Der Green Deal und seine Auswirkungen auf die Kommunen in Baden-Württemberg
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Green Deal: Europas Weg zum klimaneutralen Kontinent bis 2050

25. September 2023
Die Europäische Union hat das Ziel, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Der Grüne Deal wird dabei als umfassende Strategie verstanden, um ein neues und grünes Wachstum zu fördern, wie Patrick Wegener erläutert.

Die Strategie des Grünen Deals basiert auf drei Hauptzielen: keine Netto-Treibhausgasemissionen bis 2050, Entkopplung des Wirtschaftswachstums von der Ressourcennutzung sowie die Unterstützung der Menschen und Regionen auf diesem Weg. Um diese Ziele zu erreichen, hat die Europäische Kommission im Juli und Dezember 2021 die Fit-für-55-Pakete vorgestellt, die Maßnahmen wie die Überarbeitung der Richtlinie für den Ausbau erneuerbarer Energien, der Energieeffizienz und der Gebäudeenergieeffizienz beinhalten. Doch wo stehen wir im Sommer 2023?

Ausbau der erneuerbaren Energien in Europa

Die Mitgliedstaaten im Rat und die Abgeordneten im Europäischen Parlament haben sich nach langen Verhandlungen, dem sogenannten Trilog, auf die neuen Ziele der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie geeinigt. In der alten Fassung wollte die EU bis 2030 einen Anteil von 32 Prozent Energie aus erneuerbaren Quellen am Gesamtenergieverbrauch der EU erreichen. Mit dem neuen Zielwert von 42,5 Prozent wird somit ein starker Ausbau der erneuerbaren Energien erwartet. Insbesondere bei Gebäuden soll eine Versorgung mit mindestens 49 Prozent erneuerbarer Energieträger bis 2030 erfolgen. Das Europabüro ist bei diesem europäischen Vorhaben unter anderem für die Kommunen aktiv geworden, als die Rolle von Holz- und Biomasseanlagen und ihre Anrechnung zu den erneuerbaren Energien auf der Kippe stand. Erfreulicherweise konnte hier durch gezielte Interessenvertretung mit breiten Bündnispartnern eine gute Lösung erreicht werden, unter anderem für die Energieversorgung in den ländlichen Räumen.

Patrick Wegener ist Leiter des Europabüros der baden-württembergischen Kommunen (c)Leif-Hendrick Piechowski/Europabüro der baden-württembergischen Kommunen
Patrick Wegener ist Leiter des Europabüros der baden-württembergischen Kommunen (c)Leif-Hendrick Piechowski/Europabüro der baden-württembergischen Kommunen

Energieverbrauch in Europa im Blick

Mit der Überarbeitung der Energieeffizienz-Richtlinie haben die Mitgliedstaaten im Rat und das Parlament die Energieeinsparziele für den Primär- als auch für den Endenergieverbrauch angepasst. Bis 2030 soll damit der europäische Energieverbrauch um 11,7 Prozent sinken. Insbesondere für öffentliche Einrichtungen gelten besondere Spielregeln. Die Mitgliedstaaten sollen jährlich sicherstellen, dass die Gebäude, die sich im Eigentum öffentlicher Einrichtungen befinden, mindestens zu Niedrigstenergiegebäuden werden. Dabei konnte eine flexiblere Handhabe der drei Prozent Renovierungsanforderung erreicht werden. Die Mitgliedstaaten sollen darüber entscheiden und dabei die Kosten und technische Machbarkeit im Blick behalten, wenn es um die Auswahl der Gebäude geht. Zudem konnte erreicht werden, dass es Ausnahmen für den sozialen Wohnungsbau gibt.

Quartiersansätze bei der Gebäudeenergieeffizienz nötig

Aktuell laufen die Verhandlungen zur Überarbeitung der Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie im Trilog. Aus kommunaler Sicht ist dabei elementar, dass die europäische Rahmengesetzgebung den Blick auf das Quartier und das energetische Quartierskonzept wirft. Solche Ansätze würden vor Ort ein Mehr an Handlungsspielraum für die Kommunen bedeuten und könnten zu schnelleren und kostengünstigeren Sanierungen beitragen. Das Parlament konnten die kommunalen Vertretungen in Brüssel von der Notwendigkeit des Quartiersansatzes überzeugen. Deshalb stärken die Kommunen den Abgeordneten bei diesem Thema den Rücken in den Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten im Rat, der diese Perspektive noch nicht eingenommen hat. Es gilt dabei: Die Betrachtung von Quartieren ist der notwendige Paradigmenwechsel, um die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden langfristig und nachhaltig zu gestalten. Deshalb braucht es dazu einen verbindlichen europäischen Rechtsrahmen, der den Quartiersansatz fördert.

Paradigmenwechsel nötig, damit der Grüne Deal ein gemeinsamer Erfolg werden kann

Der Grüne Deal wird nur mit der aktiven Einbindung der Kommunen erfolgreich sein. Dabei muss neben der inhaltlichen Auseinandersetzung auch die Art und Weise diskutiert werden und daraus Ergebnisse folgen, die diese kommunale Einbindung schon in der Ausarbeitung der Vorschläge berücksichtigt. Der Ausschuss der Regionen setzt sich genau mit dieser Fragestellung aktuell auseinander, wie der Grüne Deal besser gemacht werden könnte. Die dafür vorgesehene Stellungnahme soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden und in die geplante Überarbeitung der Verordnung über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz einfließen, die die Kommission für 2024 angekündigt hat. Nur durch eine konsequente kommunale Einbindung kann das Generationenprojekt klimaneutrales Europa bis 2050 gelingen.

Übersicht der kommunalrelevanten Fit-für-55-Vorschläge:

  • Überarbeitung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III): Verhandelt und auf den Weg gebracht
  • Überarbeitung der Energieeffizienz-Richtlinie: Verhandelt und auf den Weg gebracht
  • Verordnung zur Einrichtung eines Klima-Sozialfonds: Verhandelt und auf den Weg gebracht
  • Verordnung über Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe: Verhandelt und auf den Weg gebracht
  • Überarbeitung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden: Verhandlungen im Trilog laufen