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Wie Berghaupten und Oberwolfach Kinder und Jugendliche beteiligen

Berghaupten und Oberwolfach zeigen, wie Kinder- und Jugendbeteiligung in kleinen Gemeinden gelingen kann. Mit kreativen Ideen, klaren Strukturen und direktem Dialog schaffen sie nicht nur greifbare Ergebnisse, sondern fördern auch früh ein Verständnis für Demokratie und Engagement.

Kinderbeteiligung
Kinder können wertvolle Perspektiven
in die Kommunalpolitik einbringen. 

In Gemeinden wie Berghaupten und Oberwolfach liegt die Stärke der Demokratie in der Nähe: kurze Wege, direkte Kommunikation und die Möglichkeit, Wünsche und Ideen schnell umzusetzen. Doch wie bindet man Kinder und Jugendliche sinnvoll ein? Beide Kommunen haben in den vergangenen Jahren unterschiedliche, aber erfolgreiche Modelle entwickelt, um diese Zielgruppe für die lokale Politik zu begeistern. In Berghaupten gab ein ganz konkretes Problem den Anlass, Kinder und Jugendliche zu beteiligen: Die Spielplätze der Gemeinde waren veraltet, und es fehlte an attraktiven Angeboten. Bürgermeister Philipp Clever entschied, die Kinder selbst nach ihren Wünschen zu fragen. In einem breit angelegten Beteiligungsprozess mit Unterstützung von Berater Udo Wenzl wurden alle Altersgruppen einbezogen, von Kindergartenkindern bis hin zu Jugendlichen. Ziel war es, nicht nur Spielplätze zu gestalten, sondern auch einumfassenderes Bild davon zu bekommen, wie Kinder und Jugendliche ihre Gemeinde wahrnehmen und was ihnen fehlt.

Auch in Oberwolfach ist die Kinder- und Jugendbeteiligung längst fester Bestandteil der Gemeindearbeit. Bereits seit 2016 lädt Bürgermeister Matthias Bauernfeind regelmäßig Jugendliche zum Austausch ein. 2023/24 wurde dieser Prozess mit professioneller Begleitung neu aufgesetzt und um eine Kinderbeteiligung erweitert. Die Grundschule spielte dabei eine zentrale Rolle, unterstützt durch kreative Formate wie „Gemeindedetektive“ und das spezielle Lernheft „Meine Gemeinde, mein Zuhause“, das über kommunale Strukturen informiert.

Berghaupten: Kinder gestalten ihre Gemeinde aktiv mit

Der Prozess in Berghaupten war umfassend. Neben Befragungen und Workshops gab es einen großen Beteiligungsnachmittag, an dem Kinder, Eltern, Lehrkräfte und Gemeinderäte teilnahmen. Die Ergebnisse waren vielfältig: Sie reichten vom Wunsch nach neuen Spielgeräten bis hin zu größeren Projektideen wie einem Beachvolleyballfeld. Besonders innovativ gingen die Verantwortlichen bei der Einbindung der Kleinsten vor: Selbst Kindergartenkinder wurden befragt und konnten ihre Ideen einbringen. „Es war beeindruckend, wie klar und gut begründet schon die Vorschläge der Jüngsten waren“, erzählt Bürgermeister Clever. Als Highlight bezeichnet er die Ergebnispräsentation, bei der Zweitklässlerinnen und Zweitklässler ihre Ideen vor einem großen Publikum vorstellten – souverän und rhetorisch versiert. Die Zusammenarbeit mit Schulen und Kitas erwies sich als Schlüssel zum Erfolg. Die Lehrerinnen und Lehrer und Erzieherinnen und Erzieher integrierten das Thema in den Unterricht und motivierten die Kinder, sich aktiv einzubringen. Für Clever liegt der Wert des Projekts nicht nur in den Ergebnissen, sondern auch in der Botschaft: „Die Kinder sehen, dass ihre Stimme zählt und ihre Ideen ernst genommen werden.“

Ausflug in den Landtag
„Kinder und Jugendliche bringen oft völlig neue Perspektiven ein. Das macht sie zu einem wichtigen Impulsgeber für die Gemeindeentwicklung“, sagt Matthias Bauernfeind, der Bürgermeister von Oberwolfach (links).

Oberwolfach: Von der Schule in den Landtag

In Oberwolfach legte man großen Wert darauf, den Beteiligungsprozess als Lernerfahrung zu gestalten. Die Kinder erkundeten als „Gemeindedetektive“ ihre Umgebung, analysierten, wo sie sich sicher oder unsicher fühlten, und präsentierten ihre Ergebnisse in einer großen Abschlussveranstaltung. Ein besonderer Höhepunkt war der Ausflug der vierten Klasse in den Landtag Baden-Württembergs. Dort durften die Kinder an einer Plenarsitzung teilnehmen, Fragen an Abgeordnete stellen und den Alltag der Landespolitik hautnah erleben.

Auch in Oberwolfach entstanden konkrete Maßnahmen: Ein Glascontainer, der auf dem Schulweg die Sicht versperrte, wird versetzt. Gleichzeitig nutzte die Gemeinde den Prozess, um Entscheidungsgründe besser zu kommunizieren. So zum Beispiel die Antwort auf die Frage, warum Spielplätze weiterhin keine Mülleimer haben – das nämlich ist eine Vorgabe des Gemeinderats, die das Ziel hat, Müll zu vermeiden. Bürgermeister Bauernfeind betont, wie wichtig solche Prozesse sind: „Kinder und Jugendliche bringen oft völlig neue Perspektiven ein. Das macht sie zu einem wichtigen Impulsgeber für die Gemeindeentwicklung.“

Beteiligung als Chance: Was Gemeinden lernen können

Die Erfahrungen aus Berghaupten und Oberwolfach zeigten, dass Kinder- und Jugendbeteiligung kein Selbstzweck ist. Vielmehr schaffe sie ein Bewusstsein für Demokratie und ermöglichen es, zukünftige Generationen früh für Engagement zu gewinnen. „Wer von klein auf erlebt, dass seine Stimme etwas bewirken kann, wird auch später eher Verantwortung übernehmen“, sagt Bauernfeind. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die enge Zusammenarbeit mit Schulen und Kitas. In beiden Gemeinden unterstützten Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher die Prozesse mit viel Engagement. Auch externe Begleitung durch Moderatoren wie Udo Wenzl erwies sich als wertvoll, um die Beteiligung strukturiert und professionell umzusetzen.

berghaupten
„Ziel war es, nicht nur Spielplätze zu gestalten, sondern auch ein umfassenderes Bild davon zu bekommen, wie Kinder und Jugendliche ihre Gemeinde wahrnehmen und was ihnen fehlt“, sagt Philipp Clever, Bürgermeister von Berghaupten (Mitte).

Für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die ähnliche Projekte umsetzen möchten, haben beide Kommunen klare Ratschläge: „Nehmen Sie sich Zeit, binden Sie Expertinnen und Experten ein und zeigen Sie den Kindern, dass ihre Ideen ernst genommen werden.“ In kleinen Gemeinden, wo die Wege kurz und die Strukturen überschaubar sind, ließen sich Projekte oft schneller realisieren als in großen Städten. Ob neue Spielplätze, sicherere Schulwege oder politische Bildung: Kinder- und Jugendbeteiligung schafft nicht nur greifbare Ergebnisse, sondern stärkt auch die Identifikation mit der eigenen Gemeinde. Die Beispiele aus Berghaupten und Oberwolfach zeigen, wie man mit kreativen Ideen und strukturierten Prozessen Kinder und Jugendliche einbezieht – und damit die Demokratie von morgen stärkt.


Kinderbuch Meine Gemeinde

Meine Gemeinde, mein Zuhause

Mit dem Kinderbuch „Meine Gemeinde, mein Zuhause“ möchte Gt-service Kindern der 3. und 4. Klasse spielerisch die vielfältigen Aufgaben einer Gemeinde als Lebens- und Arbeitsort näherbringen. Zusätzlich gibt es eine Handreichung, die das Thema Kinderbeteiligung in Baden-Württembergs Kommunen mit praktischen Tipps und Hilfestellungen erfahrener Experten beleuchtet. Sie zeigt, was gelingende Kinderbeteiligung ausmacht, welchen Mehrwert sie für Gemeinden bringt und warum es wichtig ist, Kindern Gehör zu schenken. Weitere Informationen unter www.gtservice-bw.de oder per Mail an arnst@gtservice-bw.de.