Bundestagswahl 2021
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Das fordern die Bürgermeister Baden-Württembergs von der nächsten Bundesregierung

Die Kommunen stehen weiterhin vor großen Herausforderungen. Corona-Pandemie, Umweltkatastrophen, Klimaschutz – damit sind nur einige der Aufgaben angerissen, denen sich Städte und Gemeinden gegenüberstehen. Um sie zu meistern, brauchen sie die Unterstützung von Bund und Ländern. Daher wollen wir wissen: Was erwarten die Bürgermeister im Land von der neuen Bundesregierung?

Ferdinand Truffner über die Bundestagswahl

Machete statt Förderdschungel

Ich erwarte von einer neuen Bundesregierung, dass das Thema Entbürokratisierung endlich konkret in allen Lebensbereichen der Bürger und Kommunen angegangen wird. Statt dauernd neue „Förderdschungel“ zu kreieren, wünsche ich mir eher eine Machete, um dieses Dickicht zu lichten – wir verwalten uns in Deutschland schlichtweg zu Tode. Gerade beim Thema Breitbandversorgung sollten wir uns nicht selber im Wege stehen und den Ausbau durch Bestimmungen verkomplizieren. Hätte man bei der Trinkwasserversorgung in frühen Zeiten dies auch so gehandhabt, hätten wir heute noch Dorfbrunnen zum Wasserschöpfen.

Ferdinand Truffner, Bürgermeister der Gemeinde Empfingen

Dorothee Eisenlohr zur Bundestagswahl

Hilfe für den kommunalen Katastrophenschutz

Immer öfter beuteln uns heftige Naturereignisse. Deshalb brauchen wir dringend ein Förderprogramm für kommunalen Katastrophenschutz! Nach dem missglückten Sirenenwarntag 2020 hätte ich das schon vor einem Jahr erwartet. Wenn ein Rechtsanspruch auf Ganztagesschule kommt, brauchen wir Kommunen Hilfe, diesen zu erfüllen. Das betrifft sowohl Unterstützung bei den Personalkosten als auch bei der Schaffung der nötigen räumlichen Voraussetzungen. Auch wenn man es kaum glaubt: Immer noch leben, auch im ländlichen Bereich, bei uns Kinder und Familien in großer Armut. Hier erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie hinschaut und echte Lösungen auf den Weg bringt.

Dorothee Eisenlohr, Oberbürgermeisterin der Stadt Schramberg

Anna Walther über die Bundestagswahl

Machbarkeit, Zumutbarkeit, Spielräume

Das abgestimmte Steuern Deutschlands aus der Pandemie nach einem konkreten Plan mit nachvollziehbaren und konsequenten Maßnahmen wird eine der zentralen Aufgaben der neuen Bundesregierung sein. Hinzu kommen das entschiedene Vorantreiben der Digitalisierung, der durchdachte und somit zumutbare Klimaschutz, die Realisierbarkeit des Ganztagesbetreuungsanspruchs an den Grundschulen, das bezahlbare Dach über dem Kopf und dessen unabdingbare Voraussetzung – die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Meine Forderungen für Kommunen an die neue Bundesregierung: Machbarkeit, Zumutbarkeit, Spielräume.

Anna Walther, Bürgermeisterin der Gemeinde Schönaich

Jürgen Roth zur Bundestagswahl

Digitalisierung durch Breitbandausbau vorantreiben

Meine Forderung lautet: Einfach umsetzen, weniger ankündigen. Dies bezieht sich auf mehrere Themenfelder der kommunalen Daseinsvorsorge und zeigt sich am deutlichsten beim Thema der Digitalisierung durch Breitbandausbau. Dieser muss intensiviert und verbunden werden mit einer sinnhaften und praxisorientierten Anpassung des Telekommunikationsgesetzes. Eine Reform des Steuerwesens wäre wünschenswert, damit die Kommunen eigenständig agieren können, ohne ständig auf Bund-Länder-Förderprogramme warten zu müssen. Außerdem hat die aktuelle Anderszeit auch gezeigt, wie wichtig eine Stärkung des Bevölkerungsschutzes wäre.

Jürgen Roth, Oberbürgermeister der Stadt Villingen-Schwenningen

Ute Goebelbecker über die Bundestagswahl

Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land

Meine Erwartungen an die neue Bundesregierung sind in erster Linie die Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit durch eine ausreichende und gesicherte Finanzierung. Und dies nicht im Korsett von unzähligen Förderprogrammen und dem damit einhergehenden Verwaltungsaufwand, der– mit Verlaub gesagt – gerade in kleinen Verwaltungsstrukturen schon jetzt nicht mehr zu bewältigen ist.  Die neue Bundesregierung sollte bei der Schaffung von Wohnraum einen Schwerpunkt setzen und für die Sicherung gleicher Lebensverhältnisse in Stadt und Land einstehen. Dies betrifft insbesondere den ÖPNV, die Digitalisierung, den Klimaschutz und, ganz wichtig, die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in der Fläche.

Ute Goebelbecker, Bürgermeisterin der Gemeinde Dettenheim

Klaus Holaschke zur Bundestagswahl

Verlässliche Hilfe beim Klimaschutz

Die Kommunen als Basis unseres Staatsaufbaus brauchen nachhaltige Unterstützung der neuen Bundesregierung. Zum einen brauchen wir verlässliche finanzielle Mittel, um die wichtigen Zukunftsaufgaben wie Kinderbetreuung, Ganztagesschulausbau, Integration, gerade auch von Migrantenkindern in unseren Kitas und Schulen, qualitativ zu gewährleisten. Ein zweiter wichtiger Punkt ist der Klimaschutz und die Energiewende. Auch hier brauchen die Kommunen, wie beispielsweise bei der Einstellung von Klimaschutzmanagern, nachhaltige finanzielle, wie auch qualitative Unterstützung. Der ländliche Raum muss auch bei der Bundesregierung seinen Platz haben. 

Klaus Holaschke, Oberbürgermeister der Stadt Eppingen und Erster Vizepräsident des Gemeindetags Baden-Württemberg

Michael Kessler zur Bundestagswahl

Innenstadtfonds und schnellere Planungsverfahren

Die von den Parteien formulierten Ziele werden nur umsetzbar sein, wenn man den Akteuren vor Ort, die dies umsetzen sollen, die entsprechende Finanzausstattung zur Verfügung stellt. Dazu bedarf es eines vom Bund finanzierten Konjunkturprogramms. Das drohende Sterben unserer Innenstädte braucht eine Unterstützung durch eine aufgestockte Städtebauförderung oder eines speziellen Innenstadtfonds. Die Schaffung dringend benötigten Wohnraums muss durch den Abbau von Baustandards und schnellerer Planungsverfahren unterstützt werden. Ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler ist zurückzustellen, da Fachkräfte und Finanzmittel fehlen.

Michael Kessler, Bürgermeister der Gemeinde Heddesheim und Vizepräsident des Gemeindetags Baden-Württemberg

Bernd Mangold zur Bundestagswahl

Rücksprache mit den Praktikern vor Ort halten

Mein einziger Wunsch an die neue Bundesregierung wäre, dass die Bundesebene erst dann neue Aufgaben und Ansprüche schafft (aktuelle Beispiele Raumlüfter oder Anspruch auf Ganztagesbetreuung in der Grundschule), die auf der kommunalen Ebene umgesetzt werden müssen, nachdem sie mit den kommunalen Praktikern die Umsetzung konkret geplant hat und diese anschließend auch mit den notwendigen, vor allem finanziellen Ressourcen, ausstattet. Damit wäre den Kommunen wirklich geholfen. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen in der kommunalen Praxis befürchte ich aber, dass dies leider ein frommer Wunsch bleiben wird.

Bernd Mangold, Bürgermeister der Gemeinde Berghülen und Vizepräsident des Gemeindetags Baden-Württemberg

Jörg Frey zur Bundestagswahl

Schnelles, flexibles und entschiedenes Handeln

Die großen Herausforderungen der Zukunft liegen aus meiner Sicht neben der Bewältigung der Corona-Pandemie in der Digitalisierung und dem weiterhin dringend notwendigen Breitbandausbau in der Fläche, in der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, im Klimaschutz und vor allem auch in der Mobilität. Zudem wäre es aus meiner Sicht auch mehr als wünschenswert, dass nicht immer nur von der Entrümpelung der Vorschriften geredet, sondern dies ganz konkret auch umgesetzt wird. Gerade in Krisenzeiten haben wir gesehen, wie hilfreich schnelles, flexibles und entschiedenes Handeln sein kann.

Jörg Frey, Bürgermeister der Gemeinde Schonach und Vizepräsident des Gemeindetags Baden-Württemberg

Elisabeth Kugel zur Bundestagswahl

Acht auf Konnexität geben

Ich wünsche mir von Bund und Land, dass sie für neue Gesetze und deren praktische Umsetzung planerisch, organisatorisch und finanziell Verantwortung tragen und die Kommunen damit nicht alleine lassen. Dies gilt insbesondere für alle Träger-Aufgaben im Betreuungsbereich – vor allem für U3-Kinder und die Ganztagsbetreuung an Grundschulen und deren laufende Folgekosten. Ich wünsche mir, dass für die Digitalisierung an Grundschulen Personalstellen für die Einrichtung und Wartung von Systemen mitfinanziert werden. Ich wünsche mir, dass sich die Regierung bei der Bewältigung der Corona-Pandemie nicht von zu vorsichtig angesetzten Inzidenzzahlen abhängig macht und dadurch mehr aufs Spiel setzt als jemals gefährdet war.

Elisabeth Kugel – Bürgermeisterin der Gemeinde Meckenbeuren

Susanne Widmaier zur Bundestagswahl

Weniger Emotionalisierung, mehr Verlässlichkeit

Von einer neuen Bundesregierung wünsche ich mir:

– Maßnahmen zur Corona-Pandemie, die einheitlich, nachvollziebar und wirksam sind.

–  Die Einhaltung des Konnexitätsprinzips: Wer bestellt, bezahlt. 

– Eine Finanzausstattung der Kommunen, die uns auch noch Gestaltungsspielraum lässt.

– Wissenschaftsbasierte Entscheidungen und ein Ende des Lobbyismus unter Einbeziehung der Finanzierbarkeit. Weniger Emotionalisierung, mehr Rationalität.

– Verlässlichkeit: Eine Politik, die auch hält, was sie verspricht.

Susanne Widmaier, Bürgermeisterin der Gemeinde Rutesheim

Diese Bürgermeister haben bei unserer Umfrage zur Bundestagswahl teilgenommen