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Verbände fordern Kretschmann auf, Gleichbehandlungsgesetz zu kassieren

Der Gemeindetag begrüßt das Ansinnen des Amtschefs des Staatsministeriums, das Gleichbehandlungsgesetz fallen zu lassen. Doch ob es wirklich so kommt, ist noch nicht klar. Denn Ministerpräsident Kretschmann signalisierte in der vergangenen Woche, das Gesetz sehr wohl auf den Weg bringen zu wollen.

Wird Ministerpräsident Winfried Kretschmann das Gleichbehandlungsgesetz fallen lassen oder an ihm festhalten? Die Antwort auf diese Frage ist noch immer nicht klar. In der vergangenen Woche hatte es zunächst den Anschein gehabt, dass Kretschmann das Gesetz fallen lassen will. Später jedoch stellte sich heraus, dass ein entsprechender Brief des Amtschefs des Staatsministeriums, Florian Stegmann, der Grünen-Fraktion im Landtag ohne Kenntnis des Ministerpräsidenten zugestellt worden war, der auf Delegationsreise im Donauraum weilte. Stegmann hatte die Fraktion darin mitgeteilt, dass die Gesetzesvorlage nicht umgesetzt werde. Als Hauptgrund nannte Stegmann die überbordende Bürokratie, die das Gesetz aus Sicht seiner Kritiker, darunter auch der Gemeindetag Baden-Württemberg, nach sich ziehen würde. 

Gemeindetagspräsident Steffen Jäger hatte in der vergangenen Woche den Vorstoß des Staatsministeriums begrüßt. In einer Gemeinsamen Pressemitteilung der Kommunalen Landesverbände teilte er gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Alexis von Komorowski, sowie dem Geschäftsführenden Vorstandsmitglied des Städtetags, Ralf Broß, mit: „Die Entscheidung von Ministerpräsident Kretschmann, das Antidiskriminierungsgesetz fallen zu lassen, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wer entbehrliche Aufgaben und Standards abbauen will, darf keine neuen unnötigen Hürden errichten.“

Jäger: Staatsministerium soll Gesetz „abräumen“

Ein Gesetz, das Misstrauen gegenüber dem Staat und den öffentlich Beschäftigten säe, wäre in diesen herausfordernden Zeiten das absolut falsche Signal gewesen, so die Vertreter der Landesverbände weiter. Der Mut, politische Ziele - auch aus dem Koalitionsvertrag - immer auf Höhe der Zeit und auf ihre Umsetzbarkeit zu überprüfen, müsse viel häufiger Richtschnur landespolitischen Handelns sein. Nachdem dann publik wurde, dass Kretschmann wohl doch am Entwurf festhalten wolle, sagte Steffen Jäger der dpa, das Gesetz müsse endgültig abgeräumt werden, um „das vielzitierte Brombeergestrüpp zu lichten.“ Jäger verweist darauf, dass auch der Normenkontrollrat zum Ergebnis komme, dass das Gesetz nicht nötig sei. 

Der Gesetzentwurf enthält 14 Punkte, deren Umsetzung dafür sorgen soll, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Sprache, ihres Geschlechts oder ihrer Religion nicht schlechter als andere behandelt werden, wenn sie mit Behörden oder der Polizei zu tun haben. Die Grünen halten das Gesetz für einen wichtigen Meilenstein gegen Diskriminierung. Umgekehrt gilt das Gesetz auch für Beschäftigte und Amtsträgerinnen und Amtsträger, falls diese diskriminierendem Verhalten von Bürgerinnen und Bürgern ausgesetzt sind. Die Verabschiedung des Gesetzes war ursprünglich für das erste Quartal dieses Jahres vorgesehen. 

Hintergrund der Debatte ist das grundsätzliche Anliegen vieler Verbände, den Abbau von Bürokratie im Land kraftvoll und konsequent voranzutreiben. Dafür wurde im vergangenen Jahr eigens eine sogenannte Entlastungsallianz zusammen mit dem Land gegründet. Diese hat im Sommer ein zweites Maßnahmenpaket vorgelegt, das allerdings weit hinter den Erwartungen der beteiligten Verbände geblieben ist.