Von Ganztag bis Glasfaser – Was der Bundesrat für Kommunen beschlossen hat
Am 11. Juli 2025 fand die 1056. Sitzung des Deutschen Bundesrates statt. Dabei wurden mehrere Beschlüsse gefasst, die für die Kommunen künftig von erheblicher Relevanz sein werden.
Investitionsbooster mit Ausgleich der Einnahmeausfälle der Kommunen
Der prominenteste Beschluss betraf das sogenannte Investitionssofortprogramm, auch bekannt als Investitionsbooster. Dieses Programm sieht vor, Investitionen durch steuerliche Anreize gezielt zu fördern – unter anderem durch die Einführung einer degressiven Abschreibung von bis zu 30 Prozent. Das bedeutet, dass Unternehmen Anschaffungen schneller und stärker steuerlich absetzen können – vor allem im ersten Jahr. Auch eine Ausweitung der steuerlichen Forschungszulage ist vorgesehen, wodurch Unternehmen mehr Fördermittel für eigene Forschungs- und Entwicklungsprojekte erhalten können. Zusätzlich sollen steuerliche Vorteile für elektrische Dienstfahrzeuge geschaffen werden.
Damit die Kommunen und Länder durch diese steuerlichen Maßnahmen keine finanziellen Nachteile erleiden, sieht das Programm einen finanziellen Ausgleich für drohende Einnahmeausfälle vor. Der Bundesrat machte in einer Protokollerklärung deutlich, dass der Bund die daraus entstehenden Mindereinnahmen entsprechend kompensieren muss.
Mehr Zeit für den Ganztagsausbau
Daneben beschloss der Bundesrat die Verlängerung der Fristen im Investitionsprogramm Ganztagsausbau um zwei Jahre: Fördermittel können nun bis Ende 2027 beantragt werden. Die geförderten Maßnahmen müssen bis spätestens 31. Dezember 2029 abgeschlossen und bis zum 30. Juni 2030 abgerechnet werden.
Kommunen erhalten dadurch mehr Zeit, um die vom Bund bereitgestellten Mittel für den Ausbau der Ganztagsbetreuung in Grundschulen tatsächlich abzurufen und in konkrete Bau- oder Umbaumaßnahmen umzusetzen.
Hintergrund dieser Entscheidung ist die schleppende Umsetzung des Programms in vielen Kommunen. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Fördermittel bis Ende 2025 verwendet werden müssen. In der Praxis erwiesen sich jedoch langwierige Planungsverfahren, Fachkräftemangel im Bauwesen, sowie Lieferengpässe als massive Hürden. Auch komplexe Antragsverfahren und Unsicherheiten in der Kofinanzierung durch Länder und Kommunen verzögerten vielerorts den Start konkreter Maßnahmen.
Mit der Verlängerung soll nun sichergestellt werden, dass die zugesagten Bundesmittel nicht verfallen, sondern den Kommunen tatsächlich zur Verfügung stehen. Gleichzeitig hat der Bund zugesichert, etwaige Einnahmeausfälle, die durch verzögerte Ausgaben oder Verschiebungen entstehen, finanziell auszugleichen.
Das Ziel bleibt dabei jedoch klar: Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2026 soll überall auch baulich und personell abgesichert sein.
Bessere Einbindung von Kommunen bei Mobilfunkstandorten
Auch das Telekommunikationsgesetz (TKG) wurde in der Bundesratssitzung überarbeitet – mit dem Ziel, den Ausbau digitaler Infrastruktur in Deutschland deutlich zu beschleunigen. Im Fokus steht dabei die engere Einbindung der Kommunen, die als zentrale Akteure bei der Umsetzung vor Ort gelten.
Mit der Gesetzesänderung sollen Genehmigungsverfahren für Glasfaseranschlüsse und Mobilfunkstandorte deutlich vereinfacht und standardisiert werden. Künftig sollen kommunale Bauämter frühzeitiger eingebunden werden, wenn es um Planungen für neue Mobilfunkmasten oder Breitbandkabeltrassen geht. Auch die Doppelverlegung von Glasfaser und anderen Infrastrukturen soll durch bessere Koordination vermieden werden – ein Schritt, der Zeit und Ressourcen sparen soll.
Entlastung bei Sozialausgaben für Kommunen
Ein weiterer wichtiger Beschluss betrifft die finanzielle Entlastung der Kommunen im Sozialbereich: Der Bundesrat stimmte einer neuen Verordnung zur Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung (KDU) zu.
Diese Regelung legt fest, in welchem Umfang sich der Bund an den Ausgaben beteiligt, die Kommunen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II, „Hartz IV“) für Miete und Heizung übernehmen müssen.
Bisher trugen die Kommunen einen erheblichen Teil dieser Ausgaben aus eigenen Haushaltsmitteln – eine dauerhafte Belastung, insbesondere für finanzschwache Städte und Landkreise mit hohem Anteil an Leistungsberechtigten. Mit der neuen Verordnung wird der Anteil des Bundes an diesen Kosten angepasst und erhöht, was zu einer spürbaren finanziellen Entlastung der Kommunen führt.
Ziel ist es, die gestiegenen Lebenshaltungs- und Energiekosten – insbesondere nach den Preissteigerungen infolge der Energiekrise – nicht allein den kommunalen Haushalten aufzubürden. Der Bund übernimmt damit Verantwortung für ein zentrales sozialstaatliches Versprechen: Menschen in Not eine gesicherte Unterkunft zu ermöglichen – ohne dass Kommunen dafür ihre Investitionskraft gefährden müssen.
Die Neuregelung greift rückwirkend für das Jahr 2025 und berücksichtigt die tatsächlichen Kostenentwicklungen in den Regionen. Damit soll auch mehr Planungssicherheit für kommunale Haushalte geschaffen werden.
Bundesrat berät über Infrastrukturfinanzierung für Kommunen
Ein weiterer zentraler Punkt auf der Tagesordnung war der Gesetzesentwurf für das sogenannte LuKIFG – das „Länder- und Kommunalinfrastrukturfinanzierungsgesetz“. Ziel dieses Vorhabens ist es, eine gesetzlich verankerte Grundlage für eine verlässliche Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen bei der Finanzierung öffentlicher Infrastruktur zu schaffen.
Bislang fehlte ein einheitliches Regelwerk, das definiert, wie sich die verschiedenen staatlichen Ebenen bei Investitionen etwa in Schulen, Verwaltungsgebäude, Straßen, Brücken oder Wasser- und Energieversorgung koordinieren und finanziell beteiligen. Die bisherige Praxis, solche Vorhaben meist über Einzelprogramme oder Einzelfallverhandlungen zu regeln, führte häufig zu bürokratischem Aufwand, Verzögerungen und ungleicher Mittelverteilung.
Das neue Gesetz soll dem entgegenwirken. Es sieht vor:
- eine strukturierte Ko-Finanzierung über mehrere staatliche Ebenen,
- eine schnellere und gezieltere Umsetzung von Investitionen sowie
- mehr Transparenz bei Zuständigkeiten und Mittelverwendung.
Finanziert werden sollen die Maßnahmen aus einem eigens eingerichteten Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ in Höhe von 100 Milliarden Euro. Förderfähig sind Projekte im Zeitraum von 2025 bis 2036, darunter insbesondere Sanierungen und Neubauten im Bildungs-, Verkehrs- und Digitalbereich. Die Verteilung der Mittel erfolgt nach dem Königsteiner Schlüssel, wobei finanzschwache Kommunen besonders berücksichtigt werden sollen.
Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf in seiner Sitzung grundsätzlich positiv gegenübergestanden, allerdings in seiner Stellungnahme betont, dass kommunale Bedürfnisse stärker einbezogen werden müssen – etwa durch vereinfachte Antragsverfahren und gezielte Unterstützung für kleinere Gemeinden.
Nach Kabinetts- und Bundesratsbefassung wird der Bundestag den Entwurf im Herbst 2025 beraten. Bei planmäßiger Verabschiedung könnten Kommunen ab Anfang 2026 Förderanträge stellen und Projekte realisieren. Das LuKIFG soll so den Weg für eine langfristig koordinierte und verlässliche Infrastrukturpolitik zwischen Bund, Ländern und Kommunen ebnen – mit weniger Bürokratie und mehr Planungssicherheit.
