Kommunen am Limit - Verdi demonstriert unter anderem gegen einen Sparkurs auf dem Rücken der Beschäftigten.
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Verdi warnt vor Sparkurs und hoher Arbeitslast

Gewerkschaften fürchten aufgrund der Finanzkrise der Kommunen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst. Im November rufen sie daher zu einer Kundgebung unter dem Motto „Kommunen am Limit – Demokratie am Abgrund“ auf.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ruft für den 8. November zu einer landesweiten Kundgebung in Stuttgart auf. Unter dem Motto „Kommunen am Limit – Demokratie am Abgrund“ soll gegen den Sparkurs protestiert und eine bessere Finanzausstattung der Städte und Gemeinden gefordert werden. Mit demonstrieren wird ein breites Bündnis aus Sozialverbänden, Gewerkschaften und weiteren politischen Gruppen.

Landesvorsitzende Schollenberger: „Beschäftigten leisten bereits jetzt einen erheblichen Beitrag“

Die Verdi-Landesvorsitzende Maike Schollenberger hatte zuvor in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung angesichts der angespannten Finanzlage vieler Kommunen vor drastischen Sparmaßnahmen zulasten der Beschäftigten gewarnt. „Kündigungen sind für uns ein absolutes No-Go“, sagte Schollenberger. Statt Kürzungen brauche es eine gerechtere Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen sowie eine Reform der Erbschafts- und Vermögensteuer.

Insbesondere mit Blick auf vielerorts geplanten Kürzungen, etwa bei freiwilligen Leistungen oder Zulagen wie in der Landeshauptstadt Stuttgart, warnte sie vor einer weiteren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst. Trotz Fachkräftemangel und hoher Belastung leisteten die Beschäftigten „bereits jetzt einen erheblichen Beitrag, indem viele Stellen unbesetzt bleiben“.

Verdi: Löhne nicht Ursache der Finanzprobleme

Für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zeichne sich laut Schollenberger eine gefährliche Entwicklung ab: Bei der Stadt Stuttgart etwa werde eine freiwillige Zulage halbiert, andere Kommunen erwögen bereits Personalabbau. „Wo weniger Geld ist, werden Stellen gesperrt – und das bei ohnehin schon großem Fachkräftemangel. Das bedeutet noch mehr Arbeitslast für die Beschäftigten“, warnte Schollenberger.

Die Löhne im öffentlichen Dienst seien nicht Ursache der Finanzprobleme. „Die Städte haben ein Einnahmeproblem, kein Ausgabeproblem“, betonte sie. So habe Stuttgart 2023 noch 1,6 Milliarden Euro Gewerbesteuer eingenommen, derzeit seien es nur 800 Millionen – „das Minus entspricht exakt dem Rückgang der Einnahmen“.

Die Verdi-Landesvorsitzende sieht in der derzeitigen Krise auch eine politische Gefahr: Wenn die öffentliche Daseinsvorsorge weiter ausgedünnt werde, wachse das Misstrauen gegenüber der Politik. „Wenn noch eine gesellschaftliche Unsicherheit mit dem Wegbrechen von Leistungen im öffentlichen Dienst hinzukommt, fragen sich die Leute womöglich, ob die Politik versteht, was sie umtreibt. So könnten sie rechten Rattenfängern in die Arme laufen“, warnte sie.

Darüber hinaus forderte Schollenberger mehr Unterstützung von Seiten der Kommunalen Landesverbände für die Anliegen der Gewerkschaften: „Wir werden laut sein, wenn Kolleginnen und Kollegen mehr Arbeitslast haben oder wenn freiwillige Aufgaben in den Kommunen gestrichen werden“, unterstreicht die Verdi-Landesvorsitzende. „Wir werden uns nicht gemeinsam mit Bürgermeistern auf den Platz stellen und sagen: Tut uns leid, es geht gerade nicht anders.“

Aufruf von Bündnis: „Es geht um unsere Lebensbedingungen“

Für Verdi und das Bündnis, das zur Demonstration am 8. November in Stuttgart aufruft, steht die finanzielle Notlage der Kommunen für mehr als nur eine Haushaltsfrage. „Es geht um unsere Lebensbedingungen, unsere Demokratie – es geht um unsere Zukunft“, heißt es im gemeinsamen Aufruf. Lebensqualität und soziale Gerechtigkeit hingen unmittelbar von starken, handlungsfähigen Städten und Gemeinden ab. Doch vielerorts führten laut dem Bündnis Stellenabbau, Investitionsstau und Sparzwänge zu maroden Schulen, fehlenden Kitaplätzen, Wohnungsmangel, überlastetem Personal und einem ÖPNV, der immer unzuverlässiger werde. „Das gefährdet unsere Demokratie und stärkt rechte Kräfte“, so das Bündnis in dem Aufruf weiter.

Die Initiatoren fordern deshalb ein Ende des Sparkurses und den Ausbau der sozialen Infrastruktur: mehr Investitionen in Kitas, Schulen, Pflege, Wohnen, Kunst, Kultur, ÖPNV und Vereine. Bund und Land müssten den kommunalen Anteil an den Gemeinschaftssteuern erhöhen und damit eine stabile Finanzierung sicherstellen. Gleichzeitig plädieren Verdi und ihre Partner für eine Vermögenssteuer für Superreiche und eine gerechtere Steuerpolitik. Während die Kommunen um jeden Euro kämpfen müssten, wachse der Reichtum weniger ins Unermessliche: 3.300 Superreiche besäßen rund 23 Prozent des Vermögens in Deutschland.