Das planen die Grünen für den Ländlichen Raum
Ihr Positionspapier beginnen die Grünen mit einem Bekenntnis zum Ländlichen Raum. „Die in der öffentlichen Debatte oft vereinfachende Gegensätzlichkeit von Stadt und Dorf hat eine Unwucht. Denn tatsächlich leben die meisten Menschen in unserem Land weder in der Großstadt noch im Dorf, sondern in den Klein- und Mittelstädten in ländlichen Räumen. Und der Ort allein sagt wenig über die Erfahrungen und Biografien der Menschen – auch nicht, ob sich ihre Hoffnungen und Perspektiven überhaupt unterscheiden“, schreiben die Autorinnen und Autoren des Papiers. Ländliche Räume prägten das Land, nicht der vermeintliche Gegensatz von Großstadt oder Dorf. Deshalb verdiene die Kraft der ländlichen Räume mit ihren kleinen Gemeinden und mittelgroßen Städten mehr Sichtbarkeit - und Unterstützung für Daseinsvorsorge, Infrastrukturen und gesellschaftliche Teilhabe.
„Renaissance der kommunalen Selbstverwaltung“ durch Erneuerbare Energien?
Die Fraktion romantisiert den Ländlichen Raum jedoch nicht, sondern attestiert ihm konkretes Transformationspotenzial auf verschiedenen Themengebieten. So zum Beispiel bei der Energiewende. „Energiewende von unten wird zum Aufbruch für das Land. Der dezentrale Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine massive wirtschaftliche Chance für Kommunen, Bürgerinnen und Bürger und ganze Regionen. Und sie können zu einer Renaissance der kommunalen Selbstverwaltung führen“, schreiben die Autorinnen und Autoren. Unter anderem will sich die Partei dafür einsetzen, dass die Standortkommunen von der Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien profitieren und so eigene finanzielle Spielräume zurückgewinnen. „Eigene Mittel stärken die Innovationskraft und die Demokratie vor Ort besser als jedes Förderprogramm. Denn die besten Expertinnen und Experten für das, was vor Ort gebraucht wird, sitzen in den Gemeinden“, heißt es im Papier. Außerdem will die Partei, dass Bürgerinnen und Bürger noch stärker von der Energiewende profitieren.
Genehmigungsprozesse sollen beschleunigt werden
In der Ansiedlung Erneuerbarer Energien sieht die Partei „das Standortargument des 21. Jahrhunderts“. „Die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien wird immer mehr zum Standortfaktor für die Ansiedlung von Unternehmen und bringt dadurch attraktive neue Jobs. Ländliche Regionen bieten dafür ganz besondere Chancen. Wir entbürokratisieren und beschleunigen die Genehmigungsprozesse für den Bau von Erneuerbaren für Unternehmen, die sich günstig selbst versorgen wollen. Wir wollen Länder und Kommunen dabei unterstützen, die nötigen Flächen schnellstmöglich auszuweisen und das bundesweite Zwei-Prozent-Ziel für Windkraftflächen zu erreichen“, schreiben die Autorinnen und Autoren.
Frage nach Ernährungssicherheit angesichts Strukturwandel
Eine lange Passage widmen die Autorinnen und Autoren der Frage danach, wie die Ernährungssicherheit im Ländlichen Raum dauerhaft garantiert werden kann. Sie konstatieren dabei zunächst, dass die Lebensmittelwirtschaft von einem starken Strukturwandel erfasst sei, „in dessen Folge viele handwerklich geprägte Verarbeitungsunternehmen und Nahversorgungsbetriebe wie Bäckereien, Fleischereien, Mühlen und Dorfläden, den Betrieb einstellen mussten.“ Aber gerade in Krisen sehe man, wie wichtig eine dezentrale Nahversorgung auch in ländlichen Regionen sei. „Regionale Wertschöpfungsketten und eine Ernährungsstrategie, die Vielfalt und Regionalität nach vorne stellt, sind Teil der Antwort. Wir nehmen kleine Unternehmen in den Blick, wenn es ums Abfedern der hohen Energiepreise geht“, schreiben sie.
Nachhaltiger Tourismus soll regionale Wertschöpfung steigern
Die Grünen wollen außerdem den Tourismus im Ländlichen Raum stärken. Natur- und Umweltschutz soll dazu beitragen. „Die Nationale Tourismusstrategie der Bundesregierung hat nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Tourismus als Schwerpunkt. Gerade der Landtourismus hat in den vergangenen Jahren einen Aufwuchs erfahren, weil die Menschen den Einklang von aktiver Erholung, der unmittelbaren Erfahrung zum Beispiel von nachhaltiger Lebensmittelerzeugung und dem Erlebnis in der Natur immer mehr schätzen. Durch touristische Angebote wird zusätzlich die regionale Wertschöpfung in anderen Branchen gestärkt, von Gastronomie und Lebensmittelhandwerk bis hin zu Angeboten aus Kultur, Gesundheit, Wellness und Erholung. Auch dazu leistet das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz einen zentralen Beitrag.“ Für eine dauerhafte und nachhaltige Wertschöpfung durch den Tourismus in ländlichen Räumen sei es zudem auch erforderlich, gute Schienenanbindungen zu ermöglichen, mehr barrierefreie Angebote zu schaffen, Besucherinnen und Besucher stärker zu lenken und Regionen übergreifende Tourismusziele zu erschließen.
E-Ladeinfrastruktur in kleinen und mittelgroßen Städten
In Sachen Mobilität brechen die Grünen eine Lanze für das Auto, gekoppelt allerdings an ein erwartbares Plädoyer für den Umstieg auf Elektroantrieb: „Auch das Auto wird weiter gebraucht. Der Umstieg auf Elektroautos macht uns unabhängig von Weltmarktpreisen für Öl. Gerade auf dem Land mit oftmals guten privaten Lademöglichkeiten sind die Bedingungen für Elektroauto, E-Bike und Pedelec sehr günstig. Mit der Kombination von Solaranlage, Speicher und Wallbox am eigenen Haus wird aus dem eigenen Dach eine verlässliche und kostengünstige Tankstelle. Die Ampel-Koalition legt hierfür aktuell zielgerichtete Förderprogramme auf. Daneben fördern wir den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur gerade in Klein- und Mittelstädten und abseits der Autobahnen.“ Große Stücke halten die Grünen erwartungsgemäß auf das 49-Euro-Ticket, dessen Einführung ein „riesiger Schritt“ gewesen sei. „Mit dem 49- Euro-Ticket wird die Bahn für viele erstmals überhaupt zu einer Option für den Alltag. Regionalbuslinien, die Reaktivierungen von Bahnstrecken und mehr Rufbusse und Sharing-Angebote vor Ort schaffen auch auf dem Land mehr Alternativen abseits vom Auto.“ Im weiteren befassen sich die Grünen mit der Gesundheitsversorgung im Ländlichen Raum, mit der (digitalen) Infrastruktur und mit mehr Bürgerbeteiligung.