
Kommunaler Hitzeschutz stockt
Hitze ist laut Europäischer Umweltagentur das größte Klimarisiko für die menschliche Gesundheit – auch in Baden-Württemberg. Entsprechend wichtig ist ein funktionierender kommunaler Hitzeschutz. Eine Umfrage des Landesgesundheitsamts unter allen Städten, Gemeinden und Landkreisen im Land zeigt jetzt erstmals, wie weit Kommunen tatsächlich sind. Das Ergebnis: Während 91 Prozent der Landkreise geantwortet haben, lag die Rücklaufquote auf Gemeindeebene bei nur 33 Prozent.
Von den teilnehmenden Kommunen gaben knapp die Hälfte an, bereits Maßnahmen umzusetzen oder zumindest zu planen. Besonders aktiv sind Kreise und Gemeinden im Raum Stuttgart, in der Rhein-Neckar-Region und rund um Freiburg. Doch bisher haben erst zwölf Kommunen einen eigenen Hitzeaktionsplan, darunter Ludwigsburg, der Enzkreis und Städte wie Mannheim oder Pforzheim. Weitere zehn Kreise und 29 Gemeinden planen entsprechende Konzepte.
Trinkwasser, Schatten, Kommunikation – viele Einzelmaßnahmen
Die meisten Maßnahmen lassen sich drei Bereichen zuordnen: kurzfristiger Schutz in Hitzewellen, langfristige Infrastrukturmaßnahmen und Kommunikation. Landkreise konzentrieren sich vor allem auf Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit – etwa durch Hitzewarnungen über die Website oder Infoflyer. Trinkwasserspender und Veranstaltungen zum Hitzeschutz werden ebenfalls häufiger angeboten. Gemeinden setzen stärker auf Arbeitsschutz, grüne Infrastruktur und Verschattung von Plätzen oder Gebäuden.
Viele Städte nutzen das Warnsystem des Deutschen Wetterdiensts und geben Informationen gezielt an Risikogruppen weiter. Dazu zählen Ältere, Menschen mit Vorerkrankungen, Pflegebedürftige und Kleinkinder. Einige Gemeinden bieten sogar ein „Hitzetelefon“ oder Hitzepatenschaften für besonders gefährdete Menschen an.
Zu wenig Koordination, zu wenig Ressourcen
Ein zentrales Ergebnis der Umfrage ist: Es fehlt häufig an Personal, Geld und klaren Zuständigkeiten. Selbst aktive Kommunen sehen das als Hindernis, um Maßnahmen auszubauen. Oft gibt es keine Koordinierungsstelle – oder sie ist nur nebenher mit dem Thema befasst. Auf Gemeindeebene ist meist die Verwaltungsspitze zuständig, auf Kreisebene das Gesundheitsamt.
Auch bei der Evaluation hapert es: Nur ein Bruchteil der Kommunen überprüft, wie effektiv die Maßnahmen tatsächlich sind. Viele Maßnahmen stehen zudem isoliert für sich – ein strategisches Vorgehen mit klaren Aufgaben und Akteursvernetzung fehlt. Dabei sieht das neue Bundes-Klimaanpassungsgesetz solche Hitzeaktionspläne ausdrücklich vor.
Kommunen brauchen mehr Unterstützung
Die Umfrage zeigt: Es gibt viele gute Ansätze – aber keinen flächendeckenden Schutz. Besonders im Ländlichen Raum ist Hitzeschutz oft abhängig vom Engagement Einzelner. Das Land plant bereits, das eigene Klimaanpassungsgesetz zu überarbeiten und Förderstrukturen anzupassen. Entscheidend wird sein, dass Kommunen dabei nicht allein gelassen werden – denn die nächste Hitzewelle kommt bestimmt.
Rahmenbedingungen zu Klimawandel und Gesundheit in Baden-Württemberg
Baden-Württemberg hat bereits 2015 eine Klimaanpassungsstrategie (PDF) erarbeitet, die 2023 fortgeschrieben wurde. Das Gesundheitsministerium ist dabei für das Handlungsfeld Gesundheit zuständig und identifizierte die Themen gesundheitlicher Hitzeschutz und von Mücken übertragbare Infektionskrankheiten als besonders dringend. Aktuell wird vom Umweltministerium das Klimaschutz- und Klimaanpassungsgesetz Baden-Württemberg vor dem Hintergrund des bundesweiten Klimaanpassungsgesetzes (KAnG) überarbeitet. Das KAnG sieht unter anderem vor, dass Kommunen Klimaanpassungskonzepte erarbeiten sollen, die auch Maßnahmen zum Hitzeschutz beinhalten sollten. Die ehemalige Bund/Länder-Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des Klimawandels (GAK)“ empfiehlt die Erstellung kommunaler Hitzeaktionspläne (BMUV, 2017) (PDF). Ein kommunaler Hitzeaktionsplan ist ein wirksames Instrument, um auf hitzebedingte Gesundheitsrisiken zu reagieren und diese zu verringern.