13 Tipps für den schnelleren Ausbau Erneuerbarer Energien
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13 konkrete Vorschläge für den Ausbau Erneuerbarer Energien

7. Februar 2022
Die kreisangehörigen Gemeinden und Städte in Baden-Württemberg unterstützen die ambitionierten Ziele der Landesregierung wie auch der Bundesregierung beim Klimaschutz und bei der Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien sei „nicht ohne Zumutungen“ zu haben, sagte Minister Robert Habeck dazu im Dezember. Deshalb hält es der Gemeindetag Baden-Württemberg für entscheidend, alle betroffenen Akteure vor Ort im Rahmen eines konsensualen Verfahrens frühzeitig einzubeziehen und zusammenzubringen. Dies treffe insbesondere auf die durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien betroffenen Kommunen und die Bevölkerung zu. Vor allem durch passende Anreize kann aus Sicht des Gemeindetags Baden-Württemberg eine breitere Zustimmung, aktive Unterstützung oder zumindest ein größeres Verständnis geschaffen werden, damit der Ausbau Erneuerbarer Energien beschleunigt werden kann. Der Verband macht Bund und Land 13 konkrete Vorschläge dazu.

Vorschlag 1:

Ausgleich über Flexibilität bei Flächenverbrauch für Wohnen & Gewerbe 

Gedanke: 

Vor dem Hintergrund der besonderen Inanspruchnahme der ländlichen Räume zur Schaffung der EE-Anlagen ist es wichtig, darauf hinzuwirken, gerade in den besonders betroffenen Gemeinden Anreize zu schaffen, dass dort auch der Flächennutzung durch Wohn- und Gewerbebebauung eine höhere Flexibilität eingeräumt wird. Es sollte unter allen Umständen verhindert werden, dass es zu „guter“ (Erneuerbare Energien) und „schlechter“ (Wohnen und Gewerbe) Flächennutzung und damit einhergehend zu einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft vor Ort kommt und keinesfalls zur gewünschten Akzeptanz. 

Deshalb muss gelten: 

Überdurchschnittlich in Anspruch genommene Raumschaften erhalten höhere Flexibilität bei der Ausweisung von Wohn- und Gewerbeflächen in Regional- und Flächennutzungsplänen als Anerkennung für die höhere Belastung durch die Anlagen für Erneuerbare Energien. 

Vorgeschlagene Regelung: 

Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen auf Landesebene für eine Flexibilisierung der Regional- und Flächennutzungsplanung in vom Ausbau Erneuerbarer Energien betroffenen Raumschaften zu Gunsten der Wohn- und Gewerbebebauung. 

Vorschlag 2:

Zuweisung aus für CO2-Bepreisung generierten Finanzmitteln für jede auf kommunaler Gemarkung erzielte Stromeinheit Erneuerbarer Energien 

Gedanke: 

Die konsequente Umsetzung der Klimaschutzstrategie wird Belastungen mit sich bringen. Insbesondere die Schaffung der notwendigen Menge an dezentralen Energieerzeugungsanlagen wird nicht gleichmäßig über das Land verteilt erfolgen können. Es muss deshalb darum gehen, den Kommunen, die eine solche Belastung zu tragen haben, einen adäquaten Ausgleich zu gewähren. Dies kann über die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung gelingen. Denkbar wäre, dass Kommunen für jede auf ihrer Gemarkung erzeugte Stromeinheit aus Erneuerbaren Energien eine Zuweisung aus den über die CO2-Bepreisung generierten Finanzmitteln erhalten. Ein solches System kann – gerade auf Grundlage eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses für Klimaschutz – eine positive Wettbewerbssituation auslösen („Wir machen Klimaschutz und werden dafür belohnt!“). 

Vorgeschlagene Regelung: 

Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen auf Bundesebene für einen entsprechenden Ausgleichsmechanismus 

Vorschlag 3:

Einführung von Erneuerbare-Energien-Punkten 

Gedanke: 

Die Flächennutzung durch EE-Anlagen wird vor allem in den ländlichen Räumen stattfinden. Dabei sollte gelten: Wer als Gemeinde überobligationsmäßig Flächen für die Energiewende bereitstellt, sammelt dadurch Erneuerbare-Energien-Punkte (Verteilungsmaßstab basierend auf erzeugter Energie oder installierter Leistung), die dann einen Fördervorrang in bestehenden Programmen oder einen Finanzierungsvorrang bei begrenzten Haushaltsmitteln des Landes begründen. 

Vorgeschlagene Regelung: 

Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen auf Landesebene für die Einführung eines entsprechenden Ausgleichsmechanismus zu Gunsten betroffener Kommunen. 

Vorschlag 4:

Gewerbesteuerzerlegung zu Gunsten von Standortgemeinden verbessern – auch bei Unternehmen mit weiteren Geschäftsfeldern neben EE-Anlagen

Gedanke: 

§ 29 Abs. 1 Nr. 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) regelt den Zerlegungsmaßstab bei Betrieben, die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sowie Wärme aus Windenergie und solarer Strahlungsenergie betreiben. Entgegen einer früher geltenden Regelung wird nunmehr vereinfacht ausgedrückt der Gewerbesteuermessbetrag zu zehn Prozent nach Arbeitslöhnen (vorwiegend am Sitz des Unternehmens) und zu 90 Prozent nach installierter Leistung (im Verhältnis Standortgemeinde zu allen Betriebsstätten von EE-Anlagen des Betreibers) zerlegt. Problematisch an der Regelung ist das Wort „ausschließlich“, da die benannte günstigere Zerlegung für Standortgemeinden damit nur für Unternehmen/Gesellschaften gilt, die nur EE-Anlagen betreiben. Für Gewerbebetriebe, die neben den genannten EE-Anlagen weitere Geschäftsfelder betreiben (zum Beispiel auch Wasserkraftwerke), gilt der Standard-Zerlegungsmaßstab der Arbeitslöhne (Verhältnis anfallender Arbeitslöhne aller Betriebsstätten zu anfallenden Arbeitslöhnen in der Standortgemeinde), der bei den Standortgemeinden mit EE-Anlagen regelmäßig keine, wenn überhaupt, dann nur sehr geringe Gewerbesteuereinnahmen generiert. 

Vorgeschlagene Regelung: 

Das Wort „ausschließlich“ in § 29 Abs.1 Nr. 2 Satz 1 GewStG wird vom Bundesgesetzgeber gestrichen und durch eine Regelung ersetzt, die den Gewerbesteuermessbetrag in einen Teilmessbetrag für die EE-Anlagen und einen Teilmessbetrag für weitere Geschäftsfelder aufteilt, so dass für den Teilmessbetrag der EE-Anlagen der 10/90-Maßstab Arbeitslöhne/installierte Leistung zur Anwendung gelangen kann. Ähnlich wird zum Beispiel bei Unternehmen in der Zerlegung vorgegangen, die neben sogenannten mehrgemeindlichen Betriebsstätten auch weitere Betriebsstätten innehaben. 

Vorschlag 5:

Finanzielle Beteiligung 

Gedanke: 

EE-Anlagen verändern das Landschaftsbild und können auch direkte Auswirkungen auf das Wohn- und Lebensumfeld der Bevölkerung von Standort- und Nachbargemeinden haben. Demzufolge wäre es im Sinne eines Belastungsausgleichs geboten, den betroffenen Bürgern und den betroffenen Kommunen die Möglichkeit zu eröffnen, finanziell von der erzielten Wertschöpfung vor Ort zu profitieren. 

Vorgeschlagene Regelung: 

Das Gesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern (Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz - BüGembeteilG M-V) vom 18. Mai 2016 sieht folgende finanzielle Beteiligungs- und Ausgleichsmechanismen bei der Errichtung von Windparks vor: 

1. Im Rahmen der Errichtung von Windparks wird eine Projektgesellschaft gegründet, an der der lokal betroffenen Bürgerschaft und den betroffenen Kommunen innerhalb eines Umkreises von fünf Kilometern um den Anlagenstandort mindestens 20 Prozent zum Kauf anzubieten sind. 

2. Eine Ausgleichsabgabe für betroffene Gemeinden 

3. Ein Sparprodukt mit einer festen jährlichen Rendite 

Eine entsprechende, verpflichtende Regelung auf Bundesebene wäre zu begrüßen, indem investitionswillige Bürger und Kommunen sich an der Wertschöpfung vor Ort beteiligen könnten, ohne dass dadurch die Wirtschaftlichkeit der Anlagen leidet. 

Wichtig ist dabei die niedrigschwellige Ausgestaltung, sodass auch der breiten Bevölkerung vor Ort eine Beteiligung möglich ist. Gegebenenfalls könnte hier auch eine Form des Crowdfundings zum Einsatz kommen, sodass auch Beteiligungen ab 50 Euro möglich sind. 

Die Regelungen sollten Beteiligungsmöglichkeiten verpflichtend vorsehen und zugleich auch für Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen gelten. 

Vorschlag 6:

Festpreisstrom-Modell (für vor Ort erzeugten und verbrauchten Strom) 

Gedanke: 

Durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien vor Ort werden sich zwangsläufig zumindest die Netzentgelte und damit der Strompreis für alle Verbraucher erhöhen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und nicht diejenigen, welche den Ausbau der Erneuerbaren Energien vor Ort tragen, doppelt zu belasten, wäre ein Festpreis für die Direktabnahme des erzeugten Stroms vor Ort für alle betroffenen Verbraucher geeignet, die entsprechenden stromerzeugenden EE-Anlagen in der Nähe eher zu akzeptieren. Damit würde auch die Identifikation mit den Anlagen gesteigert (Stichwort: „Da kommt unser Strom her!“). 

Vorgeschlagene Regelung: 

In Anlehnung an das Mieterstrommodell, das bei Solaranlagen auf Gebäuden zum Einsatz kommt, wäre es angesichts der steigenden Strompreise eine prüfenswerte Möglichkeit, dass Vorhabensträger beziehungsweise Betreiber von großen EE-Anlagen verpflichtet werden, betroffenen Bürgern, Unternehmen und Kommunen vor Ort ein Festpreisstrom-Modell für eine gewisse Laufzeit (mindestens zehn Jahre) anzubieten. Da zur Verteilung des Stroms zwar vor Ort das Netz der allgemeinen Versorgung genutzt wird, aber zum Beispiel keine vorgelagerten Netze, wäre es an dieser Stelle förderlich, auf diese und gegebenenfalls auf weitere Abgaben, Steuern und Umlagen zu verzichten. 

Sofern die Anlagen nach dem EEG gefördert würden, könnte die Laufzeit der Stromlieferverträge an die Laufzeit der Förderung geknüpft werden. 

Erforderlich hierfür wäre in jedem Fall eine verpflichtende Regelung seitens des Bundesgesetzgebers in Form eines Gesetzes. 

Vorschlag 7:

Einführung einer Angebotspflicht für Pachtpooling-Modelle 

Gedanke: 

Oftmals müssen für die Errichtung von EE-Anlagen vor Ort die Interessen einer Vielzahl von privaten und auch kommunalen Grundstückseigentümern unter einen Hut gebracht werden. Dies gelingt unseres Erachtens am besten über ein Pachtpooling-Modell. Davon profitieren alle Eigentümer, deren Flurstück im Eignungsgebiet für eine EE-Anlage liegt, auch wenn auf den Flächen keine EE-Anlage errichtet wird. Die Pachten werden nach Größe der einzelnen Flurstücke auf die Grundstücke im Eignungsgebiet aufgeteilt. Dadurch erhält das Projekt vor Ort im Regelfall eine größere Akzeptanz. 

Vorgeschlagene Regelung: 

Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen auf Landesebene für ein verpflichtendes Angebot zur Beteiligung an einem Pachtpooling-Modell durch den Anlagenbetreiber, wenn mehrere Grundstückseigentümer durch EE-Anlagen betroffen sind. 

Vorschlag 8:

Ausgleichsmechanismus für steigende Netzentgelte festlegen 

Gedanke: 

Durch den Zubau an Erzeugungsanlagen für Erneuerbare Energie wird in vielen Fällen eine Ertüchtigung der umliegenden Verteil- und Regionalnetze erforderlich werden. Die Kosten dieser Maßnahmen werden im Regelfall umgelegt auf die Netznutzer im Gebiet des jeweiligen Netzbetreibers. Damit tragen die durch Anlagen betroffenen Stromverbraucher vor Ort eine zusätzliche Last. 

Vorgeschlagene Regelung: 

Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für einen landesweiten Ausgleichsmechanismus bei den Netzentgelten im Regional- und Verteilnetz. 

Vorschlag 9:

(Wege-)Nutzungsentgelte durch Einspeiseleitungen 

Gedanke: 

Für Einspeiseleitungen von der EE-Anlage bis zum örtlichen Netz der Standortgemeinde werden im Regelfall die gemeindliche Verkehrsinfrastruktur sowie private und kommunale Grundstücke in Anspruch genommen. Bislang ist es so, dass zumindest Kommunen gehalten sind, ihre öffentlichen Straßen und Wege zur Leitungsverlegung diskriminierungsfrei zur Verfügung zu stellen und dass hierfür Gestattungsentgelte für den laufenden Meter verlangt werden dürfen. Entgegen dieser Regelung sollte die Nutzung des öffentlichen Straßenraums wie auch die private und kommunale Grundstücksbenutzung verpflichtend in Anlehnung an die Höhe der Konzessionsabgabe für sonstige Tariflieferungen entgolten werden. 

Vorgeschlagene Regelung: 

Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für ein einfaches und unbürokratisches System für ein bundeseinheitlich verpflichtendes (Wege-)Nutzungsentgelt für Einspeiseleitungen in der vorgeschlagenen Höhe. 

Vorschlag 10:

Ökopunkte für EE-Anlagen und die Verpachtung von zugehörigen Grundstücken 

Gedanke: 

Die Energiewende wird als Thema aufgewertet, wenn sie aus der Ecke der „Last“ herausgeholt und zur „Lust“ wird. Deshalb sollte es ermöglicht werden, dass beim Ausbau von EE-Anlagen die Betreiber (sofern sie die Anlage für mindestens 20 Jahre am Stück betreiben) und die (kommunalen) Grundstückseigentümer Ökopunkte erhalten, die vom Betreiber zum Beispiel als Ausgleich für den Flächenverbrauch für Errichtung und Zuwegung von Windenergieanlagen eingesetzt oder auch verkauft werden können. Dadurch müssten deutlich weniger Ausgleichsflächen beansprucht werden, was wiederum dem ohnehin bereits angespannten Interessenskonflikt bei der Flächennutzung zwischen Landwirtschaft und öffentlicher Hand zugute käme. 

Vorgeschlagene Regelung: 

Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen auf Landesebene für die Einbeziehung von EE-Anlagen und der damit zusammenhängenden Verpachtung in das Ökopunktesystem. 

Vorschlag 11:

Verpflichtung des Anlagenbetreibers zur Zahlung der grundstücksbezogenen Kosten 

Gedanke: 

Die (Umgriffs-)Flächen von EE-Anlagen (Freiflächen-Photovoltaik, Windenergieanlagen) unterliegen der Grundsteuer A beziehungsweise Grundsteuer B. Für die Eigentümer der Flächen ist es entscheidend, ob sie oder die Anlagenbetreiber von EE-Anlagen die Kosten, die mit dem Vertragsgegenstand in Zusammenhang stehen, zu tragen haben. Dazu gehört auch die Grundsteuer. Je nach Bodenrichtwert und Höhe des Hebesatzes kann beispielsweise die Grundsteuer einen erheblichen Teil des Entgelts für die Nutzungsüberlassung ausmachen. Damit liefe der Anreiz, über Pachteinnahmen die Akzeptanz zu fördern, weitgehend ins Leere. 

Vorgeschlagene Regelung: 

Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen, dass der Anlagenbetreiber im Fall von Pachtzahlungen verpflichtet wird, auch die grundstücksbezogenen Kosten (vor allem die Grundsteuer) zu übernehmen. 

Vorschlag 12:

Vereinfachte Einspeisung aus privaten Kleinanlagen über den Anlagenbetreiber 

Gedanke: 

Wir nehmen wahr, dass Bürger von den zunehmend komplexen rechtlichen Anforderungen (insbesondere durch das Steuerrecht) davon abgehalten werden private PV-Anlagen auf ihren Dächern zu installieren. Über die bereits vollzogenen steuerrechtlichen Vereinfachungen innerhalb des Einkommens- und Umsatzsteuerrechts hinaus wäre es erwägenswert, spezifische und möglichst wenig komplexe Steuerregelungen für private Anlagen zu ermöglichen. So sollte die Option zu einer attraktiven „Einfachsteuer“ für private EE-Anlagen eröffnet werden. Als weitere Überlegung könnte eine Bündelung der Einspeisung über den Betreiber der „Großanlage“ und die damit zusammenhängende Serviceleistung der kompletten Abrechnung gegenüber Netzbetreibern etc. in betroffenen Gemeinden mehr private Hauseigentümer und/oder Landwirte für eine Investition in derlei Anlagen motivieren. 

Vorgeschlagene Regelung: 

Abbildung des oben benannten Modells im entsprechenden Bundes- und Landesrecht inklusive Verpflichtung der Anlagenbetreiber ein entsprechendes Modell anzubieten. Darüber hinaus (steuer-)rechtliche Erleichterungen beim Betrieb von privaten Kleinanlagen. 

Vorschlag 13:

Abbau von Hemmnissen für reine Bürgerwindparks/PV-Anlagen und Unterstützung von Bürgerenergiegenossenschaften und Bürgerunternehmen für eigenständige Projektierungen und Versorgung 

Gedanke: 

Die Bürgerenergie ist die beste Möglichkeit, die Energiewende auch gedanklich zur gemeingesellschaftlichen Aufgabe zu machen, die Akzeptanz zu erhöhen und die Wertschöpfung aus der Energiewirtschaft vor Ort zu halten. Hierin liegt auch die größte Chance der Energiewende. Insbesondere in den Anfängen der Energiewende spielte die Bürgerenergie eine tragende Rolle. Durch die immer weiter ansteigenden Ansprüche an Genehmigungsverfahren und den Anlegerschutz (u.a. BaFin Prüfung des immer ausführlicheren Beteiligungsprospektes, Diskussion um Semi-Blindpools etc.) wurde die Mitnahme einer hohen Anzahl an Kommanditisten gesetzlich Stück für Stück obstruiert. 

Die in § 36g EEG eingeräumten besonderen Ausschreibungsbestimmungen für Bürgerenergiegesellschaften laufen in der Praxis allerdings oft ins Leere, weil die damit einhergehende Bürokratie von den meist ehrenamtlichen Beteiligten immer weniger zu stemmen ist. Ziel muss daher sein, die formalen Rahmenbedingungen klar und einfach zu definieren. 

In Baden-Württemberg gab es so zum Beispiel reine Bürgerwindprojekte, welche in Erwägung gezogen haben, die Möglichkeiten einer BEG zu nutzen und feststellen mussten, dass dies mit einer hohen Anzahl an Kommanditisten praktisch nicht umsetzbar ist. Neben der Bürokratie wäre so zum Beispiel zu garantieren gewesen, dass im konkreten Fall von 300 interessierten Bürgern niemand in den nächsten zwei Jahren seinen Wohnsitz geändert hätte. Dies ist völlig kontraproduktiv und verhindert faktisch das Engagement eines Großteils der betroffenen Bevölkerung. Stattdessen wird von einigen Unternehmen zu passiven Beteiligungsmodellen wie den Nachrangdarlehen gegriffen, bei denen man die Prospektpflicht umgehen kann und Mitbestimmungsrechten der Bürger vorbeugt. Der Gedanke einer echten Bürgerenergie geht hierbei verloren. 

Vorgeschlagene Regelungen: 

Änderung der Regelungen auf Bundesebene, wodurch wieder mehr staatliche Anreize für Bürgerenergie geschaffen werden, vor allem bei Windenergieprojekten an Land (unter anderem auch über das sogenannte Energy Sharing und gemeinsame Eigenversorgung ohne EEG-Umlagebelastung). Zudem Wahrnehmung der Regelungskompetenz nach § 36g Abs. 5 EEG durch das Land Baden-Württemberg im Wege der Einrichtung und Finanzierung eines Bürgerenergiefonds. Vorbild könnte hier das Land Schleswig-Holstein sein, das zu diesem Zweck ein Sondervermögen Bürgerenergie.SH bereitgestellt hat. Die Mittel aus dem Sondervermögen werden dort verwendet, um Bürgerenergieprojekten die ersten Schritte in der Planungs- und Startphase zu erleichtern und finanzielle Risiken zu senken. Hierfür würde sich beispielsweise die Klimaschutzstiftung BW anbieten.