Maßnahmen für mehr Kita-Personal in Baden-Württemberg
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Maßnahmenpaket soll für mehr Kita-Personal sorgen

Mit einem Paket an Maßnahmen möchte das Kulturministerium die angespannte Personalsituation in den Kitas verbessern. Gleichzeitig lässt das Ministerium die Ausnahmeregelungen aufgrund der Corona-Pandemie, die es erlauben flexibler mit Gruppengrößen und dem Mindestpersonalschlüssel umzugehen, zum Ende dieses Kita-Jahres auslaufen. Das kritisieren die Kommunalen Landesverbände.

Fehlendes Kita-Personal ist in Baden-Württemberg schon lange ein Problem. Durch die Corona-Pandemie hat sich der Personalmangel noch einmal verschärft. Und durch die Fluchtbewegungen in Folge des Krieges in der Ukraine sind nun noch mehr Kinder zu beaufsichtigen als noch zu Beginn des Jahres. Das Kultusministerium hat deshalb ein neues Maßnahmenpaket angekündigt, das für mehr Kita-Personal sorgen soll. Während die Kommunen das Maßnahmenpaket unterstützen, weisen sie auch darauf hin, dass es einige Jahre dauern wird, bis die Maßnahmen ihre Früchte tragen. Gleichzeitig kritisieren sie, dass das Land die Ausnahmeregelungen für Kitas aufgrund der Corona-Pandemie nicht über das aktuelle Kita-Jahr verlängern will. Diese Regelungen erlaubten es den Kitas flexibler mit den Gruppengrößen und dem Mindestpersonalschlüssel umzugehen. 

Kita-Personal soll mit kurz- und langfristigen Maßnahmen verstärkt werden

Für das Maßnahmenpaket zur Personalentwicklung in der Kindertagesbetreuung hat sich das Kultusministerium mit den an der frühkindlichen Bildung beteiligten Partnerinnen und Partnern ausgetauscht. Während hierbei vor allem kurzfristige Punkte im Fokus stehen, nimmt sich die gemeinsame Initiative im weiteren Prozess längerfristige Punkte vor. Die Ergebnisse der verschiedenen Arbeitsgruppen dieser Initiative sollen im Herbst vorgestellt werden. „Gemeinsames Ziel ist es, der Personalsituation in der frühkindlichen Bildung und dem zusätzlichen Platzbedarf zu begegnen“, sagt Staatssekretär Volker Schebesta, der im Kultusministerium für die frühkindliche Bildung zuständig ist. „Damit sind auch angesichts der Fluchtbewegung in Folge des Krieges gegen die Ukraine große Herausforderungen für Land und Kommunen verbunden. Mit unseren Maßnahmen reagieren wir darauf und unterstützen unsere Träger, Einrichtungen und Fachkräfte, die gerade auch angesichts der Corona-Pandemie ganz besonders belastet waren.“

Kita-Einstiegsgruppe

Die nun erarbeiteten Maßnahmen sollen dazu beitragen, möglichst vielen Kindern ein gutes Betreuungsangebot machen zu können. So ist unter anderem eine neue Angebotsform für die Betreuung geplant, die vor allem aufgrund der zusätzlichen Herausforderungen aufgelegt wird, die mit der Fluchtbewegung aus der Ukraine einhergehen. Die so genannten Kita-Einstiegsgruppen zielen auf die Kinder ab, die aktuell keinen Kita-Platz bekommen. Diese bleiben währenddessen auf der Warteliste für den Betreuungsplatz und werden in der Kita-Einstiegsgruppe betreut mit dem Ziel, zügig – möglichst innerhalb eines Jahres – in eine reguläre Kitagruppe zu wechseln. Der Zeitraum des Übergangs sollte den individuellen Förderbedarf sowie den Wunsch der Eltern berücksichtigen.

Dieses Angebot auf Grundlage des Kinder- und Jugendhilfegesetzes für Baden-Württemberg (LKJHG) ist bis Ende August 2024 befristet und wurde vom Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) entwickelt, um Kindern einen Einstieg in die institutionelle Kindertagesbetreuung zu ermöglichen. In dieser betriebserlaubnispflichtigen Form dürfen pro Gruppe maximal 20 Kinder zeitgleich betreut werden, wobei mehr Kinder angemeldet sein können, deren Betreuungszeit bis 20 Stunden pro Woche beträgt. Es sind eine Fachkraft sowie eine weitere geeignete Betreuungskraft notwendig, also eine Fachkraft weniger, wie dies auf Grundlage des Kindertagesbetreuungsgesetzes obligatorisch wäre.

Personal gewinnen – auf aktuelle Situation reagieren

Bereits in der Vergangenheit hat das Land Anstrengungen unternommen, um der angespannten Situation im Bereich der Kindertagesbetreuung zu begegnen. Denn es ist der Landesregierung bewusst, dass bereits im Kita-Alter die Grundlagen für die gesamte Bildungsbiographie gelegt werden. Daher nehmen wir die Fachkräftesituation in der Kleinkindbetreuung auch so stark in den Blick. So hat das Land in den vergangenen Jahren u.a. mit dem Pakt für gute Bildung und Betreuung bereits viel Geld in die frühkindliche Bildung investiert. Die Mittel aus dem Gute-Kita-Gesetz des Bundes stehen ebenfalls zur Verfügung. Das Land hat die Ausbildungskapazitäten erhöht, sodass sich die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher in Ausbildung gegenüber dem Jahr 2008/2009 verdoppelt hat.

Direkteinstieg

Um Personen aus weiteren Zielgruppen für die Tätigkeit in Kindertageseinrichtungen zu gewinnen, beginnen wir zum Schuljahr 2023/2024 mit dem Programm „Direkteinstieg Kita“, das an ausgewählten Standorten bereits zum Schulhalbjahr, also Anfang des kommenden Jahres, angeboten werden soll. Mit diesem Programm soll eine verkürzte Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistentin beziehungsweise zum sozialpädagogischen Assistenten und ein Weg zum Abschluss als Erzieherin oder Erzieher angeboten werden. Es geht dabei um Personen mit mindestens Hauptschulabschluss und abgeschlossener Berufsausbildung, die das Berufsfeld wechseln wollen oder bereits als Zusatzkräfte in Kindertageseinrichtungen tätig sind. Außerdem sollen Personen, die neben einer Berufsausbildung einen mittleren Bildungsabschluss, eine Fachhochschulreife oder ein Abitur nachweisen können, die Möglichkeit erhalten, sich parallel auf eine Schulfremdenprüfung (schulischer Teil der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung) vorbereiten zu können.

Ausnahmeregelungen

Die coronabedingten Ausnahmeregelungen sind nach Wegfall der meisten Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie übergangsweise noch bis zum Ende des laufenden Kindergartenjahres in § 1a Kindertagesstättenverordnung (KiTaVO) verlängert worden. Sie werden vor dem Hintergrund des derzeitigen Infektionsgeschehens über diesen Zeitpunkt hinaus nicht fortgeführt. Um dennoch kurzfristig auf die Personalsituation reagieren zu können und die Belastungen der Erzieherinnen und Erzieher zu berücksichtigen, sieht ab dem 1. September dieses Jahres eine weitere Maßnahme des Pakets vor, dass Fachkraftanteile in der aktuellen Situation ausnahmsweise durch geeigneten Kräfte bis zu 20 Prozent des Mindestpersonalschlüssels ersetzt werden können. Dazu müssen aber doppelte Zeitanteile von geeigneten Kräften eingesetzt werden, um dem Fehlen der Fachkräfte zumindest durch quantitativ umfangreicheren Ersatz Rechnung zu tragen. Darüber hinaus wird die Vertretungsregelung ausgeweitet, um den kurzfristigen Ausfall von Fachkräften zu kompensieren. Über einen Zeitraum von acht Wochen (bisher vier Wochen) kann eine Erzieherin oder ein Erzieher durch eine andere geeignete Kraft ersetzt werden. Zur Entlastung müssen die Kitas hierfür auch keinen Antrag auf Ausnahmezulassung stellen. Unberührt davon bleibt die Aufsichtspflicht, die jederzeit zu gewährleisten ist. Genauso sind die Einrichtungen weiterhin verpflichtet sich zu melden, wenn sie die Vorgaben der Betriebserlaubnis nicht gewährleisten können. Träger, Einrichtung und KVJS suchen in diesem Fall nach Lösungen, um weder Gruppen noch die Einrichtung schließen zu müssen.

„Bestmögliche Bedingungen am Anfang des Bildungsweges“

„Wir sorgen mit diesen Maßnahmen für Entlastungen der angespannten Situation – wohlwissend, dass dies nur ein weiterer Schritt auf einem längeren Weg ist. Daher tauschen wir uns im Rahmen der gemeinsamen Initiative mit unseren Partnerinnen und Partnern auch bereits über weitere Maßnahmen aus“, sagt Staatssekretär Schebesta. „Wir haben nun einen wichtigen weiteren Schritt gemacht, um die Träger, Einrichtungen sowie das Personal zu unterstützen. Von diesen Maßnahmen profitieren auch die betreuten Kinder. Sie sind es vor allem, denen unsere Anstrengungen gelten. Wir wollen unseren Kleinsten und Kleinen einen bestmöglichen Start ihres Bildungsweges bieten.“

Jäger: Es braucht eine weitere Übergangslösung

„Die Corona-Pandemie ist noch nicht überwunden, gleichzeitig sind durch den russischen Angriffskrieg und die hieraus entstehenden Fluchtbewegungen neue Herausforderungen für die Kitas entstanden. Die Reduzierung von Öffnungszeiten, Schließung von Gruppen und der Abbau von Plätzen ist in weiten Teilen Baden-Württembergs bereits heute bittere Realität. Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung kann vielerorts schon jetzt nicht mehr eingelöst werden. Und jedes einzelne Kind, dessen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung nicht erfüllt werden kann, ist eines zu viel. Das Maßnahmenpaket enthält gute Ansätze. So unterstützen wir grundsätzlich das vom Kultusministerium vorgestellte Quereinsteiger-Programm. Wir halten aber auch an dieser Stelle noch mehr Flexibilität für erforderlich. Zugleich weisen wir darauf hin, dass dieses erst ab dem Kindergartenjahr 2023/24 starten soll, so dass es Jahre dauert, bis dieses greift. Das Maßnahmenpaket reicht deshalb nicht aus, um den bereits akuten Platzmangel in den Kitas kurzfristig in den Griff zu bekommen. Es braucht deshalb eine weitere Übergangslösung. Wir bedauern daher die Entscheidung des Kultusministeriums, die bestehenden Flexibilisierungsmöglichkeiten bei der Gruppengröße und dem Mindestpersonalschlüssel nicht fortzuschreiben. Gerade in einer Zeit mit zahlreichen, sich parallel vollziehenden Krisen benötigen die Träger mehr Handlungsoptionen und Flexibilität. Das Machbare muss Maßstab für politische Entscheidungen sein. Wir müssen klar sagen: Der Rechtanspruch auf Betreuung in der Kita kann mit diesen Vorgaben faktisch nicht mehr erfüllt werden.“