Verpflichtende Elementarschadenversicherung kann Menschen nach Hochwasser schützen.
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Diskussion um verpflichtende Elementarschadenversicherung neu entfacht

Wer kommt auf, wenn Starkregen oder Hochwasser das Eigenheim zerstören? Viele Gebäudebesitzer sind nicht gegen Elementarschäden versichert und stehen in einem solchen Fall vor dem Nichts. Daher will Ministerpräsident Winfried Kretschmann in der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz für eine verpflichtende Elementarschadenversicherung werben. Auch Gemeindetagspräsident Steffen Jäger ist überzeugt, dass eine solche Versicherung besondere Härten abfedern kann.

Manchmal geht es schneller, als man denkt: Eine Flutwelle kommt und das Eigenheim ist weg. So geschehen in verschiedenen rheinland-pfälzischen und nordrhein-westfälischen Städten und Gemeinden in der letzten Woche. Doch selbst mit Wohngebäude- und Hausratsversicherung sind viele Hausbesitzer gegen dieses Unglück nicht geschützt. Denn eine Elementarschadenversicherung muss in den meisten Fällen explizit hinzugebucht werden. Bei Gebäuden, die nah an Flüssen stehen oder die bereits in der Vergangenheit von Starkregen, Überflutung oder Hochwasser betroffen waren, verweigern Privatversicherungen häufig eine Elementarschadenversicherung.

Diskussion um verpflichtende Elementarschadenversicherung neu entfacht

Während das Hochwasser in der letzten Woche besondere Ausmaße hatte, sind Unglücke in Folge von Starkregen, Überschwemmung und Hochwasser keine Einzelfälle. Zuletzt verloren 2016 in Braunsbach viele Menschen ihr Dach über dem Kopf. 2008 war der Zollernalbkreis von einem Hochwasser besonders betroffen - ganze Dörfer wurden verwüstet. Starkregenereignisse und Hochwasser kommen immer wieder vor. Klimaforscher gehen davon aus, dass sie in Folge des Klimawandels immer häufiger kommen könnten. Während bauliche Maßnahmen, wie Rückhaltebecken und Schneisen den Katastrophenfall unwahrscheinlicher machen können, gibt es einen hundertprozentigen Schutz für Hausbesitzer nicht.

Kretschmann will Forderung in Ministerpräsidentenkonferenz einbringen

Daher beginnt nun in Baden-Württemberg erneut die Diskussion um eine verpflichtende Elementarschadenversicherung für alle Gebäudebesitzer. 2013 hatte es den letzten Vorstoß aus Baden-Württemberg gegeben, um eine deutschlandweite Pflichtversicherung einzuführen. 2017 hatten sich die Bemühungen aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken zerschlagen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann fordert nun erneut - wie schon nach Braunsbach - den verpflichtenden Versicherungsschutz. Er wolle sich auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Herbst dafür einsetzen. 

94 Prozent der baden-württembergischen Hausbesitzer haben eine Elementarschadenversicherung

Die Quote an Hausbesitzern mit Elementarschadenversicherung ist von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Während in Baden-Württemberg 94 Prozent der Hausbesitzer eine Elementarschadenversicherung haben, sind es bei den, in den letzten Wochen am stärksten getroffenen Bundesländern deutlich weniger. In Nordrhein-Westfalen haben 47 Prozent der Hausbesitzer eine Elementarschadenversicherung, in Bayern sind es 38 Prozent und in Rheinland-Pfalz 37 Prozent. Am niedrigsten liegen die Quoten in Niedersachsen mit 25 Prozent und Bremen mit 22 Prozent. Die höchste Abdeckung findet sich außerhalb Deutschlands: In der Schweiz sind 99 Prozent der Hausbesitzer gegen Elementarschäden versichert. 

Verpflichtende Elementarschadenversicherung bis 1994

Das liegt auch an der Geschichte der Versicherung in den verschiedenen Bundesländern. In Baden-Württemberg gab es bis 1994 eine Versicherungspflicht für Elementarschäden wie Feuer, Leitungswasser, Sturm, Hagel, Überschwemmungen, Hochwasser und Starkregen. 1994 die Versicherung mit solidarischer Einheitsprämie im Zuge einer EU-Reform abgeschafft. Die meisten Baden-Württemberger haben die Versicherung weiterhin behalten. Die Geschichte der Versicherung in Baden-Württemberg sorgt auch für andere Versicherungsmöglichkeiten. Hier bietet die SparkassenVersicherung eine Elementarversicherung auch in Regionen an, in denen Privatversicherungen keine Policen ausgeben würden - wie etwa bei Gebäuden großen Flüssen.

Jäger: Pflichtversicherung könnte im Schadensfall besondere Härten abfedern

Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, unterstützt die Forderung des Ministerpräsidenten nach einer verpflichtenden Elementarschadensversicherung für alle Gebäudebesitzer: „Wir sind nach wie vor der Meinung, dass eine Pflichtversicherung einen Beitrag dazu leisten könnte, im Schadensfall besondere Härten abzufedern.“ Zunächst gelte es in den betroffenen Katastrophengebieten die entstandenen Schäden schnell und wirksam zu beheben und eine Grundversorgung wiederherzustellen, so Jäger. „Anschließend ist es aber richtig, eine grundsätzliche Diskussion, ob es nicht mehr Für als Wider gibt, zu führen. Daher begrüßen wir die Ankündigung des Ministerpräsidenten sich im Herbst bei der Ministerpräsidentenkonferenz erneut dafür einsetzen zu wollen.“