Social Media-Studie zur Nutzung von Social Media durch baden-württembergische Bürgermeister:innen
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Social Media-Studie: Rein in den #Dialog

Eine große Mehrheit der baden-württembergischen Bürgermeister nutzt bereits verschiedenste soziale Medien, um mit ihren Bürgern in Kontakt zu treten – Das zeigt eine aktuelle Studie des Fritz-Erler-Forums. Häufig ist dieser jedoch noch als Einbahnstraße organisiert. Das könnte auch an den Anfeindungen liegen, denen sich die Bürgermeister nicht selten ausgesetzt sehen.

„Das Thema Social Media wird in der Kommunikation zwischen Kommunen und Bürgern immer wichtiger – zuletzt auch noch einmal befeuert durch die Corona-Pandemie“, sagt Florian Koch, Referent des Fritz-Erler-Forums Baden-Württemberg. „Und trotzdem gibt es bisher kaum belastbare Daten, darüber wie das Potential bisher von den Städten und Gemeinden genutzt wird.“ Um hier für das Land Baden-Württemberg Abhilfe zu schaffen, hat das Fritz-Erler-Forum eine Studie zur Social Media-Nutzung baden-württembergischer Oberbürgermeister und Bürgermeister in Auftrag geben. Die Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg hat die Studie in Form einer Online-Befragung der Bürgermeister durchgeführt. An der Befragung nahmen 373 Bürgermeister teil, damit ein Drittel aller Bürgermeister in Baden-Württemberg. 

Social Media als Informations-Einbahnstraße oder zum Gespräch mit dem Bürger?

Eine große Mehrheit der Bürgermeister nutzt soziale Medien für ihre Arbeit. Trotzdem bleiben Unsicherheiten. Und: Bisher werden die Social Media-Kanäle der Bürgermeister zumeist als Informations-Einbahnstraßen genutzt. Hier sehen die Autoren die größten Verbesserungsmöglichkeiten. Rund 70 Prozent der befragten Bürgermeister gaben an, soziale Medien beruflich zu nutzen. In Kommunen mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern liegt die Quote dabei mit 95 Prozent der Bürgermeister am höchsten. Bei den Kommunen mit unter 2.000 Einwohnern mit 60 Prozent am niedrigsten. „Bei der Nutzung sozialer Medien müssen Kommunalpolitiker zwischen Aufwand und Ertrag abwägen“, sagt Florian Koch. „In kleineren Gemeinden sind die Ressourcen geringer, der relative Aufwand damit höher. Das erhöht die Hürde für die Bürgermeister, sich in den sozialen Medien zu engagieren.“ Er ist sich sicher, dass es auch in kleinen Gemeinden sinnvoll ist, soziale Medien zu nutzen. Hier müsse nur genauer abgewogen werden, wie man seine Zeit einsetzt. Welches Medium erreicht die meisten Bürger? Welche Themen können sinnvoll per Social Media vermittelt und diskutiert werden? Wo ist es gewinnbringend, mit den Bürgern in direkten Dialog zu treten? 

Welche Social Media-Kanäle nutzen die Bürgermeister? - Studie der Friedrich Ebert Stiftung

Bei der Frage, welche soziale Medien Bürgermeister nutzen, gibt es zwei deutliche Gewinner: Messenger-Dienste mit 83,2 Prozent und Facebook mit 83,1 Prozent werden mit großem Abstand am häufigsten genutzt. Eine geringe Bedeutung für Kommunalpolitiker hat die Plattform Twitter, die besonders in der Bundespolitik rege genutzt wird. Die Frage nach der Motivation zeigt, dass Bürgermeister über die sozialen Medien besonders darum bemüht sind, eine junge Zielgruppe anzusprechen. Auch die allgemeine Öffentlichkeitsarbeit und die unmittelbare Krisenkommunikation sind Aufgaben, für die die Bürgermeister soziale Medien für sinnvoll halten. Weniger im Fokus der Bürgermeister steht etwa die Bürgerbeteiligung per Social Media oder Unterstützung für politische Entscheidungen zu bekommen. „Es hat uns überrascht, dass die Kombination von Bürgerbeteiligung und sozialen Medien für die Bürgermeister eine weniger wichtige Rolle spielt“, so Koch. „Das könnte daran liegen, dass die Bürgermeister besorgt sind, dass sich hier Hürden für ihre Arbeit ergeben könnten.“ Im Lichte der Corona-Pandemie ist auch interessant, dass 62,1 Prozent der Bürgermeister soziale Medien für einen wichtigen Kommunikationskanal in Krisenzeiten halten.

 Welche Ziele wollen Bürgermeister per Social Media erreichen? - Studie der Friedrich Ebert Stiftung

Es wird deutlich, dass sich die Mehrheit der Bürgermeister mit den sozialen Medien auskennt. 77,9 Prozent von ihnen geben an, dass ihnen die Nutzung sozialer Medien leicht fällt. Doch die Studie zeigt auch, dass die Bürgermeister weiterhin Zweifel an den Chancen der sozialen Medien für die Bürgerkommunikation haben. So stimmen knapp 60 Prozent von ihnen der Aussage „Soziale Medien ermöglichen einen konstruktiven Austausch mit den Bürgern“ nicht zu. Das könnte auch mit negativen Erfahrungen zusammenhängen, die viele Bürgermeister in den sozialen Medien gemacht haben.   

Haben die Bürgermeister bereits Anfeindungen per Social Media erlebt? - Studie der Friedrich Ebert Stiftung

„Wir waren überrascht, dass 54 Prozent der Bürgermeister angaben, in ihrer beruflichen Nutzung der sozialen Medien bereits privat angefeindet worden zu sein“, sagt Florian Koch. „Gleichzeitig bildet das auch den Ton in den sozialen Medien ab. Da sind die 54 Prozent vielleicht sogar noch wenig.“ Diese Meinung teilt auch ein Bürgermeister in seiner Beantwortung der Online-Umfrage: „In den letzten Jahren werden die sozialen Medien immer mehr für Hetze, Beleidigungen und Falschmeldungen genutzt. Gerüchte werden zigmal geteilt und dann als Wahrheit angenommen.“ Doch viele Bürgermeister haben auch bereits ihren Weg gefunden, mit unangemessenen Kommentaren umzugehen: „Für unsere Social Media-Kanäle gibt es eine Nettiquette. Sofern der passende Umgangston nicht gewahrt wird, wird auf diese hingewiesen. In Fällen von Beleidigungen behalten wir uns vor, Kommentare und Beiträge zu löschen.“

Was hält die Bürgermeister von der Nutzung der sozialen Medien für die Arbeit ab? - Studie der Friedrich Ebert Stiftung

Die Anfeindungen scheinen für die Bürgermeister jedoch kein Grund zu sein, die Nutzung der sozialen Medien im Rahmen ihres Amtes einzustellen. Bedenken haben die Rathauschefs eher aufgrund des zeitlichen Aufwands. 245 der 373 Bürgermeister gaben an, dass fehlende Zeit, um auf Kommentare zu reagieren und sich an Diskussionen zu beteiligen, für sie gegen die Nutzung sozialer Medien spricht. Bei der Frage, wie viel Zeit sie selbst in die berufliche Nutzung der sozialen Medien investieren, zeigt sich, dass sich der Aufwand bei 85 Prozent von ihnen zwischen einer und fünf Stunden in der Woche bewegt. Ebenso die fehlende Kontrolle über die Inhalte und rechtliche Bedenken lassen die Bürgermeister an der Nutzung sozialer Medien zweifeln. 

Über Social Media für kommunalpolitische Themen sensibilisieren

„Die Studie zeigt, dass viele Bürgermeister die sozialen Medien noch als Einbahnstraße nutzen“, sagt Florian Koch. „Sie senden Informationen, aber gehen selten auf Kommentare ein. Darin liegt für sie ein Risiko, einmal nicht aufzupassen und so unbesonnen zu kommunizieren. Daraus kann ein Shitstorm entstehen.“ Gerade im Dialog mit den Bürgern liege jedoch das größte Potential der sozialen Medien. Hier könnten viele Zielgruppen wieder stärker für kommunalpolitische Themen sensibilisiert und aktiviert werden. „Nur wenige Bürgermeister holen sich bisher professionelle Hilfe für ihre Social Media-Auftritte“, sagt Koch. „Um stärker in den Dialog zu treten, wäre das aber sinnvoll. Vorhandene Kommunikationsstrategien sollten in jedem Fall um den Einsatz sozialer Medien ergänzt werden, die auch eine kontinuierliche digitale Interaktion mit den Bürgern ermöglicht. Die Friedrich-Ebert-Stiftung wird sich dem Thema weiter widmen und hierzu Handlungsempfehlungen erarbeiten. “