Mit 20 Jahren erstmals im Gemeinderat

Guilherme Oliveira ist mit 20 Jahren einer der jüngsten Gemeinderäte in Renningen. Im Interview spricht er über seinen frühen Einstieg in die Politik, den intensiven Wahlkampf und seine klaren Ziele für die kommende Amtszeit. Mit Schwerpunkten auf Klimaschutz und Kinderbetreuung will er die lokale Politik aktiv mitgestalten und für gute Lösungen kämpfen.

die:gemeinde-Aktuell: Herr Oliveira, Sie sind Novize im Gemeinderat. Was hat Sie dazu bewogen zu kandidieren?

Oliveira: Ich wurde relativ früh politisiert und bin mit 15 Jahren bei den Grünen eingetreten. Seitdem bin ich aktiv vor Ort, auch in Vorstandspositionen. Als vor einem Jahr die Frage aufkam, wer für den Gemeinderat kandidieren möchte, war es meine Aufgabe als Vorsitzender, die Liste zu machen und auch selbst zu kandidieren. Kandidiert habe ich, weil Kommunalpolitik eine essenzielle Rolle spielt. Oft werde ich mit Klischees konfrontiert, was die Themen angeht, mit denen man zu tun hat – dass man zum Beispiel „nur“ den richtigen Kanaldeckel aussucht oder darüber abstimmt, ob eine Straße ein paar Zentimeter weiter rechts oder links verläuft. Wenn man sich aber konkret damit auseinandersetzt, sieht man die Herausforderungen wie die Energiewende und Ganztagsbetreuung. Das motiviert mich, gute Lösungen zu finden.

die:gemeinde-Aktuell: Wie haben Sie den Wahlkampf wahrgenommen? Die Zeiten sind ja sehr politisiert, was auch vor der Kommunalpolitik nicht Halt macht. 

Oliveira: Wir haben über neun Wochen lang Wahlkampf gemacht, an über 40 Standorten plakatiert und zehn Großflächenplakate gehabt. In sieben Wochen hatten wir mehr als 30 Wahlkampfstände. Wir standen vor Einkaufszentren, vor Supermärkten, auf dem Wochenmarkt und am Bahnhof. Wir haben Brötchen und Bier verteilt. Es gab wenig direkten Widerspruch, nur Menschen, die nicht angesprochen werden wollten, und das muss man respektieren. Es wurden in diesem Wahlkampf mehr Plakate zerstört als bei unserem letzten Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021. Insgesamt war die Stimmung vor Ort bei den Menschen aber gut und ruhig.

die:gemeinde-Aktuell: Verstehe. Waren Sie auf einem oberen Listenplatz platziert?

Oliveira: Ich war auf Listenplatz zwei. Wir haben ein Frauenstatut, ungerade Plätze sind Frauenplätze, und gerade Plätze sind offene Plätze. Ich war auf dem ersten offenen Platz. Man konnte davon ausgehen, dass Platz zwei relativ gesichert wäre, aber am Ende entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Ich war dann der grüne Stimmenkönig, was mich sehr gefreut hat. Unsere Liste hat aber ein gutes Angebot gemacht und insgesamt ein gutes Ergebnis erzielt.

 die:gemeinde-Aktuell: Sie sind mit 20 Jahren noch sehr jung. Welche Themen sind Ihnen für die nächsten fünf Jahre wichtig?

Oliveira: Ich bin in den nächsten fünf Jahren jetzt im Verwaltungsausschuss, wo es viel um Gebühren und Kinderbetreuung geht – also um Satzungen. Mein Schwerpunkt wird die Implementierung des Erprobungsparagrafen sein, um Lösungen in der Kinderbetreuung zu finden. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Klimaschutz und die Energiewende. Wir haben ein Klimaschutzkonzept verabschiedet, und es geht darum, Vorhaben wie die Windkraft voranzubringen. Es ist wichtig, an Mehrheiten zu arbeiten, denn nur so kann man gestalten.

die:gemeinde-Aktuell: Wie stellen Sie sich die Arbeit im Gemeinderat vor?

Oliveira: Es wird auf jeden Fall ein Lernprozess. Ich arbeite seit Jahren auf verschiedenen Ebenen,  aber kommunale Politik ist anders. Der Gemeinderat in Renningen hat eine gute Zusammenarbeit, und wenn wir das fortsetzen können, wäre das ein Gewinn, besonders in stürmischen Zeiten.

die:gemeinde-Aktuell: Wie sehen Sie die Diversität im Gemeinderat? In einigen Kommunen gibt es da ja noch Nachholbedarf, wenn man an den Frauenanteil denkt oder den Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte.

Oliveira: Diversität ist wichtig. Der Frauenanteil im Gremium ist erschreckend gering. Es muss eine gute Mischung aus verschiedenen Lebensbiografien geben. Wir haben mit mir und einer weiteren Person unter 25 Jahren immerhin schon mal zwei junge Perspektiven gut vertreten. Bei anderen Perspektiven müssen wir noch besser werden.

die:gemeinde-Aktuell: Was müsste in den nächsten fünf Jahren passieren, damit Sie sagen, es war eine erfolgreiche Amtsperiode?

Oliveira: Es wären erfolgreiche fünf Jahre, wenn wir 70 Prozent der anvisierten Projekte anstoßen können, insbesondere das Klimaschutzkonzept. Ein Erfolg wäre es aus meiner Sicht außerdem, wenn wir eine gute Zusammenarbeit im Gremium haben und keine Partikularinteressen dominieren.