Zuwanderung geht deutlich zurück – erste Entlastung für Kommunen?
Mehr als ein Jahrzehnt hat die Zuwanderung die Kommunen im Land herausgefordert – mit Rekordwerten etwa in den Jahren 2015, 2022 oder 2023. Vor allem bei der Unterbringung Geflüchteter und der Integration in Kitas und Schulen war vielerorts das Limit erreicht. Nun zeigt sich: Im Jahr 2024 ist die Nettozuwanderung mit rund +38.000 Menschen deutlich geringer ausgefallen. Für viele Städte und Gemeinden ist das ein Hoffnungsschimmer – wenn auch noch keine Trendwende.
Die Zahlen im Detail: 2024 zogen 353.100 Menschen über die Landesgrenzen nach Baden-Württemberg, 315.400 verließen das Land. Besonders stark ging die Nettozuwanderung aus der Ukraine, der Türkei und Afghanistan zurück. Mit einem Saldo von +13.800 aus der Ukraine kamen deutlich weniger Menschen als im Vorjahr (+22.000). Auch aus der Türkei verringerte sich der Wanderungssaldo von +16.300 auf +6.300.
Belastung bleibt – aber mit leichtem Rückgang
Trotz des Rückgangs bleibt die Zuwanderung aus Drittstaaten hoch. Besonders viele Zuzüge gab es aus Syrien (+7.300), dem Kosovo (+4.600) und Indien (+4.400). Gleichzeitig verliert Baden-Württemberg weiterhin Menschen an andere Bundesländer, insbesondere Bayern (−2.600) und die Schweiz (−5.600). Auch innerhalb des Landes verlagert sich die Bevölkerung – zulasten der Stadtkreise, die 2024 etwa 4.100 Einwohner:innen an die Landkreise verloren.
Für viele Kommunen könnte die relative Entspannung eine wichtige Atempause bedeuten. Kitas, Schulklassen und Sozialdienste hatten vielerorts mit Überlastung zu kämpfen. Nun besteht zumindest die Chance, dass sich Systeme stabilisieren – sofern der Trend anhält.
Kommunen mahnten seit Jahren: Belastungsgrenze erreicht
Der Gemeindetag hatte immer wieder vor den Folgen ungebremster Zuwanderung gewarnt. In einer gemeinsamen Erklärung mit Städtetag und Landkreistag hieß es im Oktober 2024: Die Zahl übertragener Aufgaben sei mittlerweile so hoch, dass sie sich „faktisch nicht mehr finanzieren“ lasse. Schon für das Jahr 2024 konnten rund zwei Drittel der Kommunen keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Gleichzeitig stiegen die Kassenkredite rasant.
Besonders deutlich wurden diese Sorgen im jüngsten BW-Kommunalbarometer vom Mai 2025: 69 Prozent der Städte und Gemeinden nannten die Migrationspolitik als eines der drängendsten Handlungsfelder – direkt nach Bürokratieabbau (93 %) und noch vor Digitalisierung und Klimaschutz. Drei Viertel bewerteten ihre Haushaltslage bis 2027 als kritisch oder existenzbedrohend. Die Umfrage zeigt: Die Belastungsgrenze ist erreicht – jede Entspannung ist willkommen.
Noch keine Trendwende – aber Spielräume für Stabilisierung
Klar ist: Die Herausforderungen bleiben, und eine stabile Trendumkehr ist noch nicht gesichert. Die aktuell rückläufigen Zahlen können auch Sondereffekten geschuldet sein – etwa einer strikteren Visavergabe, verschärften Einreisekontrollen oder der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt. Dennoch: Sollte sich die Zuwanderung auf moderaterem Niveau stabilisieren, eröffnet das Spielräume – für Haushaltskonsolidierung, den Ausbau von Kapazitäten und vor allem für die Rückkehr zu planbarer kommunaler Arbeit.
