt, weil die Deutschen bekannt dafür sind, viel stärker als andere auf Bargeld zu setzen. Allerdings scheint der Südwesten – noch – kein Schwerpunkt für das Phänomen zu sein.

Sprengstoff birgt Risiko für Anwohnerinnen und Anwohner

„Der Schwerpunkt der Taten liegt eindeutig in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Nord-Hessen. Zugenommen hat insbesondere die Zahl der Angriffe auf Geldautomaten mit Festsprengstoff. Diese verursachen nicht nur erheblichen Sachschaden, sondern bergen vor allem auch ein hohes Risiko insbesondere für die Anwohnerinnen und Anwohner“, sagt Jürgen Schmid vom Sparkassenverband auf Anfrage gegenüber die:gemeinde. Entsprechend investierten die Sparkassen schon lange in standortindividuelle Sicherungsmaßnahmen, die nicht nur darauf abzielen, den Erfolg der Tat zu erschweren, sondern die Tat schon im Vorfeld zu verhindern. 

Sparkassen im Südwesten betreiben mehr als 2.000 Geldautomaten

Doch wie kann das gelingen? Etwa so wie in den Niederlanden oder in Frankreich? Diese Staaten haben wollen der Situation mit Klebetechnik und Einfärbesystemen Herr werden, mit denen sie das erbeutete Bargeld sofort unbrauchbar machen. Doch Jürgen Schmid winkt ab.  „Die Situation in Frankreich und den Niederlanden ist nur bedingt mit Deutschland vergleichbar, da wir hier ein deutlich dichteres Netz an Geldausgabeautomaten unterhalten – Deutschland ist in dieser Hinsicht Spitzenreiter in der Bargeld-Nutzung in Europa“, sagt er. Allein die 50 selbstständigen Sparkassen in Baden-Württemberg würden mehr als 1.800 Filialen und 2.000 Geldautomaten betreiben. „Das bedeutet einen ganz anderen Aufwand“, so Schmid.

Banken treffen Sicherheitsvorkehrungen 

Die Banken hierzulande treffen anderen Vorkehrungen. „Um auch in Zukunft eine sichere Bargeldversorgung gewährleisten zu können, haben sich die Banken und Sparkassen in Deutschland bereits im vergangenen Herbst mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), dem Bundeskriminalamt, der Deutschen Bundesbank und weiteren Institutionen in einer gemeinsamen Erklärung auf Maßnahmen zur Gefahrenabwehr verständigt. Die Sicherungskonzepte umfassen bauliche, mechanische, elektronische und organisatorische Maßnahmen“, sagt der Sprecher.

Viele Sparkassen haben an gefährdeten Standorten umgerüstet

Dazu würden flächendeckend Risikoanalysen durchgeführt, entsprechende Maßnahmen-Pakete beschlossen und sukzessive umgesetzt. „Viele Sparkassen haben ihre Geldautomaten an gefährdeten Standorten bereits umgerüstet und dafür zum Teil sehr viel Geld investiert.“ An besonders gefährdeten Standorten würde man auch analog zu Frankreich und den Niederlanden mit einer Einfärbung des Geldes arbeiten.  

25 Geldautomatensprengungen in Baden-Württemberg in 2021 

Bislang lesen sich die Zahlen für Baden-Württemberg noch wenig dramatisch. Laut Schmid verzeichneten die Sparkassen im Jahr 2021 25 Angriffe auf Geldautomaten. „2022 waren es im ersten Halbjahr mit 11 Angriffen etwas weniger als 2021. Die Zahl für das zweite Halbjahr wird gerade erhoben. Wir können deshalb nicht verlässlich sagen, ob es erneut 25 Angriffe waren oder etwas weniger oder etwas mehr. Wir gehen aber davon aus, dass die Zahl in etwa gleichgeblieben ist“, erklärt Schmid.  

„Von Gefährdung der Versorgungssicherheit weit entfernt“

Von einer Gefährdung der Versorgungssicherheit mit Bargeld sei man jedenfalls weit entfernt, sagt Jürgen Schmid. „Sollte an besonders gefährdeten Standorten kein Maßnahmen-Mix geeignet sein, das Risiko einer Sprengung ausreichend zu senken, kann zum Schutz der Anwohner zwar eine Schließung gefährdeter Standorte notwendig sein. Auch in Baden-Württemberg haben einige Sparkassen bereits einzelne Standorte geschlossen, da das Risiko einer Gefährdung von Menschen durch eine Sprengung zu groß ist. In diesen Fällen informiert die Sparkassen aber die Kunden, an welchen alternativen Standorten sich Kunden weiterhin sicher mit Bargeld versorgen können.“