Öffentlicher Dienst: Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel
Seit Jahren wird Alarm geschlagen: In fast allen Branchen in den verschiedensten Berufsgruppen schreitet der Fachkräftemangel voran. Doch was bedeutet dieser Personalmangel konkret in der Praxis? In den Städten und Gemeinden kann er fatale Folgen haben, denn hier werden tagtäglich wichtige Dienste an der Gesellschaft geleistet. Der Fachkräftemangel in den Kommunen bedeutet heute schon, dass Kitas Eltern vertrösten müssen, die nach einem Betreuungsplatz für ihre Kinder suchen. Er bedeutet, dass Bürgermeisterinnen und Bürgermeister pensionierte Verwaltungsmitarbeitende darum bitten müssen, zumindest in Teilzeit an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, um weiterhin die Leistungen erbringen zu können, die die Bürgerinnen und Bürger von der Kommunalverwaltung erwarten. Und er bedeutet, dass viele freiwillige Aufgaben, die Städte und Gemeinden gerne für ihre Bürgerinnen und Bürger anbieten würden, auf der Strecke bleiben.
Fachkräftemangel betrifft in den Kommunen alle Bereiche
Dabei handelt es sich nicht um Ausnahmen, sondern um den Alltag in den Städten und Gemeinden. „Wir haben Fachkräftemangel in allen Bereichen: von der Kinderbetreuung über die Verwaltung bis hin zu den technischen Berufen“, erzählt Johannes Moser, Bürgermeister der Stadt Engen. „Bei der Besetzung von Stellen müssen wir oft Kompromisse machen. Man sucht eigentlich nach erfahrenen Mitarbeitenden. Die sind aber kaum zu bekommen. Bei den Ingenieursberufen etwa holen wir die Leute oft direkt von der Hochschule und lernen sie dann ganz neu in ihr Arbeitsfeld bei uns ein.“ Auch das bindet zunächst Arbeitskraft, die anderswo fehlt. Dabei haben die Kommunen attraktive Arbeitsplätze zu bieten, wie Johannes Moser findet.
Bei der Kommune tut man einen Dienst an der Gesellschaft. Es ist eine Tätigkeit, die Sinn stiftet. Und wir geben uns große Mühe, viele Vorteile und moderne Arbeitsbedingungen zu bieten. Wir machen bei einem Firmenfitnessprogramm mit, über das die Mitarbeitenden Zugang zum Fitnessstudio haben, wir bieten Teilzeit, flexible Arbeitszeiten und Home-Office. Die Kommunen müssten hier noch besser werden, die Vorteile ihrer Arbeitsplätze nach außen zu kommunizieren.
Maßnahmen gegen Fachkräftemangel herausgearbeitet
Als Teil einer Arbeitsgruppe des Gemeindetags Baden-Württemberg hat er das Positionspapier „Der Mangel an Arbeitsplätzen gefährdet den Standort Baden-Württemberg“ mit erarbeitet. Dieses zeigt Maßnahmen auf, die Bundes- und Landesebene ergreifen können, um den Fachkräftemangel abzumildern. Es zeigt aber auch, welche Möglichkeiten Städte und Gemeinden haben, um mehr Aufmerksamkeit für ihre attraktiven Stellen zu bekommen.
Prognosen zeigen, dass der Fachkräftemangel in den nächsten Jahren drastisch weiter zunehmen wird. „Deshalb müssen wir sofort entschieden handeln“, mahnt Bürgermeister Moser. Er kritisiert etwa, dass der Bund viele kommunale Aufgaben in einer Form überreguliert, die gewachsene Strukturen vor Ort zerstört und für einen weiteren Fachkräftemangel sorgt. So etwa im Falle des Anspruchs auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen. „Wie viele andere Städte und Gemeinden bieten wir längst Ganztagsbetreuung in unseren Grundschulen an“, erzählt Moser. „Der wird durch Eltern von unseren Schülern betreut, die nach der Elternzeit noch nicht in ihre Berufe zurückgekehrt sind. Natürlich sind sie keine Fachkräfte. Was bedeutet, um die Ganztagsbetreuung nach Maßgabe des Bundes anbieten zu können, müssen wir uns in Zukunft um Quereinsteiger bemühen, die bereit sind, die nötigen Qualifikationen zu erlangen.“
Bund und Land müssen schnell Maßnahmen ergreifen
Es reicht also nicht aus, dass die Kommunen ihre Vorteile als Arbeitgeber stärker bewerben und für moderne Arbeitsverhältnisse sorgen. Bund und Land müssen Maßnahmen ergreifen, dem Trend des sich verstärkenden Fachkräftemangels entgegenzuwirken. Auch hierzu hat der Gemeindetag Vorschläge formuliert.
Was wäre unsere Gesellschaft ohne die Leistungen in den Rathäusern? Dort wird das gesellschaftliche Zusammenleben konkret gestaltet, der Grundstein für den volkswirtschaftlichen Erfolg unseres Bundeslandes gelegt und zugleich die Bürgernähe des Staates sichergestellt. Wer hier arbeitet, engagiert sich für das Gemeinwesen. Insgesamt leisten Beschäftigte im öffentlichen Dienst Enormes zum Wohl der Allgemeinheit. Diese Grundpfeiler unserer Gesellschaft und unseres Rechtsstaates gilt es weiterhin zu erhalten, deswegen brauchen wir qualifizierte Fachkräfte insbesondere für die öffentliche Verwaltung. Die Vergangenheit hat es eindrücklich gezeigt: Ob Vorgaben zur Bewältigung der Corona-Pandemie oder die sich ergebenden Herausforderungen des Angriffskrieges der Russischen Föderation auf die Ukraine, es muss auf kommunaler Ebene rasch, effektiv und zielführend gehandelt werden. Unsere Zukunft hängt von einer leistungsfähigen Verwaltung ab.
Auch mit der Umsetzung all dieser Maßnahmen ist ein Fachkräftemangel nur abzumildern, jedoch kurz- bis mittelfristig nicht zu vermeiden. Während es also wichtig ist, schnell Energie in den Aufbau neuer Fachkräfte im Land zu stecken und diese von den Vorteilen der Arbeit im öffentlichen Dienst zu überzeugen, müssen sich Politik und Gesellschaft auch auf einen Umgang mit dem Fachkräftemangel einigen. „Wenn wir nicht die nötigen Fachkräfte bekommen, müssen wir unsere kommunalen Aufgaben enorm einschränken“, sagt auch Johannes Moser. „Wir müssen uns fragen, ob wir wirklich alle Leistungen so erbringen müssen, wie es derzeit in verschiedenen Regelungen des Bundes und des Landes definiert ist.“ Auch der Gemeindetag fordert in seinem Positionspapier, die Relevanz der kommunalen Aufgaben zu prüfen und zu priorisieren. Zudem müsse während des Fachkräftemangels verstärkt auf digitale Hilfsmittel gesetzt und Standards flexibilisiert werden.