
Bauministerkonferenz: Wie schaffen wir mehr bezahlbaren Wohnraum?
Das Bündnis bezahlbarer Wohnraum hat viele wichtige Erkenntnisse gebracht, die den Weg zu mehr Wohnungen, die auch für Menschen mit geringem Einkommen erschwinglich sind, ebnen können. Doch bei den Erkenntnissen alleine kann es nicht bleiben. Um diese auch in Impulse für reale Bautätigkeiten zu überführen, hat sich die Bauministerkonferenz in Berlin getroffen. Dabei haben die für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Ministerinnen und Minister und Senatorinnen und Senatoren der Länder die Bündnis-Ergebnisse einer ersten Schwerpunktsetzung unterzogen und dazu einen gemeinsamen Beschluss gefasst.
Razavi setzt auf Dreiklang aus Entlasten, Beschleunigen und Fördern
„Die aktuell sehr schwierigen Bedingungen für den Wohnungsbau können Bund und Länder nur gemeinsam verbessern“, sagt Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen des Landes Baden-Württemberg und Vorsitzende der Bauministerkonferenz. „Für mich kommt es dabei auf den Dreiklang an aus Entlasten, Beschleunigen und Fördern: Wir müssen Anforderungen finden und festlegen, die Energie einsparen und das Klima schützen, ohne das Bauen immer weiter zu verteuern. Wir müssen zu Bedingungen in Baurecht und Verwaltung kommen, die Bauen ermöglichen und nicht ausbremsen. Und wir müssen tatkräftig und verlässlich fördern – und das auch deutlich über den klassischen sozialen Wohnungsbau hinaus.“
Schwerpunkte für die zeitnahe Schaffung neuen Wohnraums
- Es braucht eine neue Balance von frei finanziertem und sozial gefördertem Wohnungsbau. Der sozial geförderte Wohnungsbau allein kann bei allen Anstrengungen des Bundes und der Länder die Bedarfe nach bezahlbarem Wohnraum für breite Bevölkerungsgruppen nicht decken. Daher erneuert die Bauministerkonferenz ihre Forderung nach einer ausreichenden und planbaren Förderung auch für den Neubau, der keinen weiteren Belegungs- oder Mietbindungen unterliegt.
- Angesichts der enormen Anforderungen an den Klimaschutz und den hohen Beitrag, den der Immobiliensektor beitragen kann, sind neue Impulse erforderlich, die schnell gesetzt werden und dauerhaft gültige und planbare Rahmenbedingungen schaffen. Voraussetzung ist eine Standardsetzung, die sich im Gebäudeenergiegesetz an der Treibhausgasemission orientiert und die Vorteile der energetischen Quartiersentwicklung, der kombinierten Entwicklung von Neubau und des Bestands sowie der Energieversorgung sinnvoller als bisher nutzt und unterstützt. Voraussetzung ist auch, dass diese Standards kurzfristig und planbar erlassen werden müssen.
- Als weitere Grundlage für den Wohnungsbau hat die Bauministerkonferenz eine langfristig angelegte, aktivierende und nachhaltige Bodenpolitik identifiziert. Nur durch eine verstärkte Baulandmobilisierung, insbesondere bei den innerörtlichen Baulandreserven und Nachverdichtungspotenzialen kann die Steigerung des verfügbaren Wohnraums insbesondere im bezahlbaren Segment und damit die dringend benötigten Entlastungen auf dem Wohnungsmarkt erreicht werden. Die Länder begrüßen die neuen Reformansätze im Baugesetzbuch und werden sich hierbei aktiv einbringen.
- Einen weiteren Arbeitsschwerpunkt sieht die Bauministerkonferenz in der Novellierung des Baugesetzbuchs und in der Digitalisierung. Neben einer Reform des Planungsrechts sind für vereinheitlichte und beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren auch eine konsequente und vollständige Digitalisierung der Verfahren erforderlich. Für die im Bündnis dazu vereinbarten Maßnahmen werden die bereits eingerichteten Gremien der Bauministerkonferenz beauftragt, diese zu konkretisieren.
Geywitz: 11 Milliarden Euro für die Stadtentwicklung
„Die Bundesländer sind, neben der Bauwirtschaft, der zentrale Faktor, wenn wir mehr klimafreundliche neue Wohnungen bauen und den Bestand sanieren wollen“, sagt Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. „Diese Sonder-Bauministerkonferenz zeigt, wie eng und gut sich Bund und Länder für das Erreichen dieses Ziels miteinander abstimmen. Trotz widriger Umstände durch einen Krieg in Europa und den Nachwehen der Corona-Pandemie, stellt der Bund mit einem Haushalt von elf Milliarden Euro für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen und vielen Verbesserungen im Baugesetzbuch gute Bedingungen für das Gelingen der Bündnis-Ziele zur Verfügung."
Bundesregierung hält an Ziel von 400.000 Wohnungen fest
Die Bundesregierung will ungeachtet der Energiepreiskrise das Ziel von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr erreichen. Gelingen soll dies mit rund 190 Maßnahmen, auf die sich Bauwirtschaft, Gewerkschaften, Länder, Kommunen und weitere Verbände im „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ verständigt haben.
Daniel Born: Razavi muss Verantwortung des Landes anerkennen
Kritik an Nicole Razavis Vorgehen in der Bauministerkonferenz kommt von der Opposition. „Ministerin Razavi blickt in alter Manier nach Berlin und appelliert an den Bund“, sagt Daniel Born, Wohnungs- und Mietenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. „So als hänge der Wohnungsbau im Land allein von einer Novelle des Baugesetzbuches ab. Aber es ist nicht der Bund, der baut, sondern das Land. Ministerin Razavi will den Eindruck vermitteln, die Länder müssten etwas schlucken was von oben herab beschlossen wurde. Dabei hat sie selbst dieses Bündnis entscheidend mit vereinbart. Razavi muss verstehen, dass die Bündnisvereinbarungen, die sie selbst verabschiedet hat, eben auch das Land in die Pflicht nehmen. Das heißt Wohnraum aktivieren, Innentwicklung fördern, flächen- und klimaschonend bauen, bezahlbaren Wohnraum schaffen. Darauf wartet Baden-Württemberg seit Jahren.“