Das sagt der kommunale Finanzreport 2021 über die Kommunen in Baden-Württemberg
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Kommunaler Finanzreport 2021: Zukunftsinvestitionen werden zur Herausforderung

Dank historischer Finanzhilfen und einer stabilen Situation vor der Corona-Krise sind die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg gut durch das erste Jahr der Pandemie gekommen. Das zeigt der Kommunale Finanzreport 2021. Der Gemeindetag Baden-Württemberg mahnt, der Report zeige ebenfalls, dass ähnliche Hilfen auch in den nächsten Jahren nötig sein werden, um Zukunftsinvestitionen möglich zu machen.

Die absoluten Zahlen zeigen, dass die baden-württembergischen Kommunen gut durch das erste Jahr der Pandemie gekommen sind. Das liegt maßgeblich an den Ausgleichszahlungen durch Bund und Land. Vergleiche zum Vorjahr machen außerdem deutlich, dass die gute Situation vieler baden-württembergischer Kommunen vor der Corona-Pandemie sich deutlich verschlechtert hat. Ihnen brachen im Jahr 2020 über 1,5 Milliarden Euro allein in Steuereinnahmen weg. Die vielen Mehrausgaben kamen noch obendrauf. Das zeigt der kommunale Finanzreport 2021.

Höchste Verluste bei den Steuereinnahmen

Bei den Pro-Kopf-Steuereinnahmen haben die baden-württembergischen Kommunen die höchsten Verluste im Vergleich aller Flächenländer zu verzeichnen. Um 106 Euro pro Kopf fielen diese geringer aus. Mit einem Minus von sieben Prozent kommen die baden-württembergischen Kommunen auf 1.410 Euro pro Kopf und rangieren damit trotzdem auf Platz drei der höchsten Steuereinnahmen. 

Anstieg der Kassenkredite

Nach wie vor haben die baden-württembergischen Kommunen im Ländervergleich mit am wenigsten Kassenkredite aufnehmen müssen. Nur die Städte und Gemeinden in Bayern und Sachsen-Anhalt haben pro Kopf geringere Kassenkredite. Trotzdem sind die Kassenkredite der baden-württembergischen Kommunen von 2019 auf 2020 um 23,6 Prozent auf 653 Millionen Euro gestiegen. Zum Vergleich: Die nordrhein-westfälischen Kommunen haben mit 24,1 Milliarden Euro die höchsten absoluten und dritthöchsten Pro-Kopf-Kassenkredite der Flächenländer. 

Hoher Kommunalisierungsgrad der Ausgaben

Die Gesamtausgaben pro Kopf liegen in den baden-württembergischen Kommunen mit 4.064 Euro am zweithöchsten nach Nordrhein-Westfalen. Das lässt sich laut der Studie jedoch leicht begründen: Der Kommunalisierungsgrad der Ausgaben liege in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen deutlich am höchsten. 

Höchster Anstieg der Investitionsausgaben

Gemeinsam mit den bayerischen Städten und Gemeinden liegen die baden-württembergischen an der Spitze bei den Investitionsausgaben. Geht es um den Anstieg der Investitionsausgaben, so liegen die Südwestkommunen mit 156 zusätzlichen Euros pro Kopf deutlich am höchsten. Die befürchteten Kürzungen der kommunalen Investitionen durch die Corona-Krise ist demnach im Jahr 2020 nicht eingetreten. 

Hohe Zuweisungen durch Gewerbesteuerausgleich

Das liegt maßgeblich an den zusätzlichen Zuweisungen, die die Kommunen von Bund und Land im ersten Corona-Jahr erhalten haben. Die Veränderung der Zuweisungen fällt aufgrund der Corona-Unterstützungsleistungen ungewöhnlich hoch aus. Da den Kommunen alle Gewerbesteuermindereinnahmen ausgeglichen wurden, sind es besonders die gewerbesteuerstarken Kommunen, die 2020 hohe Zuweisungen erhalten haben. So konnten auch die baden-württembergischen Kommunen von hohen Zuweisungen profitieren. 

Nach Hessen höchster Schuldenanstieg

Die Pro-Kopf-Schulden der Kommunen haben sich in Baden-Württemberg nach Hessen am stärksten erhöht. Sie sind um 85 Euro pro Kopf gestiegen. Dennoch sind die absoluten Schulden der Kommunen im Ländervergleich weiterhin niedrig. Bei einer Gesamtverschuldung von 841 Euro pro Kopf weisen nur die Städte und Gemeinden in Brandenburg und Sachsen-Anhalt eine niedrigere Verschuldung auf. 

Fazit des Finanzreport 2021: 23 Mrd Euro Defizit für deutsche Kommunen erwartet

Der Finanzreport der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass die finanziellen Hilfen durch Bund und Land Defizite in den kommunalen Haushalten verhindern konnten. Gleichzeitig zeigt der Report deutlich, dass Mindereinnahmen und hohe Ausgaben für die Kommunen im Land ohne Hilfeleistungen schwerwiegende Engpässe bedeutet hätten. Daher fällt der Ausblick der Studienautoren auch - trotz eines insgesamt guten Haushaltsjahres 2020 - wenig positiv aus. Sie gehen davon aus, dass die Ausgaben der Kommunen corona-bedingt weiter steigen werden. Auch die Steuereinnahmen werden in den nächsten Jahren niedrig bleiben und sich erst mittelfristig wieder auf ein ähnliches Niveau wie vor der Corona-Pandemie bewegen. Die Autoren rechnen bis 2024 bundesweit mit einem Defizit von 23 Milliarden Euro für die Kommunen. Finanzielle Engpässe der Städte und Gemeinden seien auch in den nächsten Jahren nur mit Stabilisierungshilfen durch Bund und Länder zu verhindern. 

Gemeindetag Baden-Württemberg sieht Zukunftsinvestitionen gefährdet

Die Hilfen des letzten Jahres für die Kommunen bewertet auch der Gemeindetag Baden-Württemberg als positiv. Diesen müssten jedoch auch fortgeführt werden. „Der Kommunale Finanzbericht 2021 der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass die Stabilisierung der Kommunalfinanzen durch Bund und Land notwendig war", sagt Verbandspräsident Steffen Jäger. "So konnten die Städte und Gemeinden im Jahr 2020 die Mehrausgaben schultern und weiterhin investieren. Auch das kürzlich gefundene Ergebnis der Gemeinsamen Finanzkommission zwischen Land und Kommunen für den Nachtragshaushalt 2021 bringt den Kommunen im Land etwas mehr Planungssicherheit. Im Ausblick des Finanzreports wird jedoch ebenfalls deutlich, was der kommunalen Handlungsfähigkeit als Folge der Pandemie droht. Die Erfüllung des seitherigen Aufgabenportfolios wird in vielen Kommunen nicht mehr auf Grundlage eines ausgeglichenen Haushalts zu bewältigen sein. Die Finanzierung notwendiger Zukunftsinvestitionen ist vielerorts mit der aktuell zu erwartenden Einnahmensituation eine riesige Herausforderung.“