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Landesmobilitätsgesetz: Ein Gesetz, das es nicht braucht

Das Landesmobilitätsgesetz bringt für Städte und Gemeinden erhebliche Herausforderungen mit sich: Bürokratische Mehrbelastung, übermäßige Regulierung und Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung – doch welchen konkreten Nutzen bietet das Gesetz? In einer Zeit, in der Volkswirtschaft und Verwaltung ohnehin durch eine kaum mehr zu bewältigende Regelungsflut belastet sind, muss jeder Gesetzesentwurf besonders genau geprüft werden. Der berühmte Satz von Montesquieu trifft den Kern: „Wenn es nicht nötig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es nötig, kein Gesetz zu machen.“ Für den Gemeindetag ist das Urteil daher klar: Er lehnt das Landesmobilitätsgesetz ab, wie Felix Witzlinger erklärt.

Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung

Das Gesetz legt in seinen Zielen konkrete Vorgaben für die Planung der Verkehrsinfrastruktur fest. Dazu gehört etwa, dass Straßenbaulastträger und Straßenverkehrsbehörden bei Bau, Umbau und Umplanung von Straßen darauf hinwirken sollen, dass der öffentliche Verkehrsraum von parkenden Fahrzeugen entlastet wird. Bei der Planung von Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur sollen sie außerdem berücksichtigen, dass diese „fuß- und radverkehrsfreundlich“ ausgestaltet und dimensioniert werden. Hieraus könnten später durch Erlass etwa Vorgaben zu Mindestgehwegbreiten sowie zur Begrenzung privater Stellplätze abgeleitet werden. Diesen Eingriff hat die Geschäftsstelle in ihrer Stellungnahme klar kritisiert, denn es droht ein einzelner – wenngleich auch wichtiger – Belang – gesetzlich überpriorisiert zu werden. Die Städte und Gemeinden wissen genau, welche Aspekte vor Ort wichtig sind und wägen diese gewissenhaft ab. Für starre Vorgaben gibt es keine Notwendigkeit.

Mobilitätspass: Belastung für Bürgerschaft und Kommunen

Ein weiteres Element des Gesetzes ist die Einführung eines sogenannten Mobilitätspasses. Stadt- und Landkreise, sowie unter bestimmten Umständen auch Große Kreisstädte, sollen von Einwohnerinnen und Einwohnern beziehungsweise Kraftfahrzeughalterinnen und -haltern eine Abgabe in Form eines wiederkehrenden Beitrags erheben können. Diese Abgabe soll den Bürgerinnen und Bürgern in Form eines Mobilitätsguthabens für die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zurückerstattet werden. Voraussetzung dafür ist jedoch ein hochambitionierter Bedienstandard: Ein 15-Minuten-Takt in Verdichtungsräumen, ein 30-Minuten-Takt in ländlichen Räumen von 5 Uhr bis 24 Uhr und ein 30-Minuten- beziehungsweise Stundentakt in den übrigen Verkehrszeiten. Dass Kommunen nun von den Bürgerinnen und Bürgern eine Abgabe zur Finanzierung des Nahverkehrs erheben sollen, weil das Land keine ausreichenden Mittel für den Ausbau des ÖPNV zur Verfügung stellt, wurde von der Geschäftsstelle in der Stellungnahme zum Gesetz klar abgelehnt. Zudem lässt der Gesetzentwurf viele rechtliche und organisatorische Fragen offen, die später in einer Verordnung geklärt werden sollen. Die Gefahr einer hohen bürokratischen Belastung auch für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden ist groß.

Radverkehrskoordinatoren: Mehr Bürokratie statt echter Lösungen

Das Gesetz sieht vor, dass in den Stadt- und Landkreisen sogenannte Radverkehrskoordinatorinnen und -koordinatoren eingeführt werden. Diese sollen Aufgaben im Zusammenhang mit der Koordinierung beim Ausbau und der Erhaltung der in der Straßenbaulast der Gemeinden und Landkreise liegenden Abschnitte der Radverkehrsnetze wahrnehmen. Die Personalkosten für die 44 Radverkehrskoordinatorinnen und -koordinatoren würde das Land übernehmen – insgesamt 4,6 Millionen Euro pro Jahr. Trotz dieser Finanzierung sind sich sowohl Landkreistag als auch Gemeindetag einig: Diese Personalaufstockung in den Landratsämtern ist unnötig. Statt auf neue Stellen zu setzen, sollten die Mittel direkt in den Ausbau der Radinfrastruktur fließen. So könnten die Gelder dort eingesetzt werden, wo sie den Bürgerinnen und Bürgern tatsächlich zugutekommen und die Fahrradmobilität verbessern.

Weitere Bedenken: Saubere Fahrzeuge und Mobilitätsdaten

Neben den oben genannten Aspekten enthält der Gesetzentwurf noch weitere Regelungen. So werden unter anderem bestimmte Quoten und bürokratische Regelungen für „saubere Fahrzeuge“ bei der Beschaffung von Fahrzeugen im Rahmen öffentlicher Aufträge vorgeschrieben. Außerdem sollen die Aufgabenträger verpflichtet werden, ihre Mobilitätsdaten an das Land weiterzugeben, und zwar kostenlos und zur freien Nutzung. Diese Vorgabe stellt nicht nur einen erheblichen Mehraufwand dar, sondern bedeutet auch, dass die Kommunen ihre Datenhoheit abgeben müssen – was möglicherweise zur Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen führt.

Fazit: Ein Gesetz ohne Mehrwert

Der konkrete Nutzen des Landesmobilitätsgesetzes für die kommunale Praxis ist nicht erkennbar. Statt die Mobilität nachhaltig zu verbessern, schafft das Gesetz Mehrfachstrukturen, zusätzliche Bürokratie und eine erhebliche Mehrbelastung für die Verwaltungen und Bürgerschaft. Die Geschäftsstelle lehnt das Landesmobilitätsgesetz deshalb ab.