Kita-Maßnahmen noch einmal verlängert
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"Öffnungen der KitaVO genauso richtig wie unvermeidbar"

Wegen des großen Mangels bekommen Kitas aktuell mehr Möglichkeiten fehlendes Personal aufzufangen. Die Regelungen wurden nun bis 2025 verlängert. Kurzfristig eine gute Maßnahme, doch langfristig gilt es nachhaltige Lösungen zu finden, sagen die Kommunalen Landesverbände.

Spätestens seit es den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kinder ab einem Jahr gibt, fehlt in den Kitas im ganzen Land Personal. Die vielen Kinder ukrainischer Familien, die seit dem Beginn des Ukrainekriegs im letzten Jahr zusätzlich untergebracht werden müssen, haben die Situation noch einmal verschärft. Deshalb wurden für das laufende Kindergartenjahr Maßnahmen ergriffen, um auf die Personalsituation reagieren zu können und die Belastungen der Erzieherinnen und Erzieher zu berücksichtigen. Nun hat das Kultusministerium entschieden, diese Regelungen um zwei Jahre - bis Ende 2025 - zu verlängern. 

So soll die Personalsituation in den Kitas entschärft werden

Seit 1. September 2022 ist der Ersatz einer Fachkraft durch zwei Zusatzkräfte möglich, wenn der Mindestpersonalschlüssel dabei um nicht mehr als 20 Prozent unterschritten wird. Dazu müssen doppelte Zeitanteile von geeigneten Kräften eingesetzt werden, um dem Fehlen der Fachkräfte zumindest durch quantitativ umfangreicheren Ersatz Rechnung zu tragen. Bei einem vorübergehenden Ausfall bis zu einem Zeitraum von acht Wochen kann eine Fachkraft durch eine andere geeignete Kraft ersetzt werden. Wenn die Mindestpersonalanzahl erfüllt ist, kann ausnahmsweise um bis zu zwei Kinder nach oben von der Höchstgruppenstärke abgewichen werden. Bedürfnisse der Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf müssen berücksichtigt bleiben. In Halbtags- und Regelgruppen dürfen dennoch nicht mehr als 28 Kinder betreut werden.

Die Aufsichtspflicht muss in allen Fällen jederzeit gewährleistet sein. Die Nutzung der genannten Optionen muss dem Kommunalverband für Jugend und Soziales beziehungsweise dem Landesjugendamt angezeigt werden - wenn es sich um einen Zeitraum von mehr als vier Wochen handelt.

Auch die Kita-Einstiegsgruppen werden verlängert

Kita-Einstiegsgruppen sollen Kindern einen Einstieg in die institutionelle Kindertagesbetreuung ermöglichen und dazu beitragen, möglichst vielen Kindern ein gutes Betreuungsangebot machen zu können. Sie sind für Kinder gedacht, die aktuell keinen Kita-Platz bekommen. Die Kinder bleiben währenddessen auf der Warteliste für einen Betreuungsplatz und werden in der Kita-Einstiegsgruppe betreut mit dem Ziel, zügig – möglichst innerhalb eines Jahres – in eine reguläre Kitagruppe zu wechseln. Der Zeitraum des Übergangs sollte den individuellen Förderbedarf sowie den Wunsch der Eltern berücksichtigen. Dieses Angebot auf Grundlage des Kinder- und Jugendhilfegesetzes für Baden-Württemberg (LKJHG) war ursprünglich für zwei Jahre vorgesehen und wird nun bis Ende August 2025 verlängert. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.

Kommunale Landesverbände begrüßen die Verlängerung

"Die Kommunen beschäftigen in den Kitas so viele pädagogische Fachkräfte wie noch nie", sagt Gemeindetagspräsident Steffen Jäger. "Allein in den letzten 15 Jahren hat sich das eingesetzte Personal mehr als verdoppelt. Trotzdem gibt es einen dramatischen Mangel an Fachpersonal, der dazu führt, dass Öffnungszeiten reduziert werden müssen und viele Kinder auf Wartelisten für einen Kita-Platz stehen oder nicht den Platz bekommen, den sie und ihre Eltern benötigen. Die aktuell geltenden Öffnungen der KitaVO um zwei Jahre zu verlängern ist genauso richtig wie unvermeidbar. Sie verschafft den Städten und Gemeinden, sowie den freien und privaten Trägern Handlungsspielraum für den Betrieb der Kindertageseinrichtungen und schafft mehr Planungssicherheit bei der kommunalen Bedarfsplanung."

Jäger: Wir brauchen "nachhaltige und umsetzbare Lösungen"

Doch die Öffnung der KitaVO kann nur eine kurzfristige Maßnahme sein, die von mittel- und langfristigen Maßnahmen begleitet werden muss. "Leider wird auch in zwei Jahren und darüber hinaus die Personalsituation sehr wahrscheinlich noch angespannt sein", sagt auch Steffen Jäger. "Das ergibt sich schon allein durch die demografische Entwicklung. Umso bedeutender ist den vom Kultusministerium angestrebten Grundlagenprozess dazu zu nutzen, um nachhaltige und umsetzbare Lösungen zu entwickeln. Der Zeitraum bis zum Kindergartenjahr 2025/2026 muss genutzt werden, um die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz wiederherzustellen."

Maßnahmen werden von Kitas zurückhaltend genutzt

Beim Landesjugendamt sind zum Stand 28. April 2023 insgesamt für 750 Gruppen die für die Nutzung der vorübergehenden Maßnahmen bei Personalmangel erforderlichen Selbstverpflichtungserklärungen eingegangen. Das sind aktuell insgesamt 2,6 Prozent der Gruppen im Land. Zum Ende des vergangenen Kindergartenjahres waren es bei den noch weiter geltenden Regelungen aus der CoronaVO Kita über 20 Prozent der Einrichtungen. Dies zeigt, dass die Träger die Maßnahmen für dieses Kindergartenjahr zurückhaltend nutzen und neben Personalengpass auch die Belastungen der Erzieherinnen und Erzieher berücksichtigen.

Mindestpersonalschlüssel könnte angepasst werden

In der AG Frühkindliche Bildung des Kultusministeriums, in der unter anderem die Verbände der Träger vertreten sind, wurde vereinbart, dass die Struktur der Regelungen im Kindertagesbetreuungsgesetz und in der KiTaVO seitens des Ministeriums zusammen mit weiteren Verantwortlichen für die frühkindliche Bildung in Baden-Württemberg auf möglichen Anpassungsbedarf geprüft wird. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, ob es bei einem gruppenbezogenen Mindestpersonalschlüssel bleiben soll oder auf eine kindbezogene Berechnung umgestellt wird. Diese Prüfung wird so erfolgen, dass etwaige Änderungen an den Vorgaben zum Kindergartenjahr 2025/26 umgesetzt werden können. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen deshalb die Maßnahmen in § 1a KiTaVO verlängert werden.