
Warum eine Gemeinschaftsaufgabe den kommunalen Klimaschutz stärken könnte
Die Kommunen stehen an vorderster Front, wenn es um die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen geht. Doch trotz ihrer Schlüsselrolle fehlt es ihnen oft an Geld und Personal, um die notwendigen Investitionen zu stemmen. Ein neues Policy-Paper des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) schlägt eine wegweisende Lösung vor: die Einführung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe „Kommunaler Klimaschutz“ im Grundgesetz. Dieses Instrument könnte den Städten und Gemeinden nicht nur finanzielle Planungssicherheit geben, sondern auch eine zielgerichtetere Mittelverwendung ermöglichen.
Die Klimaschutzlücke auf kommunaler Ebene
Studien zeigen, dass Kommunen bis zum Jahr 2030 jährlich rund 11,3 Milliarden Euro benötigen, um Klimaschutzmaßnahmen und Anpassungen an den Klimawandel umzusetzen. Derzeit sind sie jedoch stark von zeitlich begrenzten Förderprogrammen abhängig, die nicht ausreichend auf die lokalen Gegebenheiten abgestimmt sind. Das Difu sieht hierin eine der größten Hürden für eine nachhaltige Klimaschutzstrategie. Das Policy-Paper vergleicht zwei Ansätze, um diese Finanzierungslücke zu schließen: die Umverteilung von Umsatzsteuereinnahmen zugunsten der Kommunen und die Einführung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe.
Nach Ansicht der Difu-Expert:innen bietet die Gemeinschaftsaufgabe deutliche Vorteile, da sie eine gezielte und flexible Mittelvergabe erlaubt. Darunter versteht man ein rechtliches Instrument im deutschen Grundgesetz, bei dem der Bund und die Länder gemeinsam bestimmte Aufgaben finanzieren und koordinieren. Ziel ist es, staatliche Aufgaben, die über die Zuständigkeit eines einzelnen Bundeslandes hinausgehen oder von nationaler Bedeutung sind, effizient und einheitlich zu lösen. Sie wird in Artikel 91a und 91b des Grundgesetzes geregelt.
Gemeinschaftsaufgabe als Königsweg
Die Gemeinschaftsaufgabe „Kommunaler Klimaschutz“ würde es ermöglichen, finanzielle Mittel dort einzusetzen, wo sie am dringendsten benötigt werden. Insbesondere finanzschwache Kommunen könnten gezielt gefördert werden. Zudem ließe sich die derzeitige Vielfalt an komplizierten Förderprogrammen in eine einheitliche Struktur überführen. Das würde nicht nur den Verwaltungsaufwand reduzieren, sondern auch für mehr Transparenz und Effizienz sorgen.
„Ohne eine klare Regelung droht der kommunale Klimaschutz ins Stocken zu geraten“, warnt Carsten Kühl, Leiter des Difu und Hauptautor der Studie. „Unsere Analyse zeigt, dass eine Gemeinschaftsaufgabe die nachhaltigste und wirkungsvollste Lösung ist, um den Klimaschutz in den Kommunen voranzubringen.“
Planungssicherheit und Langfristigkeit
Ein zentrales Argument für die Gemeinschaftsaufgabe ist ihre Fähigkeit, den Kommunen langfristige Planungssicherheit zu bieten. Während die Umverteilung von Umsatzsteuereinnahmen vor allem kurzfristige Entlastungen schaffen würde, ermöglicht die Gemeinschaftsaufgabe eine verlässliche und kontinuierliche Finanzierung. Dies ist besonders wichtig für Maßnahmen wie die kommunale Wärmeplanung, den Ausbau erneuerbarer Energien oder die Anpassung an Extremwetterereignisse.
Das Difu betont, dass die Gemeinschaftsaufgabe nicht nur finanzielle, sondern auch organisatorische Vorteile bietet. Sie könnte als Plattform dienen, um die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu verbessern und die Verantwortung klar zu regeln. Ein gemeinsamer Koordinierungsausschuss könnte sicherstellen, dass die Mittelverteilung fair und bedarfsorientiert erfolgt.
Wie könnte die Gemeinschaftsaufgabe umgesetzt werden?
Die Einführung einer Gemeinschaftsaufgabe erfordert eine Änderung des Grundgesetzes, um eine rechtliche Grundlage zu schaffen. Darüber hinaus müsste ein einfaches Gesetz verabschiedet werden, das die konkreten Fördermaßnahmen regelt. Laut dem Policy-Paper könnte die praktische Umsetzung über drei Säulen erfolgen:
- Förderung von Klimaschutzkonzepten: Kommunen erhalten Unterstützung bei der Entwicklung strategischer Planungen, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse abgestimmt sind.
- Gezielte Investitionsförderung: Finanzielle Mittel könnten für konkrete Projekte wie die kommunale Wärmeplanung oder den Ausbau von Radwegen bereitgestellt werden.
- Flexible Förderpauschalen: Kommunen könnten eigenständig entscheiden, wie sie die Mittel einsetzen, sofern sie ihre Wirksamkeit nachweisen können.
Politische Herausforderungen und nächste Schritte
Die Einführung einer Gemeinschaftsaufgabe ist ambitioniert, da sie eine breite politische Zustimmung und eine Grundgesetzänderung erfordert. Dennoch sehen die Autoren des Papers langfristig mehr Vorteile in diesem Modell als in kurzfristigen Alternativen wie der Umsatzsteuerumverteilung. „Die Gemeinschaftsaufgabe bietet die Möglichkeit, die Klimaschutzverantwortung zwischen Bund, Ländern und Kommunen klar zu regeln und effektiver umzusetzen“, so Kühl.
Auch Henrik Scheller, Mitautor der Studie, betont die Dringlichkeit: „Der kommunale Klimaschutz wird in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle spielen. Mit der Gemeinschaftsaufgabe können wir sicherstellen, dass finanzielle Mittel effizient und nachhaltig eingesetzt werden.“
Das Difu-Policy-Paper macht deutlich, dass der kommunale Klimaschutz ohne eine strukturelle Reform auf wackeligen Beinen steht. Die Gemeinschaftsaufgabe bietet nicht nur eine langfristige Lösung für die Finanzierung, sondern auch eine klare organisatorische Struktur, die den spezifischen Bedürfnissen der Kommunen gerecht wird.
Weitere Informationen und das vollständige Policy-Paper finden Sie hier.