© Adobe Stock

Landesfeuerwehrverband: Brauchen mehr Mittel vom Bund

Der Bundesrat kritisiert, dass es beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sowie beim Technischen Hilfswerk (THW) zu Ausgabenkürzungen von bis zu 40 Prozent kommen soll. Auch der Landesfeuerwehrverband sieht die Kürzungen kritisch. Gegenüber die:gemeinde erklärt Präsident Frank Knödler, warum die Budgetkürzungen seiner Meinung nach zur Unzeit kommen - und warum es wichtig ist, konsequent und vorausschauend in den Bevölkerungsschutz zu investieren.

Konkret geht es um zehn Milliarden Euro verteilt auf zehn Jahre, die der Bund im Rahmen eines „Stärkungspakt Bevölkerungsschutz“ zur Verfügung stellen soll.  „Damit können notwendige Strukturen geschaffen oder wiederaufgebaut werden, um der Bevölkerung bei länderübergreifenden Lagen adäquaten Schutz zu bieten“, schreibt das Innenministerium Baden-Württembergs am vergangenen Freitag in einer Pressemitteilung. Als Grund für den Entschließungsantrag nennen die Antrag stellenden Länder, zu denen neben Baden-Württemberg auch Sachsen-Anhalt, Bayern, Hessen, Schleswig-Holstein und Sachsen gehören, konkret den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Dadurch habe sich die Sicherheitslage in Deutschland, Europa und der Welt verändert.

Strobl: Kürzungen sind „Katastrophe für den Katastrophenschutz“

Die Länder kritisieren den Bund dafür, Zusagen nicht einzuhalten. Eine Zusage für die zehn Milliarden Euro hatte es nämlich bereits gegeben. Nach Kriegsbeginn am 24. Februar habe Einigkeit bestanden, den Zivilschutz stärken zu müssen, so Innenminister Thomas Strobl. „Wir Landes-Innenminister hatten uns mit Bundesinnenministerin Faeser auf zehn Milliarden zusätzlich für den Zivilschutz verständigt. Parteiübergreifend. Einstimmig! Doch nun will der Bund nicht mehr, sondern weniger Geld geben. Die Kürzungen der Ampel sind eine Katastrophe für den Katastrophenschutz“, so Strobl.

Landesfeuerwehrverband: Bevölkerungsschutz ist im Dornröschenschlaf 

Dezidierte Zustimmung zur Forderung des Bundesrats kommt vom Landesfeuerwehrverband. Gegenüber die:gemeinde konstatiert dessen Präsident Frank Knödler, dass die Budgetkürzungen zur Unzeit kämen. „Der gesamte Bereich des Bevölkerungsschutzes ist nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ Ende der 1980er Jahre in einen Dornröschenschlaf verfallen – und muss nun auf Bundes- und Landesebene dringend reanimiert werden; dafür braucht man deutlich mehr Mittel als bisher“, so Knödler. Dabei gehe es nicht in erster Linie darum, wie die Feuerwehren Großschadenslagen bekämpfen sollen. „Feuerwehr können wir, das ist nicht unser Problem“, stellt Frank Knödler klar.

Frank Knödler: Müssen vorausschauend in Bevölkerungsschutz investieren

„Uns geht es vor allem darum, wie zum Beispiel Infektionslagen, flächendeckende CBRN-Lagen*, der Ausfall der kritischen Infrastruktur, der Zusammenbruch der Treibstoff- und Gasversorgung, der Ausfall der Kommunikationsmittel sowie der Zusammenbruch einer geregelten Lebensmittel- und Arzneimittelversorgung gemanagt werden können“, so Knödler im Gespräch mit die:gemeinde weiter. Man dürfe zur Bewältigung eines breiten Schadensspektrums mit weitreichenden Auswirkungen auf das gesamte öffentliche Leben nicht erst dann investieren, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wie bei der pandemischen Corona-Lage, sondern man müsse vorausschauend unter Heranziehung von Risikoanalysen konsequent in den Bevölkerungsschutz investieren. „Wir brauchen in Deutschland wieder einen schlagkräftigen, personell und finanziell gut aufgestellten Bevölkerungsschutz. Dafür müssen die erforderlichen Mittel bereitgestellt werden - nur so kommt man „vor die Lage!“, so Knödlers Appell an die Bundesregierung.  

Hintergrund: Etatkürzung im Bundesinnenministerium

Zum Hintergrund: Noch im Mai hatte der Bund in seinen Haushaltsplanungen 286 Millionen Euro für den Bevölkerungsschutz vorgesehen. Im Haushaltsentwurf schrumpfte diese Zahl dann aber beträchtlich, nämlich auf 174 Millionen Euro, also mehr als 100 Millionen weniger als ursprünglich vorgesehen. Auch die Ausgaben für das Technische Hilfswerk wurden nach unten korrigiert. Sie sollen 2023 um 158 Millionen Euro auf 386 Millionen Euro sinken. Angesichts der vielen Krisen der Zeit - Krieg, Flüchtlinge Klimawandel - ist das aus Sicht der Länder ein fatales Signal. Der Bund selbst kontert die Vorwürfe mit dem Argument, der Katastrophenschutz sei eigentlich Ländersache. Die Kürzungen stehen nicht isoliert, sondern sind die Folge eines insgesamt geschrumpften Etats im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), der 2023 um mehr als 2,2 Milliarden Euro sinken soll.   

Strobl: Hunderttausende Ehrenamtliche hoffen auf Unterstützung 

Die aktuelle Krise zeigt laut Thomas Strobl, dass man nicht an der Sicherheitsarchitektur des Landes sparen dürfe. „Es bleibt zu hoffen, dass die Zeitenwende keine leere Phrase bleibt, sondern ihr konkrete Taten folgen“, so Strobl. Der Innenminister betonte dabei auch die Rolle der Ehrenamtlichen im Bevölkerungsschutz. Hunderttausende Menschen sei dort engagiert und hofften auf die Unterstützung durch den Bund - und darauf, so Strobl, dass der Bund sein Verhältnis zu den Ländern in diesem und in anderen Bereichen neu belebe.

Strobl: Zur Stärkung der Äußeren Sicherheit gehört Stärkung der Inneren Sicherheit   

Außerdem betonte Strobl, dass die Stärkung der Äußeren Sicherheit nur mit der Stärkung der Inneren Sicherheit einhergehe. Damit hob er auf die 100 Milliarden Euro ab, die der Bund der Bundeswehr bereitstellen will.  „Wenn wir unsere Verteidigungsfähigkeit stärken, gehört die zivile Verteidigung, also der Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger, zwingend mit dazu. Und für diesen Zivilschutz trägt ganz unstreitig und klar der Bund die Verantwortung“, so Strobl. 

*Die Abkürzung CBRN steht für chemische, biologische, radiologische und nukleare Gefahren.