Gesundheit braucht Räume
Der Investitionsstau bei deutschen Sportstätten ist gewaltig: Laut Deutschem Olympischen Sportbund (DOSB) beträgt er bundesweit rund 31 Milliarden Euro. Umso größer war die Aufmerksamkeit, als die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD Mitte September beschloss, bis 2029 insgesamt eine Milliarde Euro in die Sportinfrastruktur zu investieren. „Da ist viel zu tun. Ich bin aber froh, dass der Einstieg gefunden ist. In den nächsten Jahren werde ich noch öfters drücken, damit es mehr wird“, sagte der neue Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) Otto Fricke der ARD. Der DOSB hofft darauf, dass künftig eine Milliarde pro Jahr in die Sportinfrastruktur fließt und nicht pro Legislatur.
Kommunale Sportstätten Dreh- und Angelpunkt des Vereins- und Schulsports
Er forderte zudem, Länder und Kommunen müssten eigene Mittel beisteuern, um die Sportstätten in die Zukunft zu führen. In Baden-Württemberg geschieht das bereits. In Leingarten zum Beispiel. Die Eichbotthalle ist ein Kind der 1970er-Jahre. 1975 erbaut, war sie über Jahrzehnte hinweg Dreh- und Angelpunkt des Vereins- und Schulsports. Doch die Spuren der Zeit sind unübersehbar. „Die Halle ist stark sanierungsbedürftig“, heißt es aus dem Rathaus.
Marode Oberlichter ließen regelmäßig Feuchtigkeit eindringen, in den Sommerferien traten immer wieder Probleme mit den Wasserleitungen auf, die nur kurzfristig mit einem mobilen Heizgerät behoben werden konnten. Auch die tragenden Holzleimbinder wiesen Risse auf – ein Risiko, das nicht ignoriert werden durfte. Türen, Umkleiden und Eingangsbereich zeigten deutliche Gebrauchsspuren, die Lüftungsanlage musste komplett ausgetauscht werden. Immerhin: Die Beleuchtung wurde bereits auf LED-Technik umgestellt.
"Beitrag zu übergeordneter gesellschaftlicher und gesundheitlicher Ziele"
Für eine Stadt wie Leingarten, die auf ein reges Vereinsleben mit zahlreichen Abteilungen und zwei großen Stammvereinen baut, ist eine Sporthalle mehr als nur ein Gebäude. Sie ist Trainingsort, Treffpunkt, Integrationsraum und Gesundheitsförderer zugleich. Ein Nutzungsausfall hätte weitreichende Folgen für die Schulen und Vereine vor Ort – bis hin zur Gefahr einer kompletten Schließung. „Die Sanierung der Eichbotthalle liegt im besonderen Interesse des Landes und auch der Stadt, da die Halle nicht nur eine zentrale Rolle für den kommunalen Sport spielt, sondern auch zur Förderung übergeordneter gesellschaftlicher und gesundheitlicher Ziele beiträgt“, sagt Bürgermeister Ralf Steinbrenner gegenüber die:gemeinde.
Sanierungen bedeuten eine große finanzielle Anstrengung
Die Kommune entschied sich daher für eine umfassende Sanierung im laufenden Betrieb. „Wir planen so viele Maßnahmen wie möglich auf einmal, um Synergien zu nutzen und die Eingriffe in die Sportaktivitäten zu minimieren“, so Steinbrenner weiter. Die Bedarfe waren über Jahre deutlich geworden. Da eine erneute Förderung immer erst fünf Jahre nach Abschluss einer Maßnahme für dasselbe Objekt möglich ist, stellte die Stadt einen Sammelantrag. „Die Hallen werden ja nicht aus Spaß saniert, sondern immer dann, wenn es notwendig ist. Oft geht das nur Stück für Stück“, so die Verwaltung.
Finanziell bedeutet die Sanierung eine große Anstrengung. Mit Gesamtkosten von rund 1,3 Millionen Euro rechnet die Stadt. Das Land unterstützt das Projekt mit 389.000 Euro aus dem Programm „Förderung Kommunaler Sportstättenbau“. Doch auch hier zeigen sich Schwierigkeiten: „Die Förderbescheide ergehen immer erst im Mai. Ausschreibungen können also erst danach starten, was den Zeitplan enorm unter Druck setzt, wenn die Arbeiten in den Sommerferien stattfinden sollen.“ Ein vorzeitiger Beginn sei nur mit einer schriftlichen Zusicherung möglich, im Falle einer Nichtberücksichtigung auf weitere Anträge zu verzichten. „Wir hätten mehr Spielräume, wenn die Bescheide bereits zum Jahresanfang ergingen“, so die Forderung aus Leingarten.
Die Kritik zeigt ein strukturelles Problem, das viele Kommunen betrifft. Denn der Sanierungsstau bei Sporthallen, Sportplätzen und Bewegungsstätten ist groß. Das Regierungspräsidium Stuttgart verweist auf das Landesprogramm zur Förderung kommunaler Sportstätten, ergänzt um spezifische Bundesprogramme etwa für energetische Sanierungen oder Barrierefreiheit. „Zuwendungen dienen der Errichtung und Erhaltung von Sportstätten für Schulen, Vereine und andere Benutzergruppen“, erklärt eine Sprecherin des Regierungspräsidiums Stuttgart. Voraussetzung sei ein im öffentlichen Interesse liegender Bedarf, die vielseitige sportliche Nutzung sowie die Einhaltung von Bau- und Sicherheitsstandards. Auch Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung: Maßnahmen sollen den anerkannten Grundsätzen des nachhaltigen Bauens Rechnung tragen.
Die Nachfrage nach Förderungen sehr hoch und die Qualitätsanforderungen steigen
In der Regel beträgt die Förderquote 30 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben. Wie hoch die Zuwendung konkret ausfällt, hängt von Pauschalbeträgen ab, die je nach Art der Sportstätte unterschiedlich sind. Unterschieden wird zwischen Sporthallen, Sportfreianlagen und Umkleidegebäuden. 2025 stehen landesweit rund 17,3 Millionen Euro für die Förderung zur Verfügung, womit 112 kommunale Projekte unterstützt werden können. „Die Nachfrage ist sehr hoch, weil viele Anlagen in die Jahre gekommen sind und die Anforderungen an Energieeffizienz und Barrierefreiheit steigen“, so die Sprecherin.
Tatsächlich hat sich die Art der Anträge in den vergangenen Jahren verändert. Während früher vor allem kleinere Sanierungen im Vordergrund standen, gehen Kommunen heute vermehrt größere, komplexe Projekte an – inklusive Neubauten. Energetische Maßnahmen spielen dabei eine zentrale Rolle, von der Umrüstung auf LED-Beleuchtung bis zu Dachsanierungen. Auch Barrierefreiheit ist ein wichtiges Kriterium.
Bürokratische Abläufe in der Kritik
Trotz der hohen Nachfrage konnte das Land seit 2021 alle förderfähigen Anträge bewilligen. In den Jahren davor war das Programm häufig überzeichnet. Dennoch sei der Sanierungsbedarf weiter erheblich, betont das Regierungspräsidium. „Eine kontinuierliche und zielgerichtete Förderung ist auch künftig erforderlich, um die notwendige Modernisierung sicherzustellen.“ Für die Kommunen geht es dabei nicht nur um Sport, sondern um mehr: gesellschaftlichen Zusammenhalt, Gesundheit und Teilhabe. In Leingarten erhofft man sich vor allem eines: „Dass die zuverlässige Nutzung der Halle gesichert ist und wir keine weiteren Sperrungen beklagen müssen“, sagt Bürgermeister Steinbrenner. Weitere Neubauten sind derzeit nicht beschlossen – doch der Sanierungsbedarf wird die Kommune auch in Zukunft begleiten.
Die Rückmeldungen aus Leingarten machen deutlich, wie stark die bürokratischen Abläufe den Handlungsspielraum der Kommunen einschränken können. Gerade die Sperrfrist von fünf Jahren für neue Förderanträge sei problematisch. Dass Kommunen erst Jahre warten müssen, bis sie wieder Mittel beantragen dürfen, führt zu Flickwerk und verhindert eine strategische Modernisierung. Auch die späte Bewilligung der Mittel belastet die Abläufe erheblich. Denn viele Arbeiten lassen sich sinnvoll nur in den Ferien umsetzen, wenn Schulen und Vereine pausieren – ein enger Zeitkorridor, der mit verspäteten Bescheiden kaum vereinbar ist.
Neben der rein sportlichen Nutzung haben Hallen und Plätze noch eine andere, oft unterschätzte Funktion: Sie sind zentrale Begegnungsorte für Kinder und Jugendliche, für Familien, für den Vereinssport ebenso wie für das Ehrenamt. Gerade in Zeiten, in denen Bewegungsmangel zunimmt, sind kommunale Sportstätten unverzichtbar. Ihre Sanierung ist daher weit mehr als eine bauliche Maßnahme – sie ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft.
--
Weitere Informationen zu aktuellen Förderungen lesen Sie hier.
Hilfreiche Informationen zur Förderung bietet die Webseite „Sportstättenrechner“.
