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Weniger Bürokratie, mehr Mitsprache

In einem Positionspapier im Vorfeld der Verhandlungen über die Zukunft der EU-Kohäsionspolitik fordern die baden-württembergischen Kommunen eine stärkere Einbindung der kommunalen Ebene. Die Kohäsionspolitik, die den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zwischen den europäischen Regionen fördert, soll nach ihrem Willen künftig nicht nur einfacher zugänglich, sondern vor allem auch mit deutlich weniger Bürokratie und einer stärkeren Rolle der Regionen gestaltet werden.

So fern und bürokratisch die Politik und die Institutionen der Europäischen Union vielen erscheinen mögen, sie sind dennoch von zentraler Bedeutung für die Politik vor Ort – auch auf kommunaler Ebene. Beispielsweise beeinflusst die sogenannte EU-Kohäsionspolitik in besonderer Weise die Mittelausstattung für Städte und Gemeinden.

Zukunft wichtiger EU-Regionalfonds ab 2027 wird neu verhandelt

Kohäsion bedeutet Zusammenhalt. In diesem Sinne zielt die EU-Kohäsionspolitik darauf ab, wirtschaftliche und soziale Unterschiede zwischen den Regionen Europas zu verringern. Für den Zeitraum 2021 bis 2027 wurden dafür rund 373 Milliarden Euro bereitgestellt, verteilt auf Fonds wie den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) und den Kohäsionsfonds.

Für den Kohäsionsfonds gibt es zwar kein Geld für deutsche Kommunen, da Deutschland insgesamt nicht als bedürftig eingestuft wird. Auf Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds Plus und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung können Kommunen jedoch über Programme der Bundesländer zugreifen.

Mit Blick auf die Zeit nach 2027 plant die Europäische Kommission, im Sommer 2025 Entwürfe für die neuen Strukturfondsverordnungen vorzulegen. Diese werden anschließend im sogenannten Trilogverfahren zwischen Kommission, Parlament und Rat abgestimmt. In diesem Verfahren verhandeln die drei Institutionen gemeinsam über den endgültigen Gesetzestext, um eine Einigung über die Ausgestaltung der neuen Förderregeln zu erzielen.

Der Rat der EU hat bereits klare Leitlinien für die Zukunft der Kohäsionspolitik festgelegt, um deren Rolle im EU-Haushalt zu stärken und eine effektive Umsetzung sicherzustellen.

Zentrale Rolle für sozialen Zusammenhalt sowie die wirtschaftliche Entwicklung in Europa

Im Vorfeld zu den Verhandlungen hat das Europabüro der baden-württembergischen Kommunen gemeinsam mit seinem bayerischen Pendant ein Positionspapier veröffentlicht. In diesem setzt es sich für eine zukunftsfähige Kohäsionspolitik der EU nach 2027 ein.

Das Positionspapier trägt den Titel „Ein Mehrjähriger Finanzrahmen für eine starke Kohäsionspolitik von morgen“ und unterstreicht die zentrale Rolle der EU-Kohäsionspolitik für den sozialen Zusammenhalt sowie die wirtschaftliche Entwicklung in Europa.

Es betont, dass die Kohäsionspolitik auch nach 2027 finanziell stark bleiben und alle Regionen – einschließlich der wirtschaftlich stärkeren – weiterhin unterstützen sollte.​ Ein zentrales Anliegen des Papiers ist die Vereinfachung der Förderverfahren. Die Komplexität vieler EU-Förderprogramme und der damit verbundene Verwaltungsaufwand führen dazu, dass insbesondere Akteure ohne Erfahrung mit der Beantragung von EU-Mitteln sich in weitaus geringerem Maße um Fördergelder bewerben.

Stärkere Einbindung der Kommunen gefordert

Das Papier fordert daher eine Reduktion der bestehenden Komplexität der Kontrollinstrumente und eine stärkere Nutzung von Pauschalen und Beihilfefreistellungen.​

Darüber hinaus plädiert das Positionspapier für eine stärkere Einbindung der Kommunen in die Entscheidungsprozesse der EU-Kohäsionspolitik. Es betont die Notwendigkeit, das Partnerschaftsprinzip zu stärken und sicherzustellen, dass alle Fonds weiterhin unter vollständiger Berücksichtigung dieses Prinzips ausgeschüttet werden. Die Kommunen sollen mehr Mitspracherecht erhalten, um lokale Bedürfnisse besser berücksichtigen zu können.​

Das Partnerschaftsprinzip besagt, dass verschiedene Ebenen von Regierung und Gesellschaft gemeinsam an der Planung, Umsetzung und Überwachung von EU-Förderprogrammen beteiligt werden sollen. Das heißt konkret: Nicht nur die nationale Regierung (zum Beispiel Bundesregierung), sondern auch Bundesländer, Kommunen, Wirtschafts- und Sozialpartner (zum Beispiel Gewerkschaften, Verbände) und die Zivilgesellschaft (zum Beispiel Umwelt- oder Sozialorganisationen) sollen frühzeitig und ernsthaft eingebunden werden. Ziel des Prinzips ist, dass Programme besser zu den Bedürfnissen vor Ort passen sollen und transparenter, demokratischer und erfolgreicher umgesetzt werden.

Das Positionspapier fordert also, dass Kommunen weiterhin aktiv bei der Gestaltung der Kohäsionspolitik mitwirken dürfen – nicht nur „von oben“ entschieden wird, sondern die lokalen Akteure wirklich mitgestalten können.

Insgesamt setzt sich das Papier für eine gerechte, effiziente und zukunftsorientierte Kohäsionspolitik ein, die den europäischen Zusammenhalt fördert und den Regionen hilft, aktuelle Herausforderungen wie den Klimawandel und den digitalen Wandel zu bewältigen.

Hier lesen Sie dieses und weitere Positionspapiere des Europabüros der baden-Württembergischen Kommunen in Brüssel.