
Umweltministerium hat konkrete Pläne für „Windkümmerer“
Der Süden hat ein Problem: Der Ausbau von Windenergie geht nur zäh voran. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. 2018 gingen im Freistaat acht Windräder in Betrieb, 2019 waren es fünf, 2020 und 2021 jeweils acht, im laufenden Jahr sind bislang fünf dazu gekommen. In Baden-Württemberg sieht es nur wenig besser aus, wie Zahlen der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) zeigen. Bis Mitte des Jahres waren erst drei neue Windkraftanlagen in Betrieb gegangen. 2021 waren es immerhin 35, 2019 und 2020 wurden nur einstellige Werte erreicht.
Windkümmerer müssen unterschiedliche Fähigkeiten mitbringen
Was tun, um den Prozess zu beschleunigen und den dringend nötigen Umstieg von fossilen Energieträgern auf die Erneuerbaren zu bewältigen? Auf kommunaler Ebene hat sich Bayern etwas überlegt. Dort sollen sogenannte Windkümmerer die Kommunen bei verschiedensten Fragen rund um den Windkraftausbau unterstützen. Einer davon ist Martin Sambale vom Energie- und Umweltzentrum Allgäu. Was Windkümmerer genau tun, hat Sambale dem Magazin Technology Review verraten. Die Tätigkeit erfordere ein vielfältiges Set an Qualifikationen, sagt er. So müsse man sowohl über technisches Wissen als auch über soziale Kompetenzen verfügen. Er ergänzt: „Aber nicht nur Fachwissen ist gefragt, wenn Gemeinderäte und Bürger über Pro und Kontra einer Anlage informiert werden“, so Sambale. „Bei widerstreitenden Meinungen muss der Windkümmerer auch als qualifizierter Moderator wirken können.“
Sieben regionale Windkümmerer sind in Bayern tätig
Insgesamt hat Bayern sieben regionale Windkümmerer ausgewählt. „Unsere sieben Regionalen Windkümmerer wurden vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie im Rahmen einer Ausschreibung ausgewählt und setzen sich zusammen aus regionalen Energieagenturen, einem Ingenieurbüro und einer Agentur mit Schwerpunkt auf Kommunikation und Bürgerdialog. Durch diese Vielfalt ergänzen sich die Windkümmerer und profitieren gegenseitig von ihrer fachlichen Expertise. Um den Austausch weiter voranzutreiben, finden in regelmäßigen Abständen Vernetzungstreffen der Windkümmerer statt“, schreibt die Landesagentur.
Windkümmerer unterstützen Kommunen vielfältig
Die Agentur benennt auch konkret, wie die Windkümmerer den Kommunen helfen. So unterstützen sie sie bei der kommunenspezifischen Bestands- und Potenzialanalyse der Windenergie; sie unterstützen sie fachlich und beraten sie; sie unterstützen bei der projektbegleitenden Öffentlichkeitsarbeit, bei Moderation und Vermittlung und sie unterstützen, indem sie die Kommunen bei der Bauleitplanung energiefachlich beraten. Laut Selbstauskunft der Landesagentur konnten die Windkümmerer bislang bereits einiges bewegen.
Windkümmerer konnten bereits zählbare Erfolge verbuchen
So seien seit Projektstart unter anderem zahlreiche positive Gemeinderatsbeschlüsse für Windenergieprojekte getroffen, Bürgerenergiegenossenschaften oder Arbeitsgemeinschaften angestoßen oder gegründet, Standorte gesichert, der Wissensstand in den Kommunen zum Themenbereich Windenergie deutlich verbessert und gezielte Öffentlichkeitsarbeit geleistet worden – „beispielsweise durch die Erstellung von Flyern, das Aufsetzen von Informations-Websites oder auch die Organisation von Online-Veranstaltungen.“
Windkümmerer sind in Bayern ein Erfolgsmodell
Glaubt man diesen Aussagen, sind die Windkümmerer also ein Erfolgsmodell - und damit auch Vorbild für Baden-Württemberg? Immerhin verfolgt die grün-schwarze Landesregierung ehrgeizige Ziele beim Ausbau der Windkraft und hat im novellierten Klimaschutzgesetz festgelegt, dass in den Regionalplänen zwei Prozent der Fläche für Windenergie und Photovoltaik vorbehalten werden müssen. Im Sommer wurden weitere Maßnahmen bekannt, die die zähen Verfahren beschleunigen sollen.
Umweltministerium: Windkümmerer auch in Baden-Württemberg geplant
Wie sieht es also aus in Baden-Württemberg? „Ja, es gibt konkrete Pläne, auch bei uns im Land Windkümmerer einzusetzen. Weitere Details kann ich aber noch nicht nennen“, sagt Matthias Schmid, Pressesprecher im Umweltministerium, auf Anfrage von die:gemeinde-Aktuell. „Wir sind gerade dabei, viele Maßnahmen der vor einem Jahr eingesetzten „Task Force Erneuerbare Energien“ umzusetzen. Dazu gehören auch die neu geschaffenen Stabsstellen, die sogenannten schnellen Eingreiftruppen, bei den vier Regierungspräsidien, die dafür sorgen sollen, dass Hindernisse oder Probleme bei den Genehmigungsverfahren, für die die Landratsämter zuständig sind, schnell beseitigt oder gelöst werden, um die Verfahren zu beschleunigen“, führt Schmid aus.
Umweltministerium: Forum Energiedialog hat sich sehr bewährt
Drittens, so Schmid, habe sich das „Forum Energiedialog“ in den vergangenen Jahren sehr bewährt. Es sei ein Erfolgsmodell, um Konflikte bei Windkraft- oder Photovoltaikprojekten in den Kommunen zu befrieden. „Hier geht es vor allem darum, dass wir als Umweltministerium als überparteilicher Vermittler auftreten, der von den beiden Konfliktparteien akzeptiert wird. Das Forum berät die kommunale Verwaltung und die Gemeinderäte im Land auf Anfrage und initiiert und moderiert Begegnungen, Runde Tische und Bürgerbeteiligungsformate. Es geht nicht darum, den Ausbau der Windkraft aktiv voranzutreiben, sondern darum, die Hindernisse bei der Energiewende aus dem Weg zu räumen“, betont Schmid.