Wie bereiten sich Kommunen auf einen Blackout vor?
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Was tun, wenn plötzlich das Licht ausgeht?

Großflächige, mehrtägige Ausfälle des Stromnetzes hat es in Baden-Württemberg in der Vergangenheit nicht gegeben. Kurzfristige und regionale aber durchaus. Künftig könnten Blackouts zunehmen. Nicht zuletzt auch Extremwetterereignisse häufiger werden. Wo finden Kommunen Orientierung, was im Ernstfall zu tun ist?

Zwei Stunden Stromausfall sind eine lange Zeit in einer Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, die zunehmend digital vernetzt ist. So lange dauerte der Mini-Blackout, der Nürtingen im Landkreis Esslingen im vergangenen Oktober traf. Ausgelöst hatte ihn ein Schmorbrand in einem Umspannwerk. In der Zeit erlebte die Bevölkerung, was passiert, wenn eine Grundlage unserer Gesellschaft plötzlich fehlt. Ampelanlagen fielen aus, es kam zu Staus. Zapfsäulen funktionierten nicht mehr, der Mobilfunk nur noch auf Sparflamme. In Geschäften lief ohne elektronische Bezahlmöglichkeiten fast nichts mehr. Eine Klinik musste laufende Operationen einstellen und geplante absagen. 

Blackouts in Deutschland und der Welt

Der Vorfall in Nürtingen war noch vergleichsweise harmlos. Im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick kam es vor fünf Jahren zum großflächigsten und längsten Stromausfall seit Jahrzehnten. Ausgelöst wurde er von Bauarbeiten. Insgesamt brauchte der Stromversorger 31 Stunden, um alle Häuser wieder mit Strom zu versorgen. Das „Münsterländer Schneechaos“ schnitt im Jahr 2005 hunderttausende Menschen in Nordrhein-Westfalen von der Stromversorgung ab. Noch größere Dimensionen haben Blackouts in Übersee. Vom „Northeast Blackout“ im Jahr 2003 waren in den USA und Kanada 55 Millionen Menschen betroffen.  

Was sind die Konsequenzen bei einem Blackout?

Kommt es in Kommunen zu Blackouts, können die Folgen erheblich sein: Kritische Infrastrukturen wie Krankenhäuser, Wasser- und Abwassersysteme, Verkehrsleitsysteme und Kommunikationsnetze fallen aus, was die öffentliche Sicherheit und Gesundheit gefährdet. Geschäfte und Unternehmen müssen schließen, was zu wirtschaftlichen Verlusten führt. Zudem können Heizungen und Kühlanlagen ausfallen, was besonders in extremen Wetterlagen gefährlich ist. Ein Blackout führt unter Umständen auch zu Panik und sozialen Unruhen, da die Bevölkerung ohne Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Licht, Heizung und Kommunikation ist. Es ist daher wichtig, dass Kommunen Notfallpläne und Backup-Systeme haben, um im Falle eines Blackouts schnell und effektiv reagieren zu können.

Kommunen brauchen einen Notfallplan Stromausfall

Ein Notfallplan Stromausfall hilft die nötige Vorbereitung zu treffen und im akuten Fall schnell und effektiv zu reagieren. Der Notfallplan Stromausfall baut dabei auf der allgemeinen Krisenplanung der jeweiligen Stadt oder Gemeinde auf. Diese ist Voraussetzung für einen funktionierenden Notfallplan Stromausfall. Zum Rüstzeug für die Städte und Gemeinden gehören zuallererst bedarfsgerechte Konzepte und Handreichungen. Diese hat das Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg entwickelt, wie ein Sprecher auf Anfrage von die:gemeinde mitteilt. Ziel sei es, für Krisenzeiten zu sensibilisieren und Städte und Gemeinden konkret vorzubereiten. Dabei verweist der Sprecher auf das „Krisenhandbuch Stromausfall“, das das Innenministerium bereits im Jahr 2010 zusammen mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) herausgegeben hat. „Es ist eine bis heute aktuelle Planungsgrundlage für die bei einem Stromausfall besonders betroffenen öffentlichen und privaten Akteure.“ 

Das Krisenhandbuch Stromausfall kann bei einem Notfallplan helfen

Das Handbuch ist in sechs Kapitel gegliedert. Die Autorinnen und Autoren geben zunächst einen Überblick über die Stromversorgung in Baden-Württemberg und nennen mögliche Ursachen für Stromausfälle. Sie klären über rechtliche Grundlagen auf und skizzieren Merkmale und Akteure des Krisenmanagements. In weiteren drei Kapiteln geht es um effektive Strategien externer Krisenkommunikation und um die Auswirkungsanalyse und Entscheidungsunterstützung im Krisenmanagement. Zuletzt geben die Expertinnen und Experten eine Übersicht über Planungshilfen und Maßnahmenbeschreibungen. Dabei unterscheiden sie zwischen Maßnahmen zur Vorsorge von Stromausfällen und Vorbeugung negativer Stromausfallfolgen, Maßnahmen zur Krisenbewältigung bei einem Stromausfall und Maßnahmen zur Nachbereitung von Stromausfällen.  

Wie detailliert die Handreichung ist, zeigt das Beispiel möglicher Auswirkungen von Blackouts auf die Trinkwasserversorgung. Die Autorinnen spielen den Fall anhand von drei Szenarien durch. Im ersten Szenario liegt die Dauer des Ausfalls unter acht Stunden. Mögliche Auswirkungen sind in diesem Szenario Kapazitätsprobleme bei der Notstromversorgung, der Ausfall notstromversorgter Pumpen, der Abfall des Wasserdrucks, der Ausfall externer Kommunikationsnetze oder die Einschränkung der Verwaltungstätigkeiten. Im zweiten Szenario – einem Ausfall, der zwischen acht und 24 Stunden dauert – können auch batteriegepufferte Betriebstelefonanlagen und Überwachungseinrichtungen sowie das interne Funknetz ausfallen. In Szenario C, das eine Ausfalldauer von mehr als 24 Stunden voraussetzt, können Speicheranlagen nicht mehr gefüllt werden, in der Notstromversorgung kommt es nach fünf Tagen zu Treibstoffmangel und bei der Löschwasserversorgung treten Probleme auf. Das Krisenhandbuch habe man vier Jahre später durch eine weitere Publikation ergänzt, so der Sprecher. 

Für die Gemeinden gibt es einen Musternotfallplan Stromausfall

Der „Musternotfallplan Stromausfall“ ist speziell für Gemeindeverwaltungen konzipiert und praxisorientiert geschrieben. Eine weitere Ergänzung folgte vor zwei Jahren. „Im Jahr 2022 hat das Innenministerium Baden-Württemberg den Kommunen als weitere Handreichung eine ‚Checkliste Stromausfall‘ zur Verfügung gestellt, die die Kommunen dabei unterstützt, ihre Vorbereitungen auf einen längerdauernden großflächigen Stromausfall, einen ‚Blackout‘, zu überprüfen, gegebenenfalls erforderliche Ergänzungen zu planen und zu veranlassen“, so der Sprecher.

Im selben Jahr veröffentlichte das Ministerium eine Rahmenempfehlung zur Vorbereitung und Einrichtung sogenannter „Notfalltreffpunkte“, die Gemeinden im Fall längerer Stromausfälle einrichten können. „Darin empfehlen wir den Kommunen, mit den Notfalltreffpunkten eine Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort zu schaffen, an der eine einfache Versorgung mit Lebensmitteln und Strom, aber auch mit den nötigen Informationen möglich ist“, erklärt der Sprecher. 

Darüber hinaus sollen Notfalltreffpunkte die Möglichkeit bieten, Notfallmeldungen zu machen, falls Telefonate nicht mehr möglich sind. „Im Ernstfall werden sich Bürgerinnen und Bürger zunächst vor Ort, in ihren Gemeinden, nach Hilfe umsehen. Die Notfalltreffpunkte sollen daher Orte sein, an denen die Menschen – direkt vor Ort – einen sicheren Anlaufpunkt haben. Zum Beispiel um eine Information und Verhaltenstipps für die aktuelle Lage zu erhalten oder einfach nur um das Mobiltelefon aufzuladen“, erklärt der Sprecher. Die Rahmenempfehlung diene der Vorbereitung auf die Situation. Die Kommunen entscheiden selbst darüber, wie sie die Treffpunkte konkret gestalten.