Waldbegehung: „Was passiert in unserm Wald?“
Bei herrlichem Spätsommerwetter treffen sich rund 30 interessierte Bürgerinnen und Bürger, um an einem öffentlichen Waldbegang im Distrikt Steckental in Weil der Stadt teilzunehmen. Die Veranstaltung, zu der auch die Stadträtinnen und Stadträte eingeladen waren, bot den Bürgerinnen und Bürgern eine einmalige Gelegenheit, tiefe Einblicke in die forstwirtschaftlichen Aktivitäten der Stadt und die damit verbundenen Herausforderungen zu erhalten sowie einiges Hintergrundwissen zum Zustand des Waldes generell zu erfahren.
Waldbegehung als Chance Bürgerinnen und Bürgern, Gemeinderätinnen und Gemeinderäten Zusammenhänge im Wald zu erklären
Die Rathausspitze – vertreten durch Bürgermeister Christian Walter und Beigeordneten Jürgen Katz – begrüßten zusammen mit dem städtischen Forstrevierleiter Olaf Späth die Teilnehmenden am Treffpunkt bei den Angelseen. Späth betonte die Bedeutung solcher Veranstaltungen: „Es ist für mich als Förster eine gute Gelegenheit, direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie Stadträtinnen und Stadträten über unsere Arbeit im Wald und die damit verbundenen Probleme, insbesondere im Zusammenhang mit dem Klimawandel, zu sprechen.“ Er fügte hinzu, dass der Fokus des Spaziergangs darauf liegen würde, nicht nur die gut gepflegten Mischwälder zu präsentieren, sondern vor allem auch auf problematische Bereiche hinzuweisen.
Besonders die Tannen vertrocknen zunehmend
Die Teilnehmenden machten sich auf den Weg zum ersten Waldbestand am Tiroler Weg, neben der alten Bahntrasse, die derzeit für die neue Hermann-Hesse-Bahn zwischen Calw und Weil der Stadt reaktiviert wird. Späth erklärte die erhöhte Verkehrssicherungspflicht, die durch die Wiederinbetriebnahme der Bahnverbindung auf die Stadt als Waldeigentümerin zukommen wird. Er wies auf die absterbenden Weißtannen sowie die trockenen Äste und Kronenteile in den Buchen- und Eichenbeständen entlang der Bahntrasse hin. Insbesondere die Tannen stünden aufgrund des Klimawandels und längerer Trockenperioden unter Dauerstress und wären dadurch anfällig für Borkenkäferbefall. Dies kann letztendlich zum Absterben einzelner Bäume führen. „Allein in diesem Jahr mussten hier außerplanmäßig ungefähr 200 Festmeter Tannenholz entnommen werden“, berichtete er.
Die Aufgabe der Überwachung und Kontrolle der Baumbestände sei zu einer Daueraufgabe geworden, und das planmäßige Eingreifen in die Waldbestände sei oft nicht mehr möglich, fügte er hinzu. Die Waldbesucherinnen und -besucher kennen dabei die Hintergründe nicht: „Die Leute sehen nur die großen Holzpolter am Weg und die neuen Lücken im Wald. In der Folge beschweren sich aufgebrachte Bürgerinnen und Bürger bei uns über „rigorose Kahlschläge“ und die vermeintliche Zerstörung ihres Waldes“, so Späth. Dass die Tannen durch die zu langen Trockenperioden im Absterben begriffen sind, ist am aufgestapelten Holz für Laien meist nicht erkennbar. Die toten Bäume einfach stehen zu lassen, kommt im Bereich des Forstweges und der Bahntrasse aufgrund der Verkehrssicherungspflicht nicht in Betracht. Zudem wäre dies auch ein finanzieller Schaden für die Stadt als Eigentümerin des Waldes. Abseits der Wege sieht das anders aus: „Hier lassen wir einzelne Totholzbäume und Baumgruppen, sogenannte ‚Habitatbaumgruppen‘ stehen, die Teil des ‚Alt- und Totholzkonzepts‘ sind“, erläutert der Förster und nutzt die Gelegenheit, die Hintergründe und die ökologische Zielsetzung des Alt- und Totholzkonzeptes zu erklären, das seit dem letzten Jahr im Stadtwald eingeführt wurde.
Eschentriebsterben breitet sich aus
Zu diesem Konzept gehören auch Waldrefugien; Waldflächen zwischen einem und drei Hektar Größe, die aus der forstlichen Nutzung herausgenommen werden, um sich zu kleinen Urwäldern zu entwickeln. „Ein solches Waldrefugium wird als letzter Exkursionspunkt besichtigt“, kündigte Späth an. Nach einer kurzen Diskussion über Klimaschäden ging es weiter zum zweiten Waldbild, einem mittelalten Eschenbestand. Späth wies darauf hin, dass die kahlen Äste und Kronenteile nicht auf den beginnenden herbstlichen Laubfall zurückzuführen seien, sondern auf das sogenannte Eschentriebsterben, eine Pilzerkrankung, die sich von Ostasien über Polen in ganz Europa ausgebreitet hat. „Es gibt kein Pflanzenschutzmittel gegen diesen Pilz, daher nimmt der Anteil an Eschen in unseren Wäldern kontinuierlich ab“, erklärte er. Die Försterinnen und Förster fördern gesunde Eschen in der Hoffnung, dass sich resistente Individuen bilden.
Waldrefugien sollen mit der Zeit zu Urwald werden
Den Abschluss der Exkursion bildete der Besuch des Waldrefugiums, dessen Grenzen mit blauen Wellenlinien und senkrechten Strichen an den Bäumen gekennzeichnet sind. Innerhalb dieser Fläche darf kein Baum mehr gefällt werden. Späth erklärte, dass das abgestorbene Holz im Waldrefugium verbleibe und dort wertvoller Lebensraum für Insekten, Spinnen, Vögel und Fledermäuse sei. Zudem dienen die Waldrefugien als Forschungsflächen zur Beobachtung der natürlichen Waldentwicklung. Nach einem Rundgang durch den künftigen Mini-Urwald machte die Gruppe einen kurzen Stopp an einer kleinen Fichtenfläche, die im Spätsommer vom Borkenkäfer befallen wurde. Späth erläuterte, dass die Trockenheit und hohen Temperaturen den Bäumen zusetzten und dass Fichten in seinem Revier aufgrund des Klimawandels nicht mehr gepflanzt werden. Stattdessen wird der Fokus auf klimastabile Baumarten gelegt.
Zum Abschluss lud Bürgermeister Walter die Gruppe zu einem kleinen Imbiss ein, der vom örtlichen Angelsportverein vorbereitet wurde. Beim gemütlichen Teil gab es dann noch genügend Gelegenheit für ungeklärte Fragen und den persönlichen Austausch.