Die Jugendfeuerwehr Heroldstatt übt einen Löschangriff
Die Jugendfeuerwehr Heroldstatt übt einen Löschangriff.
© Jugendfeuerwehr Heroldstatt

Jugendfeuerwehr: Knoten üben mit Haribo-Schlangen

Wie baut man eine Jugendfeuerwehr komplett neu auf? Patrick Bröckel und seine Mitstreiter in Heroldstatt machten die Abteilung der 3.000-Einwohner-Gemeinde auf der Blaubeurer Alb aus dem Stand zu einer der größten der Region. Im Gespräch mit die:gemeinde gibt der Jugendfeuerwehrwart Einblicke in das Erfolgsrezept.

30 Jugendliche aus Heroldstatt saßen im vergangenen Lockdown gezwungenermaßen zu Hause. Allerdings verbrachten sie ihre Zeit nicht vor dem Fernseher oder dem Smartphone, sondern waren eifrig damit beschäftigt, alte Seilstücke und Haribo-Schlangen möglichst fachgerecht zu verknoten. Denn später sollten die Mitglieder der Jugendfeuerwehr ihre Werke in einer Online-Übung präsentieren und die Ergebnisse mit ihren jungen Kameraden und Jugendfeuerwehrwart Patrick Bröckel besprechen. Bröckel und sein Team haben sich verschiedene Übungen für die Lockdown-Zeit ausgedacht, um die jungen Feuerwehrleute bei der Stange und ihre Begeisterung hochzuhalten, während sie nicht im klassischen Sinn aktiv werden konnten. Die Übungspakete mit Stücken alter Seile und Haribo-Tüten fuhr Bröckel eigenhändig aus und warf sie in die Briefkästen der Jugendlichen. „Wir haben eine Bildanleitung erstellt und erklärt, welcher Knoten für welchen Einsatzfall benötigt wird“, erklärt er die kreative Intervention.

Die Mitglieder der Jugendfeuerwehr Heroldstatt üben Feuerwehrknoten mit Haribo-Schlangen
Feuerwehrknoten üben in Corona-Zeiten - Mit Weihnachtsdeko und Süßigkeiten

Dorfrallye und Weihnachtsmützen für die Jugendfeuerwehr

Das Team ließ sich noch mehr einfallen: So veranstaltete es eine Dorfrallye mit Fragen zu markanten Punkten in Heroldstatt. „Die Jugendlichen mussten die Punkte ablaufen und die Fragen beantworten. Die Antworten haben wir dann auch wieder in der folgenden Online-Übung besprochen“, sagt Bröckel. Eine wichtige Übung in Ortskenntnis, die zur Arbeit in der Feuerwehr unverzichtbar dazugehört. An Weihnachten ließ Bröckel Mützen mit dem Feuerwehr-Logo für die Jugendlichen stricken. Es ist dieses über die klassischen Einsatzübungen hinausgehende Engagement, das die Heroldstätter Jugendfeuerwehr innerhalb weniger Jahre zu einer schlagkräftigen Truppe gemacht hat, ist sich Patrick Bröckel sicher: „Ich denke, der Mix aus Feuerwehrtechnik und allgemeiner Jugendarbeit macht den Erfolg aus. In der Feuerwehr geht es um Teamarbeit, ohne Kameradschaft funktioniert es nicht. Deshalb machen wir viele Teamspiele.“

Eine Weihnachtsfeier für die Jugendlichen sorgt für Präsenz

Und der Spaß darf auch nicht zu kurz kommen: Vor der Pandemie gab es eine Weihnachtsfeier für die Jugendlichen. Um die Jugendkasse aufzubessern, wirkten die jungen Feuerwehrleute beim Christbaumverkauf der örtlichen Gärtnerei mit, verkauften Punsch, Glühwein und heiße Waffeln und präsentierten sich in Jacken mit dem Schriftzug der Jugendfeuerwehr. „Durch solche Aktionen zeigen wir im Ort Präsenz. Das führt unter anderem dazu, dass der eine oder andere Jugendliche nach den Weihnachtsferien zu einem Übungsdienst kommt“, erklärt Bröckel. Im Sommer gehören ausgedehnte Wasserschlachten selbstverständlich zum Programm, anschließendes Grillen inbegriffen.

Schon bei der Gründung der Jugendfeuerwehr ist das Interesse groß

Bereits bei der Gründung im Jahr 2018 zeichnete sich ab, dass die Heroldstätter Jugendlichen regelrecht auf eine Jugendfeuerwehr gewartet hatten. Zu einem ersten Informationsnachmittag kamen direkt knapp 30 Jungen und Mädchen mit ihren Eltern. „Man kann sagen, dass wir überrannt wurden. Da haben wir wohl den richtigen Zeitpunkt erwischt“, erinnert sich Bröckel. An der Veranstaltung nahm der Kreisjugendfeuerwehrwart des Alb-Donau-Kreises teil und gab den zahlreichen Teilnehmern allgemeine Informationen über die Jugendarbeit in der Feuerwehr an die Hand. Bröckel und seine Mitarbeiter stellten ihr Konzept vor, informierten die Jugendlichen über ihre Ziele und gaben den Eltern praktisches Wissen an die Hand – wie die Tatsache, dass die Gemeinde den Jugendlichen die notwendige Ausrüstung zur Verfügung stellt. Vor der Gründung hatten sich die Heroldstätter in anderen Gemeinden umgehört und Erfahrungen anderer Jugendfeuerwehren eingeholt.

Wir haben zuerst Gemeinden mit Erfahrung gefragt, ab welchem Alter die Jugendlichen dort einsteigen, wie oft sie sich treffen, wie lang die Übungsabende dauern. Dann haben wir einen Werbeflyer erstellt und diesen im Gemeindeblatt veröffentlicht, haben Poster für die Bushaltestellen im Ort gestaltet. Auf den Werbematerialien haben wir unter anderem zu dem ersten Informationsnachmittag eingeladen.

Patrick Bröckel, Jugendfeuerwehrwart in Heroldstatt

Patrick Bröckel über die Jugendfeuerwehr in Heroldstatt

Das Interesse am Angebot blieb auch über das erste Treffen hinaus erhalten. Zu den ersten Übungseinheiten seien bis zu 32 Jugendliche gekommen, so Patrick Bröckel. Dann kam Corona und die Zeit der Lockdowns, die auch in Heroldstatt den regelmäßigen Kontakt erschwert hat. Doch trotz einiger Übertritte älterer Jugendliche zur aktiven Feuerwehr konnte die Jugendabteilung ihre Mitgliederanzahl halten. Sobald sie 17 Jahre alt sind, dürfen Jugendliche bereits in der aktiven Einsatzabteilung üben. Im Laufe des 18. Lebensjahrs können sie dann die Grundausbildung für den aktiven Einsatzdienst durchlaufen, damit sie ab ihrem 18. Geburtstag aktiv dabei sein können. Die Übertritte zu den Aktiven bedeuten einen Schwund in der Jugendfeuerwehr, sind laut Bröckel aber nicht als Verlust zu werten. Im Gegenteil: Daran sehe man, dass die ersten Früchte der Jugendarbeit bereits geerntet werden.

Heroldstatt musste dringend den Nachwuchs für die Feuerwehr sichern

Auch vor dem Jahr 2018 hatte man in Heroldstatt lange überlegt, was man tun könnte, um den Nachwuchs für die Feuerwehr zu begeistern. „Aber irgendwie hat sich zunächst niemand so richtig an die Jugendarbeit herangetraut“, sagt Bröckel. Ins Rollen kam die Sache, als ein Feuerwehrbedarfsplan erstellt wurde, aus dem klar hervorging: Heroldstatt muss sich aktiv um die Nachwuchsgewinnung bemühen. „Zusammen mit ein paar Mitstreitern habe ich daraufhin die Jugendfeuerwehr gegründet und bin nun der Jugendfeuerwehrwart bei uns in Heroldstatt“, erzählt Bröckel, der der Feuerwehr selbst 2008 als 19-Jähriger beigetreten war, „sozusagen als Quereinsteiger ohne Vorkenntnisse“, sagt er. Die Jugendarbeit sei auch deshalb wichtig, weil es deutlich schwerer sei, Erwachsene von einem Eintritt zu überzeugen. „Ohne Jugendfeuerwehr bleibt eigentlich nur die Möglichkeit, aktiv auf Leute zuzugehen, durch Mund-zu-Mund-Propaganda zu werben oder Aufrufe über das Gemeindeblatt zu starten“, so Bröckel. Wer dagegen schon von klein auf in die Organisation hineinwachse, bleibe oft auch im Erwachsenenalter dabei. „Es fällt dann leichter, die Bindung zu halten“, sagt Patrick Bröckel.