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Flüchtlingsgipfel: Bund enttäuscht Hoffnungen der Kommunen

Der Flüchtlingsgipfel in Berlin hat für die Kommunen wenig Handfestes ergeben. Immerhin soll es ein digitales Dashboard geben, wie man es von der Corona-Pandemie kennt, das Daten über Geflüchtete tagesaktuell transparent aufbereitet. Außerdem will der Bund zusätzlichen Wohnraum bereitstellen, wo Wohnungen in serieller Bauweise entstehen. Eine entscheidende Frage – die nach der Verteilung finanzieller Lasten – bleibt aber weiterhin ungelöst.

Mehr als eine Million Menschen sind seit einem Jahr aus der Ukraine vor den erbarmungslosen russischen Angriffen nach Deutschland geflohen. 218.000 Menschen aus Syrien, Afghanistan, der Türkei und anderen Staaten haben im vergangenen Jahr zusätzlich Asyl beantragt. Ein Rekordwert, der die Kommunen vor gewaltige Aufgaben stellt.  Am Donnerstag hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Vertreter der Länder und der kommunalen Spitzenverbände nach Berlin geladen, um drängende Fragen zu klären – die nach der Unterbringung der Geflüchteten zum Beispiel. Die Ergebnisse fallen ernüchternd aus.

Bund will nicht mehr Geld geben als bereits zugesagt 

Die Frage, wer wofür bezahlt, wird wieder vertagt. Bereits im Vorfeld hatte Faeser Forderungen der Kommunen nach mehr Geld abgeblockt. Sie verwies auf bereits zugesagte Milliardenbeträge: 3,5 Milliarden für 2022, 2,75 Milliarden für 2023. Um Ostern herum ist ein Spitzengespräch anvisiert, an dem Bundeskanzler Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten teilnehmen sollen. Im Vorfeld dazu werden Arbeitskreise gebildet, die die wichtigsten Themen rund um die Flüchtlingskrise bearbeiten sollen. Das ist ein Novum und kann als kleiner Fortschritt gewertet werden. Dazu gehören laut Innenministerium die Themen Unterbringung, schnellere Verfahren, Integration sowie die Begrenzung irregulärer Migration.

Digitales Dashboard stellt tagesaktuelle Zahlen bereit 

Faeser kündigte außerdem an, dass der Bund eigene Liegenschaften für die Unterbringung von Geflüchteten zur Verfügung stellen werde. Die Immobilien werde man den Kommunen mietzinsfrei überlassen. Kosten für Sanierungsmaßnahmen, die anfallen, werde der Bund ebenfalls übernehmen. Faeser sagte außerdem zu, sich für eine bessere Verteilung der Geflüchteten aus der Ukraine einsetzen zu wollen. Transparenz darüber und über andere wichtige Daten soll ein digitales Dashboard gewährleisten, das sich im Aufbau befindet und das Daten zu Flucht und Migration tagesaktuell aufbereitet. Ab Ende des Monats sollen Kommunen darauf zugreifen können. Dies hatten sie bereits im Oktober gefordert.

Kommunen: Aufnahmesituation massiv angespannt

Der Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, Steffen Jäger, der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags Baden-Württemberg, Prof. Dr. Alexis von Komorowski, und das Geschäftsführende Vorstandsmitglied des Städtetags Baden-Württemberg, Ralf Broß, erklärten nach dem Gipfel: „Die Aufnahmesituation in den Stadt- und Landkreisen sowie den Städten und Gemeinden ist massiv angespannt. Die Kommunen leisten seit rund einem Jahr Großartiges. Aber wir stellen ein immer größer werdendes Dilemma zwischen der humanitären Pflicht und dem faktisch Möglichen fest. Den Städten, Gemeinden und Landkreisen in Baden-Württemberg mangelt es nicht am Willen, aber ihre Mittel sind begrenzt.“

Ergebnisse des Spitzengesprächs nicht ausreichend 

Die Kommunalen Landesverbände betonen, dass die Kapazitäten nahezu und fast überall erschöpft sind: Unterkünfte und Wohnraum sind voll, Haupt- und ehrenamtliche Kräfte am Rande ihrer Leistungskraft, Kitas und Schulen überlastet und freie Plätze in Sprach- und Integrationsangeboten kaum verfügbar. Die Kommunalvertreter weiter: „Deshalb sind die gefundenen Ergebnisse des heutigen zweiten Spitzengesprächs beim Bundesinnenministerium aus unserer Sicht nicht ausreichend. Dass der Bund nun versucht, weitere Unterkünfte bereitzustellen, ist zwar richtig, aber eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Die Kommunen machen das seit nunmehr zwölf Monaten unentwegt und mit riesigem Aufwand.“

Spitzenverbände: Arbeitsgruppen höchstens Zwischenschritt 

Auch das Ausgründen neuer Arbeitsgruppen könne bestenfalls ein Zwischenschritt sein, denn bei aufmerksamer Beobachtung der Wirklichkeit, könne es ja kein Erkenntnisdefizit mehr geben. „Deshalb wären heute klarere Ergebnisse erforderlich gewesen. Eine bessere Verteilung in Europa, mehr Konsequenz in beide Richtungen. Einerseits Bleibeberechtigte mit mehr Verbindlichkeit in den Arbeitsmarkt integrieren. Andererseits Nicht-Bleibeberechtigte zurückführen. Wenn der Bund die Verantwortung für die Asylverfahren und die gewährten Leistungen hat, die Länder und Kommunen aber die Aufnahmekapazitäten zu schaffen haben, dann passt das immer weniger zusammen.“

Mangelnde Finanzierung verschärft angespannte Stimmung 

Ernüchternd sei es, wenn der Bund sich nicht über die bereits im letzten Herbst zugesagten Mittel hinaus an den täglich wachsenden Kosten beteiligt. „Geld alleine löst zwar die Herausforderungen nicht, eine nicht auskömmliche Finanzierung der kommunalen Aufwände verschärft jedoch die ohnehin angespannte Stimmung in den Städten, Gemeinden und Landkreisen.“