© Gemeinde Tamm

Wann wird eine Gemeinde zur Stadt?

Als "die stadtliche Gemeinde" bezeichnete sich Tamm (Landkreis Ludwigsburg) bisher. Bald muss sich Tamm einen neuen Slogan überlegen, denn die Gemeinde vollzieht zum 1. März einen historischen Schritt und wird zur Stadt. Beliebig wählen darf man diesen Titel freilich nicht. Die:gemeinde gibt einen Überblick über die Kriterien.

Den Beschluss, Tamm zur 315. Stadt Baden-Württembergs zu machen, fasste der Ministerrat der Landesregierung am vergangenen Dienstag. Kommunalminister Thomas Strobl hatte dem Rat den Vorschlag unterbreitet. "Meine herzlichen Glückwünsche anlässlich dieser für Tamm historischen Entscheidung gehen an die Bürgerinnen und Bürger und Herrn Bürgermeister Martin Bernhard“, sagte der Strobl im Anschluss.

Gemeindeordnung gibt Kriterien vor 

Doch was hat es mit der Verleihung des Stadtrechts überhaupt auf sich? Welche Rechte gehen damit einher, welche Pflichten? Und warum ist es überhaupt erstrebenswert, "Stadt" genannt zu werden? Zunächst hilft ein Blick in die Gemeindeordnung. In Paragraf 5, Absatz 2 ("Name und Bezeichnung) nennt diese verschiedene Kriterien, die erfüllt sein müssen. 

Entscheidend ist, ob Gemeinde "städtisches Gepräge" aufweist

"Die Bezeichnung "Stadt" führen die Gemeinden, denen diese Bezeichnung nach bisherigem Recht zusteht. Die Landesregierung kann auf Antrag die Bezeichnung »Stadt« an Gemeinden verleihen, die nach

  • Einwohnerzahl,
  • Siedlungsform und ihren
  • kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen städtisches Gepräge tragen.

Weiter heißt es in der Gemeindeordnung "Wird eine Gemeinde mit der Bezeichnung "Stadt" in eine andere Gemeinde eingegliedert oder mit anderen Gemeinden zu einer neuen Gemeinde vereinigt, kann die aufnehmende oder neugebildete Gemeinde diese Bezeichnung als eigene Bezeichnung weiterführen."

Diese konkreten Kriterien liegen der Entscheidung zugrunde

Auf das "städtische Gepräge" kommt es also an. Wie die Beschaffenheit dieses Gepräges nun konkret aussehen muss, geht aus der Gemeindeordnung nicht hervor. Die Landesregierung hat im Zuge der Umbenennung Tamms die Kriterien präzisiert. Sie lauten wie folgt:

  • Der Ort hat mindestens 10.000 Einwohner, von denen der Hauptanteil auf ein im Wesentlichen geschlossenes Siedlungsgebiet entfallen muss.
  • Städtisches Gepräge bedingt auch genügend Straßen, Gehwege, Parkplätze, Grünanlagen, Ver- und Entsorgungseinrichtungen, Kultur-, Bildungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen, angemessene ärztliche Versorgung und Einkaufsmöglichkeiten in zumindest einem sich als Zentrum abzeichnenden Teil der Gemeinde.
  • Industrie- und Gewerbebetriebe sind in maßgeblicher Zahl und Größe vorhanden.
  • Die Gemeinde hat Entwicklungsmöglichkeiten in Bezug auf die Verkehrsverhältnisse und auf die Erschließung von neuem Bau-, Industrie- und Gewerbegelände.
  • Die Gemeinde muss in der Regel Mittelpunkt ihres Verwaltungsraums sein, das heißt, sie muss für die umliegenden Gemeinden eine gewisse zentralörtliche Funktion erfüllen, etwa im Schulbereich oder bei der ärztlichen Versorgung.

Strobl: Gesamtstruktur Tamms bringt mit, was eine Stadt braucht 

Darüber, ob die Kriterien tatsächlich in dem Maße erfüllt sind, um eine Namensänderung zu rechtfertigen, entscheidet die Landesregierung. Im Falle Tamms sah sie die Kriterien als erfüllt an: „Die Gesamtstruktur der Gemeinde Tamm bringt das mit, was eine Stadt braucht. Die vorhandene Infrastruktur und auch die Lage zwischen Stuttgart und Heilbronn bieten gute Voraussetzungen für eine weitere Aufwärtsentwicklung von Tamm", sagte Thomas Strobl.

Tamm war bislang größte nichtstädtische Gemeinde im Kreis Ludwigsburg 

Mit mehr als 12.600 Einwohnern sei Tamm bislang die größte nichtstädtische Gemeinde im Landkreis Ludwigsburg gewesen, so Strobl weiter. Er verwies auf die neue Ortsmitte rund um das Rathaus mit Bürgersaal, verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten sowie Bahnhof,  Apotheke, Arztpraxen, Bankfilialen, Post und Polizeiposten. "Mit der baulichen Entwicklung südlich des Rathauses und der Erschließung eines Bürgergartens nördlich des Bahnhofes wird die neue Ortsmitte sowohl städtebaulich als auch in Bezug auf die Naherholung in den kommenden Jahren weiter gestärkt. Die moderne Realschule mit mehr als 450 Schülerinnen und Schülern sowie zwei Grundschulen und acht Kindergärten sorgen für sehr gute Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten", sagte der Kommunalminister.

Tamm: Hohe Qualität bei Sport- und Freizeiteinrichtungen

Die Erholungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen in Tamm seien von überdurchschnittlicher Qualität. "Was Industrie- und Gewerbebetriebe betrifft, ist Tamm mit fünf Industrie- und Gewerbegebieten mit überwiegend mittelständischen Betrieben gut aufgestellt und ist damit auch ein wichtiger Standort für viele Arbeitsplätze“, erklärte Strobl.

Bürgermeister Bernhard: "Besondere Auszeichnung für die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten"

„Es freut uns außerordentlich, dass das Land Baden-Württemberg unsere Gemeinde zur Stadt erhebt. Dies ist eine besondere Auszeichnung für die Entwicklung von Tamm in den letzten Jahrzehnten, für die Arbeit der Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, aber insbesondere auch eine Anerkennung für die Bürgerinnen und Bürger in Tamm und für die tolle Arbeit unserer Vereine, Kirchen und Schulen. Wenn die Corona-Entwicklung es erlaubt, werden wir die Stadterhebung gemeinsam feiern!“, kommentierte Bürgermeister Martin Bernhard die Entscheidung der Landesregierung.

Tamm hatte Antrag im November gestellt

Ende November 2021 hatte Tamm offiziell den Antrag zur Stadterhebung beim Land gestellt. Vorausgegangen war ein einstimmiger Beschluss des Gemeinderats am 22. November 2022. Eine Delegation des Innenministeriums hatte Tamm besucht. Bereits danach signalisierte das Ministerium, dass Tamm die Kriterien hinsichtlich erfülle. 

Stadterhebung von Oberderdingen