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"Glasfaserpakt": Unternehmen wollen mit Kommunen ins Gespräch kommen

Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) hat die Gründung eines "Glasfaserpakts" ins Spiel gebracht. In anderen Bundesländern gibt es solche Vereinbarungen bereits. Das Innenministerium signalisiert immerhin Gesprächsbereitschaft, in dieser Wochen finden Sondierungen statt. Was hat es mit dem Pakt auf sich?

BREKO-Geschäftsführer Stephan Albers stellt sich unter dem Glasfaserpakt ein Bündnis von Landesregierung, Kommunen und Unternehmen vor, das sich auf gemeinsame Ziele und Prioritäten verständigen soll. Das sagte Albers Ende April im Rahmen des ersten Glasfaserforums Baden-Württembergs in Stuttgart. Die Idee stieß auf Wohlwollen. Der Chief Intelligence und Chief Digital Officer (CIO/CDO) des Landes, Stefan Krebs, will die Idee noch im Mai konkretisieren und den Glasfaserpakt ausarbeiten.

Jan Simons (BREKO): Bürokratie ist aufwändig

Laut Jan Simons, dem Leiter der Abteilung Landes- und Kommunalpolitik von BREKO, liegen zwischen gefördertem und privatwirtschaftlichem Ausbau Welten. „Die Bürokratie ist bei der Förderung teilweise einfach sehr aufwändig. Das hat durchaus manchmal auch seine Berechtigung, aber verlängert den Prozess oft erheblich“, so Simons im Gespräch mit die:gemeinde. Der Verband plädiert für ein privatwirtschaftliches Vorgehen, wo immer es möglich und für die Unternehmen machbar ist. Förderung sei indes nur in Gebieten notwendig, in denen es auf absehbare Zeit keinen eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau geben wird.

BREKO will Glasfaser-Pakt als Plattform für den gemeinsamen Austausch 

BREKO gehe es beim Pakt nicht zuletzt darum, eine Plattform für regelmäßigen Austausch zu schaffen, innerhalb der die Beteiligten klare Prioritäten für den Breitbandausbau festlegen und sich gegenseitig auf ein bestimmtes Vorgehen verpflichten. Auch gemeinsame Standards bei der Antragstellung könnten helfen, so Simons. Ähnliche Vereinbarungen gebe es bereits in anderen Bundesländern, so Simons, beispielsweise in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. In anderen Ländern befinde man sich in der Ausarbeitung. In Sachsen-Anhalt wurde ein Pakt vor gut einem Jahr unterzeichnet. Inhaltlich einigte man sich darauf, die Technologie durch einen Ausbau von Kooperationen, standardisierte Genehmigungsverfahren und die Anerkennung alternativer Verlegemethoden voranzutreiben. 

Knut Holocher, IM: Haben Interessen der Kommunen im Blick

Auch das Land Baden-Württemberg ist offen für eine solche Vereinbarung. Doch man müsse vor allem die Interessen des Landes und der Kommunen im Auge behalten, betont Knut Holocher, Leiter des Referats Digitale Infrastruktur im Innenministerium gegenüber die:gemeinde. "Die Kommunen spielen in Baden-Württemberg beim Breitbandausbau eine ganz wichtige Rolle. Nur wenn man ihre Interessen mit denen der Unternehmen unter einen Hut bekommt, können wir diesen Pakt in Baden-Württemberg auch machen", so Holocher. Noch diese Woche werde er das Feld zusammen mit Vertretern von BREKO sondieren. Dann sehe man, ob man auf einen gemeinsamen Nenner kommen könne, so Holocher.

Pakt soll Atmosphäre zwischen Gemeinden und Unternehmen verbessern

Unabdingbar sei es dabei, die kommunalen Spitzenverbände mitzunehmen. Als grundsätzliches Ziel eines möglichen Paktes nennt Holocher die Verbesserung der Abläufe vor und beim Ausbau. "Wenn Unternehmen nicht mit den Gemeinden kooperieren, wird es schwierig für sie. Das beginnt schon bei der Vorvermarktung", erklärt er. Den "Pakt" könne man auch als Plattform des Austauschs verstehen, der eine positive und vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre zwischen Kommunen und Unternehmen gewährleistet. 

Glasfaser: Deutschland im internationalen Vergleich schlecht  

Obwohl schnelles Internet die Grundlage der modernen Wissens- und Technologiegesellschaft ist und die Bundesrepublik das Selbstbild eines Hochtechnologielands pflegt, macht sie im internationalen Vergleich eine jämmerliche Figur. So betrug der Anteil von Glasfaseranschlüssen an allen stationären Anschlüssen im vergangenen Jahr in Deutschland nur 6,4 Prozent. Zum Vergleich: Der Durchschnitt aller OECD-Länder liegt bei 32,1 Prozent. In Nationen wie Japan und Südkorea werden vier von fünf Haushalten über Glasfaser mit Internet versorgt, und auch in Europa spielen Länder wie Spanien, Schweden, Litauen oder Island mit Werten von weit über 60 Prozent in einer anderen Liga. 

Verfügbarkeit von Glasfaser: Baden-Württemberg abgeschlagen 

Und damit nicht genug: Selbst innerhalb des sträflich unterversorgten Deutschland spielt das vermeintliche Hochtechnologieland Baden-Württemberg die drittletzte Geige: In nur 7,4 Prozent der Haushalte ist ein Glasfaseranschluss verfügbar (Stand: 2021), nur das Saarland und Thüringen stehen noch schlechter da. Stephan Albers' Kommentar beim Glasfaserforum kann deshalb nicht verwundern. „Baden-Württemberg hat sich viel früher in der Glasfaserförderung engagiert als viele andere Bundesländer. Dennoch steht es aktuell im bundesweiten Vergleich der Glasfaserquoten auf dem drittletzten Platz", referierte er trocken die Faktenlage.

Knut Holocher: Gigabitfähigkeit in Baden-Württemberg ist gut 

Doch die Zahlen täuschen. Denn sie beziehen sich auf eine reine Glasfaserleitung. "Wenn Sie nach der Gigabitfähigkeit fragen, liegt die Quote Baden-Württembergs bei mehr als 70 Prozent und damit im Ländervergleich sehr gut", sagt Knut Holocher. So sei vielerorts der Glasfaseranschluss bis zum Verteilerkasten vor den Häusern gewährleistet, und erst von dort an gehe es mit Kupferdrähten weiter. "Die Netze sind zu 90 Prozent ohnehin bereits mit Glasfaser ausgestattet", sagt Knut Holocher. Im Ländlichen Raum sei der Glasausbau wegen der langen Strecken natürlich sehr teuer und aufwändig. "Da ist es ohne Förderung oft kaum zu machen", so der Experte.

Glasfaser-Misere im Südwesten: Förderung verzögert Ausbau, sagt BREKO 

BREKO-Chef Albers hatte beim Glasfaserforum kritisiert, dass Ausbauprojekte mit öffentlicher Förderung im Mittel fünf Jahre, eigenwirtschaftlich jedoch nur 18 Monate dauerten. Dass private Projekte kürzer dauerten als öffentliche sei aber einfach zu begründen, entgegnet Kai Holocher, denn Unternehmen müssten Aufträge schließlich nicht öffentlich ausschreiben. Holocher stellt außerdem klar, dass die gängigen Verfahren bereits jetzt den Vorrang des privatwirtschaftlichen Ausbaus garantierten. "Das ist beihilferechtlich zwingend. Wenn ein Unternehmen Interesse bekundet und ausbauen will, gibt es keine Förderung", so Holocher. Nähmen dagegen keine Unternehmen an den Ausschreibungen teil, würden die Kommunen eben in die Förderung gehen. 

Gemeindetag: Mit kooperativer Privatwirtschaft kann man viel erreichen 

Auch der Gemeindetag war beim Glasfaserforum vertreten. Dezernentin Heidi Schmid bezeichnete den Breitbandausbau als wichtiges Thema, dem sich die Kommunen stellen würden, auch wenn er nicht zu den kommunalen Pflichtaufgaben gehören würde. Schmid sagte, dass es auch auf die Unternehmen ankomme. „Zusammen mit starken und verlässlichen Partnern kann viel erreicht werden. Mit einer kooperativen Privatwirtschaft, klaren rechtlichen Voraussetzungen und einer – auch ab 2023 weiterhin geeigneten Förderkulisse – kann der flächendeckende, gigabitfähige Breitband- und Mobilfunkausbau mit kommunaler Unterstützung effektiv vorangetrieben werden“, so Schmid. Ob und inwiefern der Glasfaserpakt dabei helfen kann, wird sich vielleicht schon noch in diesem Jahr zeigen.