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Bitkom-Umfrage: Mehrheit hält eigene Gemeinde für digital rückständig

Im Vorfeld der diesjährigen Smart Country Convention hat der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) eine repräsentative Umfrage zur Zufriedenheit der Bürger mit der Digitalisierung der Verwaltung veröffentlicht. Die Ergebnisse sind, gelinde gesagt, ernüchternd.

Die Zahlen sprechen für sich: 86 Prozent der Befragten bejahten die Frage danach, ob die Digitalisierung mit noch mehr Nachdruck verfolgt werden solle. Besonders interessant: Bitkom hatte diese Frage bereits in den Vorjahren gestellt. 2019 antworteten 69 Prozent mit "Ja", im vergangenen Jahr waren es bereits 78 Prozent. Der neuerliche Sprung deutet auf eine wachsende Diskrepanz zwischen der Erwartungshaltung der Bürger an eine moderne, digital aufgestellte Verwaltung und dem Status Quo hin. 

Mehrheit: Bund soll mehr Verantwortung erhalten 

81 Prozent der von Bitkom Befragten sähen außerdem gerne, dass der Bund mehr Verantwortung an sich reißt, um einheitliche Standards zu schaffen. Bereits vor wenigen Wochen hatte der Bundesverband der Industrie (BDI) die sich derzeit formierende Regierungskoalition dazu aufgefordert, die Digitalisierungmaßnahmen in einem eigenen Ministerium zu bündeln, um die Prozesse innerhalb der Verwaltung, aber auch jene an der Schnittstelle zwischen Verwaltung und Bürgern, schneller und effizienter zu machen. 

Fast zwei Drittel der Befragten halten eigene Gemeinde für "digital rückständig"

Besonders erschreckend: Drei von fünf Befragten (62 Prozent) halten ihre Stadt oder Gemeinde gar für "digital rückständig". Immerhin hält mehr als ein Drittel (36 Prozent) den Digitalisierungsgrad ihrer Gemeinde für fortgeschritten. „Die Bevölkerung drängt auf mehr digitale Angebote in Städten und Gemeinden. Diesem Bedürfnis müssen die Rathäuser umfassender gerecht werden“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder vergangenen Woche bei der Präsentation der Umfrage. 

88 Prozent fordern vollständig automatisierte Verwaltungsangelegenheiten 

Und weiter: „Der Bund muss mehr Verantwortung bei der Digitalisierung übernehmen und handlungsfähiger werden, er muss Standards setzen und unterstützen dürfen. Kommunen brauchen Geld, Know-how und einen engen Austausch mit Bürgerschaft und Wirtschaft.“ Aus der Umfrage wird ersichtlich, wie sehr sich Bürger eine Vereinfachung des Alltags durch digitale Services seitens der Verwaltung wünschen. 80 Prozent der Befragten wollen Verwaltungsangelegenheiten online erledigen. 88 Prozent finden sogar, dass der gesamte Prozess von der Beantragung bis zur Zusendung von Dokumenten automatisch ablaufen sollte.

Mehrheit will einheitliches Online-Servicekonto 

76 Prozent der Befragten würden den elektronischen Personalausweis nutzen, um Anträge digital zu stellen. 75 Prozent begrüßten ein einheitliches digitales Service-Konto, über das man Zugang zu allen digitalen Verwaltungsleistungen erhält. Etwas weniger (58) würden ihre Stammdaten bei Behörden hinterlegen und erlauben, dass diese zwischen den Behörden ausgetauscht werden. „Eine digitale, innovative Verwaltung ist ein internationaler Standortfaktor. Es ist schwer vorstellbar, dass die innovativsten und zukunftsträchtigsten Geschäftsmodelle der nächsten Jahre in Staaten entstehen, die bei der Verwaltungsdigitalisierung den Anschluss verloren haben", sagte Rohleder. 

Ländlicher Raum könnte von Digitalisierung profitieren

Neben vielen ernüchternden Zahlen - auch die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes bis Ende 2022 sieht eine Mehrheit der Befragten skeptisch - gibt die Digitalisierung laut Bitkom auch Anlass zur Hoffnung, vor allem für den Ländlichen Raum. So hoffen in ländlichen Regionen vier von fünf Personen durch die Digitalisierung auf bessere Bildungsangebote für ihre Kinder. Auch als Lebens- und Arbeitsort und Unternehmensstandort könnte der Ländliche Raum von der Digitalisierung profitieren. „Mit digitalen Lösungen überwindet man Distanzen: in der medizinischen Versorgung, in der Bildung, im Bürgerservice, bei der Arbeit. Und nirgendwo sind die Distanzen größer als auf dem Land. Digitalisierung ist hier das Mittel der Wahl", so Rohleder.