Die Landesregierung startet mit den Herausforderungen Ukrainekrieg und Coronapandemie in ihr zweites Jahr
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Landesregierung: Fazit für Jahr eins, Herausforderungen für Jahr zwei

In Waldenburg bespricht die Landesregierung die drängendsten Herausforderungen für das zweite Regierungsjahr. Gleichzeitig steht die Frage im Raum: Wie ist das erste Jahr gelaufen? Eine Regierungszeit im Spannungsfeld von Ukrainekrieg und Pandemie. Lösungsebene in vielen Fällen: Die Städte und Gemeinden.

Schon das erste Regierungsjahr war mit der Coronakrise großen Belastungen ausgesetzt. Die Landesregierung hat einen ambitionierten Koalitionsvertrag auf den Weg gebracht, der in vielerlei Hinsicht auch für die Kommunen eine große Herausforderung ist. Gleichzeitig muss in der Corona-Zeit jede Maßnahme auch im Licht des deutlich angespannten Landeshaushalts und der nicht minder angespannten Kommunalhaushalte gesehen werden. Nun kommen die Herausforderungen durch den Ukrainekrieg hinzu. Einen Einbruch der Konjunktur erwarten beide Koalitionspartner und damit auch Ausfälle bei den Steuereinnahmen. Deshalb sei es wichtig auch den Doppelhaushalt 2023/24 mit Bedacht aufzustellen. Auf der Klausurtagung in Waldenburg nennt Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz das nun kommende zweite Regierungsjahr daher auch eine "Bergetappe". Ein Fokus liege nun darauf mehr Widerstandskraft zu erlangen - durch widerstandsfähige Lieferketten, eine unabhängige Energieversorgung und eine robuste Zivilgesellschaft.

Doch wie ist das erste Regierungsjahr verlaufen?

Bei einem großen Teil der Ziele der Landesregierung sind die Städte und Gemeinden klar die Lösungsebene. Für einen Ausbau der Erneuerbaren Energien braucht es eine enge Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen. Nur die Städte und Gemeinden sind nah genug an den Bürgerinnen und Bürgern, um auszuloten, welche Maßnahmen von den Menschen vor Ort mitgetragen werden und welche auf Proteste stoßen. Wenn es um die wichtige Frage der Schulträgerschaft im 21. Jahrhundert geht, können die politischen Ebenen nur im Dialog entscheiden, wie die Lastenverteilung tragbar und sinnvoll gestaltet werden kann. Und auch bei der Entwicklung von mehr bezahlbarem Wohnraum – nicht erst im Lichte der ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine ein brisantes Thema – ist eine Planung ohne die Kommunen undenkbar. Ein enger Austausch zwischen Land und Kommunen ist daher ebenso wichtig wie eine auskömmliche Finanzierung der kommunalen Aufgaben, die den Städten und Gemeinden die Handlungsfähigkeit sichert, die sie zur Bewältigung der ambitionierten Ziele des Landes benötigen.

Das sieht auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag und Vorsitzender des Arbeitskreises Inneres, Digitalisierung und Kommunen, Oliver Hildenbrand, so: „Ein Blick in die vergangenen Jahrzehnte zeigt: Die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen hat sich sehr bewährt. Beide Verwaltungsebenen ziehen an einem Strang – insbesondere auch in Krisenzeiten, wenn es darum geht, lösungsorientiert und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu handeln. Dieses partnerschaftliche Miteinander war und ist unsere Stärke – gerade jetzt, wo viele Menschen aus der Ukraine nach Baden-Württemberg kommen.“

Auch in der CDU-Fraktion besteht Einigkeit darüber, dass Zukunftsthemen wie die Digitalisierung gemeinsam durch Land und Kommunen gemeistert werden. „Ein 41,5 Millionen Euro schwerer Finanzbooster für die Verwaltungsdigitalisierung der Kommunen sowie 78,3 Millionen Euro und 500 Millionen Euro Verpflichtungsermächtigungen für den Breitbandausbau im Land zeigen, dass wir die Kommunen tatkräftig beim gemeinsamen Weg in die digitale Zukunft Baden-Württembergs unterstützen“, sagt daher auch Ulli Hockenberger, kommunalpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. „Die im Koalitionsvertrag vereinbarten kommunalen Gesetzgebungsvorhaben wie etwa die Änderung des Kommunalwahlrechts setzen wir im guten Dialog mit der kommunalen Praxis um.“

Der Gemeindetag Baden-Württemberg begrüßt, dass die Landesregierung in den Kommunen einen verlässlichen Gesprächspartner auch für die aktuelle Legislaturperiode sieht. „Wer verantwortlich Politik machen möchte, der muss die Kommunen fragen, was dazu erforderlich ist“, sagt Steffen Jäger, Präsident und Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags Baden-Württemberg. „Auf dem vertrauensvollen Gesprächsrahmen zwischen Kommunen und Land aufbauend gilt es angesichts einer veränderten politischen Bedürfnispyramide und im Lichte der großen Zukunftsherausforderungen belastbare Verabredungen dafür zu treffen, dass die Kommunen die ihnen zugedachte Aufgaben gut erledigen können.“

Kommunale Haushalte müssen stabilisiert werden

Eine große Hürde für die Erreichung der Ziele ist die durch die Corona-Pandemie stark belastete Situation der kommunalen Haushalte. Höhere Ausgaben und geringere Einnahmen sorgen dafür, dass viele Städte und Gemeinden keinen ausgeglichenen Haushalt mehr erreichen. Somit ist auch ihre Handlungsfähigkeit über die Daseinsvorsorge hinaus gesunken – genau die Handlungsfähigkeit, die für die Erreichung der Ziele aus dem Koalitionsvertrag und der konkreten Zukunftsgestaltung gefragt ist. Der Angriffskrieg auf die Ukraine hat diese Situation nun nochmals verschärft. Die Verhandlungen der Gemeinsamen Finanzkommission für den Doppelhaushalt 2023/24 sind entscheidend für die Frage, ob die Ziele des Koalitionsvertrages umgesetzt werden können.

„Wir werden die kommunale Familie auf dem Weg aus der Corona-Pandemie und mit den Herausforderungen im Zusammenhang mit den Geflüchteten aus der Ukraine nicht im Stich lassen“, versichert Ulli Hockenberger. „Die großen Aufgaben können wir nur gemeinsam bewältigen. Die CDU-Fraktion steht deshalb für eine starke Empfehlung der Gemeinsamen Finanzkommission der Landesregierung und der Kommunalen Landesverbände ein. Im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Landes wollen wir dabei Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg auch bei der Umsetzung von Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag bestmöglich zur Seite stehen.“

Auch der Grünen-Fraktion ist bewusst, dass die kommunalen Haushalte in den letzten Jahren gelitten haben: „Deshalb haben wir unseren Kommunen schnell, umfassend und unbürokratisch geholfen: Mit rund 2,9 Milliarden Euro im Jahr 2020 und mit über 800 Millionen Euro 2021. Auch für den Haushalt 2022 haben sich Land und Kommunen auf ein Maßnahmenpaket geeinigt. Ein Fokus ist der Bildungssektor. So wollen wir beispielsweise gezielt den Ausbau des Ganztagesangebotes an allgemeinbildenden Schulen und Grundschulen mit Geldern vorantreiben.“

Wichtig für uns ist: Wir achten dabei stets auf die Belange der kommunalen Familie und wollen auch in Zukunft ein verlässlicher Partner der Kommunen bleiben.

Oliver Hildenbrand, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag und Vorsitzender des Arbeitskreises Inneres, Digitalisierung und Kommunen

Oliver  Hildenbrand über die Herausforderungen der Landesregierung (c)Lena Lux

Der Gemeindetag Baden-Württemberg sieht die Soforthilfspakete 2020 und 2021 als guten Anfang, nötig sei jedoch noch einiges mehr. „Es muss uns gelingen die Gesamtheit der Kommunalfinanzen zu stabilisieren und damit allen Gemeinden und Städten im Land die Möglichkeit zu geben, Zukunft zu gestalten“, fordert Steffen Jäger. „Für die Soforthilfepakete sind wir sehr dankbar, jedoch ist dies noch nicht ausreichend, um die politischen Zusagen auf Bundes- und Landesebene in Zukunft in den Gemeinden umzusetzen. Dabei muss weiterhin die Handlungsfähigkeit des Staates das Leitmotiv sein, ob Ziele umgesetzt werden können und nicht die bloße Ankündigung oder der Beschluss neuer Standards und Rechtsansprüche.“

Schule und Kita benötigen Übergangslösungen

Der im letzten Jahr auf Bundesebene beschlossene Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen ab 2026 erschwert andere Ziele des Landes in Bezug auf die frühkindliche Bildung. Der Ausbau von Kita-Plätzen und die Erweiterung der Öffnungszeiten etwa, die im Koalitionsvertrag als Ziele definiert sind, werden schwerer umzusetzen sein, wenn das ohnehin mangelnde Personal zusätzlich für die längere Betreuung in den Grundschulen benötigt wird. Um proaktiv auf das Problem zu reagieren, hat der Gemeindetag Baden-Württemberg mit dem Kita-Fahrplan einen Maßnahmen-Katalog vorgeschlagen (die:gemeinde berichtete), der die Kooperation des Landes voraussetzt. Dieses müsste etwa übergangsweise die Höchstgruppenstärke erhöhen, Quereinsteigerprogramme auflegen, den Mindestpersonalschlüssel neu definieren und ein Bildungsbudget auflegen.

Und das Land hat bereits erste Maßnahmen eingeleitet, wie Oliver Hildenbrand berichtet: „Um den zusätzlichen Fachkräftebedarf zu decken, hat das Kultusministerium im Dezember 2021 eine gemeinsame Initiative mit den Akteurinnen und Akteuren der frühkindlichen Bildung gestartet. Als Ergebnis soll noch diesen Monat ein Maßnahmenpaket entstehen, das schrittweise umgesetzt wird.“

Doch welche Maßnahmen werden das sein? „Kernziel aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion ist es, mehr Menschen für den Beruf der Erzieherin beziehungsweise des Erziehers zu begeistern sowie auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger zu gewinnen“, erklärt Ulli Hockenberger.

Wir wollen das Berufsbild langfristig attraktiv halten, um Fachkräfte in den Einrichtungen zu binden. Dazu zählen Aspekte wie Arbeitsbedingungen, Personalentwicklung und (gesellschaftliche) Wertschätzung. Die Ausbildungskapazitäten, vor allem die Plätze für die Praxisintegrierte Ausbildung (PiA), sind auszubauen. Zudem sollten Erzieherinnen und Erzieher durch zusätzliches Personal unterstützt beziehungsweise entlastet werden können. Dafür bedarf es auch Qualifizierungsangebote.

Ulli Hockenberger, kommunalpolitischer Sprecher der CDU- Landtagsfraktion

Ulli Hockenberger über die Herausforderungen der Landesregierung

Aus Sicht Steffen Jägers ist eine Flexibilisierung des geltenden Rechtsrahmens eine kurzfristige Möglichkeit der steigenden Bedarfssituation im Bereich der Kinderbetreuung mit Räumlichkeiten, pädagogischen Fachkräften und weiteren geeigneten Betreuungskräften kurz- und mittelfristig gerecht zu werden. „Hinzu kommt die Herausforderung, auch den Zuflucht suchenden Kindern aus der Ukraine schnellstmöglich den Besuch in einer Kita oder einer Spielgruppe zu ermöglichen. Die Anforderungen werden uns Kompromisse abverlangen. Angesichts des erlittenen Leids der Menschen sind wir dazu bereit.“

Erneuerbare Energien – von der Last zur Lust

Auch im Bereich des Klimaschutzes kommt den Kommunen eine Schlüsselfunktion zu. Im ersten Regierungsjahr hat die Landesregierung das Klimaschutzgesetz erneut novelliert. Und als Ziel die Netto-Treibhausgasneutralität bis 2040 definiert. Sieht man sich an, wie das Land dies erreichen möchte, wird schnell klar, dass auch hier die Kommunen wieder die Lösungsebene sind. So hat das Land etwa ein Zwei-Prozent-Flächenziel für Windenergieanlagen und Photovoltaik-Freiflächenanlagen festgeschrieben. Doch gerade im Bereich der Erneuerbaren Energien besteht ein großes Problem in der Akzeptanz der Einwohnerinnen und Einwohner. Besonders Windparks stoßen nicht selten auf Bürgerproteste. Während es die Städte und Gemeinden sind, die sich mit diesen Protesten konfrontiert sehen, haben sie keine rechtliche Handhabe, um das Allgemeinwohl über diese Einzelinteressen zu stellen. Hinzu kommen Fragen des Artenschutzes. Auch hier fehlt bisher eine Priorisierung im Fachplanungsrecht, die den Kommunen erlaubt, den Zielkonflikt aufzulösen.

Einen Lösungsansatz der Landesregierung beschreibt Ulli Hockenberger so: „Im Koalitionsvertrag haben wir festgeschrieben, die Bürgerinnen und Bürger von Anfang an über den gesamten Prozess dialogisch zu beteiligen. Das kann die förmlichen Verfahren weiter entlasten.“

Die Grünen sehen die Energiewende als maßgeblichen Faktor auf dem Weg zur Klimaneutralität. „Und deshalb ist für uns völlig klar: Wir müssen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien schneller vorankommen“, sagt Oliver Hildenbrand. „Deshalb haben wir eine Task Force eingerichtet, die konkrete Vorschläge entwickelt, um die Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich zu beschleunigen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sendet ein klares Signal: Es zeigt, dass die Nutzung grüner Energien im öffentlichen Interesse liegt.“

Der Gemeindetag begrüßt, dass die Kommunen im Rahmen dieser Planungsinitiative eng einbezogen werden sollen. „Mit 13.000 Hektar ausgewiesenen Potenzialflächen für Windenergie eröffnen die kommunalen Planungsverbände schon heute den Ausbau der Erneuerbaren Energien“, sagt Steffen Jäger. „Trotz allem wird auch hier der entscheidende Erfolgsfaktor sein, die kommunalen Belange bei den Planungen in den Prozess zu integrieren.“ Damit Klimaschutz vor Ort mehr von der Last zur Lust werden kann, braucht es aus Sicht des Gemeindetags einen Fokus auf Anreize für Kommunen und örtlicher Bevölkerung.

Neben der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen kluge Anreizsysteme entwickelt werden. Wir werben dafür, dass sich die Task Force des Landes damit eingehend befasst.

Steffen Jäger, Präsident und Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags Baden-Württemberg

Steffen Jäger über die Herausforderungen der Kommunen im Licht der Ziele der Landesregierung

Mobilität braucht Konzepte für alle Regionen

Ein weiterer wichtiger Baustein beim Klimaschutz ist der Verkehr. Schrittweise soll eine Mobilitätsgarantie erreicht werden, die täglich einen flächendeckenden ÖPNV von fünf Uhr morgens bis um Mitternacht garantiert. Während dieses Ziel in einigen größeren Städten bereits erfüllt ist, stellt es besonders die ländlichen Räume vor Probleme.

Die Grünen-Fraktion ist jedoch überzeugt, dass es auch dort erreicht werden kann. „Die Mobilitätsgarantie für den Ländlichen Raum ist ein zentrales Versprechen von uns“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Gerade im Ländlichen Raum braucht ein nachhaltiger ÖPNV innovative Ansätze und bedarfsorientierte On-Demand-Angebote. Hier schauen wir auf Modelle wie Rufbusse und Sammeltaxis. Wichtig ist die gemeinsame Finanzierung von Bund, Ländern und Kommunen. Der Mobilitätspass ist eine Möglichkeit, um beispielsweise finanzielle Mittel für den Ausbau des ÖPNV zu generieren. Außerdem könnte für Ländliche Räume im Zuge einer Raumdifferenzierung die Höhe der Abgabe in Abhängigkeit von der Qualität des ÖPNV-Angebots gestaffelt werden.“

Ulli Hockenberger ist jedoch überzeugt, dass die Mobilitätsgarantie nur unter einer Bedingung wirklich funktionieren kann: „Nur bei einem attraktiven, verlässlichen, vertakteten und leicht zugänglichen Angebot werden deutlich mehr Menschen auf den ÖPNV umsteigen. Die Umsetzung der im Koalitionsvertrag verankerten Mobilitätsgarantie können und werden wir daher in einem engen Dialog mit den kommunalen Partnern umsetzen.“

„Um die Mobilität vor Ort nachhaltig zu sichern und gleichzeitig die Mobilitätsbedürfnisse in einer dauerhaft umweltverträglichen Weise zu gewährleisten, ist eine Strategie unter Einbeziehung aller Akteure notwendig“, sagt Steffen Jäger. „In den angestoßenen Prozess zum Landesmobilitätskonzept werden wir bereits frühzeitig die kommunalrelevanten Erwägungen einbringen. Im Flächenland Baden-Württemberg gehört es aber zur ehrlichen Bewertung, dass es in vielen ländlichen Regionen absehbar kaum möglich sein wird, den Pkw durch ÖPNV-Angebote entbehrlich zu machen. Daher braucht es innovative Ansätze, um auch dort klimaschonende Lösungen zu ermöglichen.“

Angriffskrieg sogt für akute Herausforderungen

Zu den bekannten Zukunftsherausforderungen, an denen das Land gemeinsam mit den Städten und Gemeinden arbeiten muss, kommen immer auch akute Herausforderungen hinzu. Neben der Corona-Pandemie, die nun im dritten Jahr nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Verwaltungen belastet, kommt in diesem Jahr der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hinzu. In den Kommunalverwaltungen ist es besonders die Verteilung von Geflüchteten, die für weitere Belastungen sorgt. Ein Mehr an Bürokratie ist vorprogrammiert.

„Uns liegt die Unterstützung der Kommunen bei der Schaffung von Wohnraum und der Integration der Geflüchteten sehr am Herzen“, bekräftigt Oliver Hildenbrand. „Dazu brauchen Kommunen finanzielle Hilfen, um zum Beispiel personelle Lücken im Integrationsmanagement aufzustocken. Wir prüfen in Zusammenarbeit mit den Kommunalen Landesverbänden, welche finanziellen Ressourcen und Verwaltungsverfahren uns zur Verfügung stehen. Um für schnelle Abhilfe zu sorgen, setzen wir uns für einen schlanken Verwaltungsaufwand ein. Mit dem Förderprogramm „Wohnraum für Geflüchtete“ wollen wir zudem ein Finanzpaket schnüren, das die Kommunen gezielt mit Zuschüssen für den Wohnraumausbau entlastet. Für den Ausbau der Unterkünfte gibt es für die Baurechtsbehörden Möglichkeiten, baurechtliche Verfahren zu verkürzen. Außerdem bestärkt das Land die Behörden darin, den aus der Ukraine geflüchteten Menschen unbürokratisch Wohnberechtigungsscheine zu erteilen. Aus der Situation heraus befürworten wir eine neue Arbeitsgruppe der Bauministerien der Länder und des Bundesbauministeriums, um die Mobilisierung von Flächenreserven für den Wohnungsbau voranzubringen.

Auch die CDU-Fraktion hält die Kooperation mit den Kommunen bei der Hilfe für die Ukraine für essenziell: „Der furchtbare Angriffskrieg in der Ukraine und seine Folgen machen eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit des Landes mit den Kommunen unabdingbar. Durch den Stab „Flüchtende aus der Ukraine“ werden in enger Abstimmung pragmatische Lösungen für die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten aus der Ukraine gefunden. Die zentrale Stelle zur Koordinierung von Anfragen und Hilfsangeboten des Justizministeriums entlastet kommunale Strukturen. Um die Registrierung der Flüchtlinge einheitlich und pragmatisch zu gestalten, wurde mit der kommunalen Seite ein vereinfachter Registrierungsprozess abgestimmt. Daneben setzt sich das Justizministerium auch beim Bund für eine schnellstmögliche Verbesserung der Prozesse für die länderübergreifende Verteilung und Registrierung der Geflüchteten ein. Nicht zuletzt unterstützt das Land die Kommunen bei der Aufnahme der Geflüchteten durch die Bereitstellung der Landeserstaufnahmeeinrichtungen als Erstanlaufstelle für alle Ankommenden, die sonst keine Anlaufstelle im Land haben.“

„Die Verantwortlichen vor Ort geben ihr Möglichstes, um die kriegsvertriebenen Menschen gut aufnehmen zu können“, sagt Steffen Jäger. „Die politischen Weichen müssen zu Gunsten des Engagements in den Kommunen gestellt werden. Der zu Beginn angesprochene vertrauensvolle Austausch zwischen Land und Kommunen ist demnach gegenwärtig und zukünftig wichtiger denn je. Unseres Erachtens braucht es dringend eine klare Prioritätensetzung, eine Entlastung von unnötigen bürokratischen Hürden (zum Beispiel § 2b UstG), eine Rückführung der Haftungsregelungen hin zu einer gesunden Eigenverantwortung und eine Abkehr vom Vollkaskostaat. Kurzum: Politik und Gesellschaft müssen über eine neue politische Bedürfnispyramide nachdenken. Nur im Dialog kann es so gelingen die Diskrepanz zwischen politischen Zusagen und der tatsächlichen Leistungsfähigkeit gering zu halten.“