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Gemeinden bekommen größeren Spielraum im Kampf gegen Zweckentfremdung

Es ist ein Problem, mit dem längst nicht mehr nur Ballungsräume zu kämpfen haben, sondern vor allem auch Kommunen in touristisch attraktiven Gebieten: Die Zweckentfremdung von Wohnraum. Bereits vor sieben Jahren hatte das Land deshalb ein Zweckentfremdungsverbot gesetzlich verankert. Weil die Unsitte noch immer grassiert, zieht der Gesetzgeber nun die Zügel an.

Für manche Eigentümer scheint die Versuchung groß: eine Wohnung im beliebten Tourismusgebiet wird nicht dem Mietmarkt zugeführt, sondern via Online-Plattform als Ferienwohnung inseriert. Doch in Zeiten knappen und teuren Wohnraums ist das kein Kavaliersdelikt mehr. Das Land hatte das Problem der Zweckentfremdung bereits vor Jahren erkannt und Ende 2013 das Zweckentfremdungsverbotsgesetz auf den Weg gebracht. Damit ermöglichte der Gesetzgeber den Kommunen, Wohnraum zu schützen, sofern ein Wohnraummangel vorliegt. Kurz darauf machte die Stadt Freiburg von dieser Möglichkeit Gebrauch: Der Gemeinderat beschloss Anfang 2014 eine entsprechende Satzung, die kurz darauf in Kraft trat.

Land will Gemeinden noch effektivere Instrumente gegen Zweckentfremdung an die Hand geben

Im Kampf gegen die Zweckentfremdung reichen die bisherigen Mittel aber nicht aus. Der Ministerrat hat deshalb am 8. Dezember die Änderung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes beschlossen. Der Gesetzentwurf wird demnächst in den Landtag eingebracht. „Wir wollen unseren Städten und Gemeinden mit den geplanten Änderungen noch bessere und effektivere Instrumente an die Hand geben, um gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum vorgehen und den vielerorts knappen Wohnungsbestand erhalten zu können“, kommentierte Wohnungsbauministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut den Vorstoß.

Neuerung eins im Kampf gegen Zweckentfremdung: Auskunftspflicht von Portalbetreibern

Der Entwurf sieht drei konkrete Instrumente vor, mit denen Städte und Gemeinden die Zweckentfremdung bekämpfen können. So sollen sie Auskünfte von Internetportalen, die Ferienwohnraum vermitteln, verlangen können. Für Vermietungen sollen sie eine Registrierungspflicht, für jede Überlassung von Wohnraum eine Anzeigepflicht einführen dürfen. „Gerade für Kommunen in touristisch beliebten Gebieten ist es wichtig, noch schlagkräftiger gegen die Vermietung als Ferienwohnraum agieren zu können.Oft ist es so, dass sich der hinter den jeweiligen Angeboten stehende Vermieter in der Praxis nur schwer ermitteln lässt“, sagte Hoffmeister-Kraut. Durch die Auskunftspflicht könne die Kommune im Einzelfall besser nachprüfen, ob die jeweilige Nutzung zulässig sei. Auch die Möglichkeit, eine Registrierungspflicht für das Anbieten und Bewerben von Ferienwohnraum sowie eine Anzeigepflicht für jede einzelne Überlassung von Ferienwohnraum einzuführen sei für die Kommunen wichtig, um das Verbot konsequenter umsetzen zu können.

Gemeindetag begrüßt das neue Werkzeug

Der Gemeindetag Baden-Württemberg begrüßt, dass Kommunen mit Wohnraummangel, zukünftig die Möglichkeit haben, per Satzung eine Registrierungspflicht für das Anbieten und Bewerben von Ferienwohnungen und eine Anzeigepflicht für jede einzelne Überlassung von Wohnraum als Ferienwohnraum für wechselnde Nutzer zu regeln. Insbesondere der Satzungsvorbehalt erlaube es den Kommunen, in eigener Verantwortung die Instrumente von Registrierungs- und Anzeigepflicht auszuüben.

Neuerung zwei: Höhere Bußgelder bei Verstößen

Die zweite Neuerung sieht höherer Bußgelder vor. Bislang konnten Kommunen bei Verstößen gegen das Genehmigungserfordernis maximal 50.000 Euro verlangen. Im Falle der Verabschiedung der Novelle fällt die Maximalstrafe doppelt so hoch aus, fällig werden dann bis zu 100.000 Euro. Für die erwähnten neuen Pflichten (Auskunft, Anzeige, Registrierung) müssen bis zu 50.000 Euro Bußgeld bezahlt werden. "So können die Kommunen künftig noch schlagkräftiger gegen Verstöße vorgehen, um Wohnraum zu sichern“, sagte Frau Hoffmeister-Kraut.

Weitere Änderungen des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes geplant

Der Gesetzgeber strebt darüber hinaus eine klarere Definition bereits bestehender Regeln des Gesetzes an. So soll beispielsweise der Zeitraum einer Vermietung von Wohnraum für Zwecke der Fremdenbeherbergung, ab dem eine Zweckentfremdung vorliegt, auf zehn Wochen im Kalenderjahr festgelegt werden. Auf diese Weise soll mehr Rechtssicherheit entstehen. Zudem sollen Widerspruch und Klage gegen den Vollzug des Gesetzes keine aufschiebende Wirkung haben. Dadurch will man Verzögerungen durch Einlegung von Rechtsmitteln vermeiden.

Appell an die Gemeinden: Vorhandene Potenziale nutzen, um Wohnraum zu schaffen

Die Ministerin appellierte zudem nochmals an die Städte und Gemeinden, alle vorhandenen Potentiale zu nutzen, um neuen Wohnraum zu schaffen. Sie verwies auf  innovative Ansätze der Wohnraumschaffung, die im Rahmen der Wohnraumoffensive Baden-Württemberg mit ihren zentralen Elementen des Grundstücksfonds und des Kompetenzzentrums Wohnen BW identifiziert und weiterverfolgt werden.